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Die verschwundene Lady (German Edition)

Die verschwundene Lady (German Edition)

Titel: Die verschwundene Lady (German Edition)
Autoren: Earl Warren
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Mir bleibt nur übrig, ihn zu begraben.«
    »Aber du kannst das doch nicht so einfach hinnehmen. Wer hat das getan und warum? Wie ich das verstehe, ist man bei dir eingestiegen und hat den Kater vergiftet. Du hast einen heimtückischen, niederträchtigen Feind. Hast du keinen Verdacht, wer dahintersteckt?«
    Wenn Anne geantwortet hätte »Lord Kensington!« hätte Michael laut aufgelacht.
    Also sagte sie. »Ich habe keine Ahnung. Bitte, lass mich jetzt allein. Heute Nacht wird mir sicher nichts mehr geschehen.«
    Nach einigem Zögern ging Michael. Er hätte Anne gern beigestanden, doch Anne traute ihm nicht genügend zu und wollte ihn auch nicht in diese Sache hineinziehen. Sie presste den toten Kater an sich. Er wurde schon steif. Anne gab die Katzenleiche in einen Karton, den sie mit Zeitungspapier polsterte. Captain Silvers Leiche hatte sie in eine bunte Decke gewi c kelt, und sie gab ihm seine Gummimaus, mit der er als Jungtier gespielt hatte, und einen kleinen Ball ins Katzenjenseits mit.
    Anne stellte die Schachtel auf einen Wohnzimmersessel. Sie weinte sich in den Schlaf. Was sie Miss Haggarty sagen wollte, weshalb der Kater plötzlich gestorben sein, wusste sie noch nicht.
     
    *
     
     
    In dieser Nacht konnte das Telefon nicht klingeln, weil Anne den Hörer abgenommen und neben den Apparat gelegt hatte. Sie hätte es nicht ertragen können, die Stimme des feigen Anrufers und Katzenmörders zu hören, ohne einen Schreikrampf zu erleiden.
    Am Morgen erwachte Anne wie erschlagen. Der Tag baute sich vor ihr auf wie ein Berg, den sie bezwingen oder wie eine schwere Last, die sie schleppen musste . Unter der sie vielleicht zusammenbrechen würde.
    Annes Leben hatte eine ungute Wendung genommen, die sie sich noch eine Woche zuvor nicht hätte träumen lassen. Ihre Mutter war unter mysteriösen Umständen verschwunden. Anne wurde bedroht. Man hatte Captain Silver ermordet. Hinter all dem steckte ein mächtiger, bisher unangreifbarer Mann - Lord Henry Kensington. Er hatte das Geld eingesteckt, das von den Konten der Carmichaels verschwunden war, aus gemeinen und niedrigen Gründen.
    Sicher rieb er sich jetzt lachend die Hände, dachte Anne. Aber dabei sollte es nicht bleiben. Die junge Frau stand auf, obwohl sie sich am liebsten in ihrem Bett verkrochen und alles verdrängt und vergessen hätte. Doch das konnte sie nicht. Sie musste die Sache angehen, um ihrer Mutter und auch um ihrer selbst willen.
    Anne hatte nicht einmal einen Freund, der ihr hätte beistehen können. Keinen starken, tatkräftigen jungen Mann, wie es in Filmen und Romanen immer der Fall war. Da war nur der staubtrockene Anwalt Peter Stanwell, der außerhalb seiner Kanzlei, der Gerichte und seines Klubs eine wenig hilfreiche Figur abgab. Vor der nackten Gewalt und Gemeinheit scheiterten seine Schriftsätze und juristischen Kenntnisse.
    Nachdem sie geduscht und sich angezogen hatte, brachte Anne gerade einen mit Marmelade vermischten Joghurt und eine Tasse Tee hinunter. Die Kehle war ihr wie zugeschnürt. Anne suchte Miss Haggarty auf.
    »Ist Ihnen gestern Abend etwas Besonderes aufgefallen, Miss Haggarty? Geräusche aus meiner Wohnung, während ich abwesend war?«
    »Nicht, dass ich wüsste . Ich hatte den Fernseher laut gestellt. Wie Sie wissen, ist mein Gehör nicht mehr das beste. Gegen zweiundzwanzig Uhr glaubte ich Captain Silver jaulen zu hören. Doch dann hörte ich nichts mehr und schlief weiter.« Miss Haggarty lag jeden Abend um neun Uhr im Bett. »Ist etwas nicht in Ordnung?«
    »Captain Silver ist tot.« Anne traten wieder Tränen in die Augen. »Er lag tot auf dem Teppich, als ich nach Hause kam.«
    »Was? Als ich ihn gestern sah, war er doch noch so munter. Anne, wie ist das denn möglich? Ich kenne Fälle, in denen junge, anscheinend kerngesunde Menschen plötzlich von einem Herz-oder Gehirnschlag hinweggerafft wurden. Aber Katzen? Ich begreife es nicht.«
    Da Captain Silver in der Wohnung gehalten wurde, verfiel Miss Haggarty nicht auf den Gedanken, er könnte absichtlich vergiftet worden sein. Dass jemand auf der Feuerleiter zum dritten Stock hinaufkletterte und bei Anne einstieg, dass dieser Jemand auch in ihre Wohnung hätte gelangen können, darauf verfiel die harmlose alte Dame nicht.
    Sie rang die Hände und jammerte. Sie musste sich setzen. Dann wollte sie den toten Kater sehen.
    »Wie entsetzlich, der liebe Captain Silver. Mir fällt etwas Furchtbares ein. Womöglich hat er bei mir etwas Verkehrtes gefressen. Oder er hat
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