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Die verzauberten Frauen

Die verzauberten Frauen

Titel: Die verzauberten Frauen
Autoren: Berndt Schulz
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Kloster?«
    Rosenthal blickte den Fragenden an, musste den Vorhang von Zigarrenrauch lüften, den sein Nebenmann aufgespannt hatte. Kleinthaler blickte zurück. Rosenthal hatte gerade mit ihm und seiner Frau einen Urlaub vereinbart. Man würde   … Rosenthal verstand die Frage an sich gerichtet, verschob die Vorstellung von wogenden Meereswellen unter dem südlichen Himmel der Adria und sagte: »Unter dem Kloster, mein lieber Kleinthaler, befindet sich nichts. Das schiere Nichts.«
    »Das gibt es nicht«, sagte Kleinthaler, »und das wissen Sie. Es gibt keinen leeren Raum im Irdischen, nequaquam vacuum   – nirgends leerer Raum   …«
    »Jetzt hör doch auf mit deiner Weisheit«, sagte der Leiter des Weinverkaufs. »Das passt doch nun im Moment wirklich nicht.«
    Rosenthal nickte dem Archäologen zu, damit er weitermachte.
    »Ich werde«, nahm dieser den Faden auf, »einen Grafologen hinzuziehen, einen Textilfachmann, einen zweiten Archäologen. Wir werden dentrochronologische Abklärungen vornehmen. Wir müssen wissen, aus welcher Zeit der Fund ist, bevor wir ihn anfassen.«
    »Wann ist das Kloster eigentlich gegründet worden?«, wollte der Fahrer Dinslakens wissen.
    Rosenthal dachte, dass der junge Mann mit seiner lackiert wirkenden Ententolle à la Ted Herold in dieser Runde eigentlich nichts zu suchen hatte. Und seine Frage damit auch nicht. Aber der verdienstvolle a.D. Dinslaken besaß einen Berg an Bonus und hatte es durchgesetzt.
    »1136 mein lieber Mann, da hat das alles angefangen«, sagte Brendenahl aufgeräumt.
    »Kann das, was Sie da gefunden haben, so alt sein?«, staunte der Fahrer.
    »Das sicher nicht, dann wäre zwangsläufig alles stärker verfallen und mir müssten nicht rätseln«, erwiderte der Archäologe. »Aber das müssen wir abwarten.«
    Der Fahrer hielt sich im Spiel. »Gibt es im Kloster überhaupt was Altes aus der Gründungszeit?«
    Dinslaken blickte ihn wohlwollend an. »Ja, wir haben was. Ein kostbares Glasfenster der Zisterzienser, einen Schatz. Es wandert demnächst ins Museum, wenn es eingerichtet ist.«
    Rosenthal erblickte seine schöne Frau Maria vor dem geistigen Auge, sie lächelte ihm zu. Er sagte ungeduldig: »Bleiben wir doch bei der Sache. Herr Kohler-Schmitt, erzählen Sie uns, was wir wissen müssen. Ich würde dann nämlich gerne   …«
    Der Archäologe tippte auf ein Blatt. »Nach meinen bisherigen, wie Sie verstehen werden, vorläufigen und deshalb nicht mit der Maschine geschriebenen Notizen, kann ich nur das Rätselvolle dieser Sache betonen. Eine Art Arrangement, beinahe ein Kunstwerk, sehr merkwürdig. Heute sprechen wir ja von Installationen, aber zu welchem Zweck? Jedenfalls handelt es sich im eigentlichen Sinne nicht um ein Grab, niemand ist beerdigt worden, auch keine humanen Teile. Nur tote Objekte.«
    »Na ja«, brummte Brendenahl, »was heißt schon nur tote Objekte. Wenn was im Grab liegt, egal was   –«
    Kohler-Schmitt wischte den Einwand mit seiner großen Hand weg. »Es handelt sich nicht um eine Grablege, das ist mir wichtig, Sie müssen das also nicht den Behörden melden. Ich bitte Sie alle, über den Fund Stillschweigen zu bewahren. Er gehört uns. Und wir behalten ihn, solange wir nur können. Wir können ihn in aller Ruhe untersuchen und dann entscheiden, inwiefern wir die Öffentlichkeit informieren.«
    »Werden Sie deutlicher«, sagte Rosenthal. »Droht uns irgendeine böse Überraschung?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Herrgott! Ich kann wirklich nichts gebrauchen, was unsere Aufbauarbeit hier blockiert!«
    »Warten wir’s ab. Es geschieht, was geschieht«, sagte Kohler-Schmitt bräsig.
    »Aber was befindet sich nun wirklich unter dem Kloster?«
    Nicht alle Anwesenden richteten ihre Blicke auf den entweder dreisten oder schwachsinnigen Fahrer Dinslakens. Einige sahen zu Boden. Aber allmählich begannen sie durchaus, sich für diese Frage zu interessieren.
    Nur Rosenthal nicht, der die Antwort kannte.

    Der Berg drehte sich durchaus um den Jungen herum. Darüber der noch helle Abendhimmel. Erst als sie oben waren, hörte das auf, die Scharniere des Berges rasteten hörbar ein. Es war der Moment, in dem Martin stillstand.
    Er hatte beim Aufstieg ein Schwirren gehört. Ein Flügel hatte ihn gestreift. Das war gleich nach dem Aussteigen aus Vaters blauem VW   1500 hinter dem Bergplateau gewesen. Ein echtes Herumfahrauto, das sportlich brummte. Martin hatte den Flügel nicht sehen können, aber ihn gespürt. War ja auch klar, auf diesem
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