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Die versunkene Welt

Die versunkene Welt

Titel: Die versunkene Welt
Autoren: Horst Hoffmann
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gegen sie?« fragte Gudun. Auch sie fühlte sich längst nicht ausgeruht genug, um den Weg fortzusetzen, doch etwas sagte ihr, daß sie keinen Augenblick mehr zu verlieren hatten. Sie mußten weiter. Sie nickte Gorma und Tallis zu und erhob sich ebenfalls.
    Sosona lachte trocken. Der Klang ihrer Stimme machte die Amazonen schaudern.
    »Machtlos? Selbst eine Zaubermutter muß gegen sie machtlos sein! Ich sagte es euch!«
    »Das werden wir sehen«, sprach Gorma grimmig. Mit dem Schwert deutete sie voraus. »Wir werden sehen, ob wir ihr nicht zu trotzen vermögen, wenn wir Zaem und Burra gefunden haben!«
    Sie setzte sich in Bewegung. Gudun und Tallis folgten ihr, zögernd schließlich auch die Hexe.
    Ngore war ein unheimlicher Ort, wenngleich längst nicht so voller Schrecken wie die Wolke um die Insel herum. Keine Entersegler zeigten sich, um ihr grausiges Werk zu vollenden. Doch selbst hier waren die unheimlichen Klagelaute zu hören, und sie schienen aus den Felsen zu kommen, aus dem Boden, aus der Luft. Erst nach einiger Zeit verloren sie sich – oder die Ohren der Amazonen nahmen sie gar nicht mehr wahr. Kein Lufthauch vermochte die Wolke zu durchdringen. Die Luft stand still, war wie eine schwülwarme, feuchte Glocke über dem felsigen Eiland.
    Die Kriegerinnen und Sosona mußten nun doch klettern, fanden Pfade zwischen den Klippen, stürzten und rafften sich blutend auf. Haß auf das Schicksal, das sie hierhergeführt hatte, Angst vor dem Unbekannten und die verzweifelte Hoffnung, die beiden Verschollenen hier endlich zu finden, trieben sie dennoch voran.
    Ganz Ngore war ein Felsrücken, der steil aus dem Wasser ragte. Gudun wußte nicht zu sagen, wie lange sie hatten klettern, auf allen vieren über glitschigen Fels kriechen und tiefe Spalten überspringen müssen, als sie als erste einen Grat erreichte und in ein kleines Tal blickte.
    Plötzlich schien dies alles keine Rolle mehr zu spielen.
    Gudun winkte den Gefährtinnen, daß sie sich beeilen sollten, ohne den Blick von dem Tempel und dem Kultplatz dort unten zu nehmen.
    Denn dort stand Zaems Regenbogenballon.
*
    Yacub fühlte, wie seine Kräfte zurückkehrten.
    Noch war er wehrlos. Noch verließen die letzten seiner Nachkommen seinen Leib, und noch war sein Geist vom heftigen Widerstreit der in ihm tobenden Gefühle und Kräfte zerrüttet. Doch er fühlte auch, wie er erstarkte – hier, wo seine Hauptbrutstätte war, wo er seine erste Brut geworfen hatte.
    Die Dämonenbestie befand sich in einem Versteck inmitten der Tempelanlagen von Ngore. Starr war ihr Leib, doch ihre Augen sahen die schon drei Fuß großen Nachkommen aus dem ersten Wurf. Mit Genugtuung stellte Yacub fest, daß einige von ihnen bereits ihre Gestalt verändern konnten, daß ihre Haut zäher und härter wurde, je größer sie waren.
    Dies machte ihn hoffen, daß sie nicht wie er von Gaidels Alpträumen gezeichnet sein würden. Doch gab es auch Anzeichen, die gegen diese Hoffnung sprachen.
    Seine Sprößlinge waren von einer Wildheit und von einem Kampfeswillen besessen, daß er hätte zufrieden sein können, wenn sie sich nicht allzu oft gegeneinander wandten und einander im Kampf hart zusetzten.
    Dies durfte nicht sein.
    Das Warten quälte Yacub. Doch es würde bald vorbei sein, und dann sollte kein Gegner mehr wagen, sich gegen ihn und seine Brut zu stellen. Dann würde er stark sein wie von dem Tag an, als er von Gondaha aus seinen Weg in die Welt des Lichtes antrat!
    Yacubus gebar seinen letzten Sproß. Ein Zittern durchlief seinen mächtigen Leib, dann ein Rucken.
    Yacub erhob sich, und seine Muskeln waren hart wie Fels und doch so geschmeidig wie Schlangen. Was bedeuteten da die lächerlichen Wunden, die ihm die Schwerter der Amazonen geschlagen hatten?
    Ein tiefes Grollen entrang sich seiner Kehle, als er auf drei seiner Nachkommen zuschritt, die, heftig kämpfend, am Boden ein Knäuel bildeten, und sie unbarmherzig voneinander trennte.
    Sie sollten andere töten, nicht sich selbst.
    Yacub fuhr herum, als er vermeinte, ein Geräusch zu hören, draußen vor den Mauern des Tempels. Schnell befahl er die Entersegler zur Insel.
*
    Im Tal angekommen, mußte Gudun erkennen, daß das Bild getäuscht hatte.
    Der Regenbogenballon stand weiter vom Tempel entfernt, als es den Anschein gehabt hatte, auf der anderen Seite des Kultplatzes, in dessen Mitte sich drohend und finster eine Götzenstatue erhob. Gute dreihundert Schritte trennten ihn von den hohen Mauern, die zu einem mächtigen Dom
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