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Die Verschwörung der fetten Frauen (German Edition)

Die Verschwörung der fetten Frauen (German Edition)

Titel: Die Verschwörung der fetten Frauen (German Edition)
Autoren: Catrin Alpach
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Milkers rennt euphorisiert durch die Räume. »Bei 1000 Likes verlosen wir ein Abo!« kommt ihm die grandiose Idee, die er sofort zu Rasmus trägt. Zehn Minuten später steht es auf unserer Facebookseite, weitere zwanzig Minuten später steuern wir auf die 500 Likes zu.
    »Na, Frau Corzelli? Sie melden sich ja gar nicht!«
    Auch das noch! Erwarten diese aufgescheuchten Hühner tatsächlich, dass ich zu allem meinen Senf dazugebe? Sie erwarten es. Milkers erwartet es auch, wie er mir mit einem tadelnden Blick zu verstehen gibt. Seufzend rufe ich das Blog auf. 99 Kommentare inzwischen, meiner wird der hundertste sein. Ob ich jetzt auch ein Abo gewinne?
    »Liebe Leserinnen! Es freut mich, dass meine Zeilen dafür gesorgt haben, dass Sie hier engagiert über Sinn und Unsinn von Diäten und gesunder Ernährung streiten. Auch wenn die Diskussion bisweilen aus dem Ruder zu laufen scheint, wird doch eines klar: Es gibt Redebedarf. Ja, wir reden vielleicht die ganze Zeit aneinander vorbei und sind eigentlich gar nicht so weit voneinander entfernt. Was wir vermeiden sollten, sind Extreme. Die sind nie gut, wie wir alle wissen, nirgendwo. Nein, wir wollen keine Hungerhaken sehen – aber auch keine übergewichtigen Kinder, die ihre Pfunde kaum noch tragen können. Reden wir wie erwachsene Menschen, wägen wir Pro und Kontra ab. Das ist eine gute Idee, oder?«
    »Wow, Constanze Corzelli, die Diplomatin! Erst hier Hass predigen und dann einen auf Friede, Freude, Eierkuchen machen! Halten Sie die Frauen wirklich für so blöde? Aber eins sage ich Ihnen: Ihre Zeit ist abgelaufen! Sogar in ihrer geldgeilen Redaktion gibt es Menschen, die GEGEN SIE SIND! Glauben Sie das nur, ich weiß es aus erster Hand! Mit verachtenden Grüßen Thea.«
    Oh mein Gott, Thea! Ich muss sie bremsen, sie ist imstande und nennt meinen Namen! Mir wird abwechselnd heiß und kalt.
    Zurück zu Facebook: Inzwischen 541 Likes, der Eintrag mit dem Link zu meinem Blog wurde 76 mal geteilt, zieht immer weitere Kreise. Mein Magen schreit nach Nahrung. Mein Gehirn schreit zurück. Gibt nichts!
    »Paula?«
    Ella, die schon wieder hinter mir steht.
    »Also ich bin das nicht, ehrlich.«
    »Was bist du nicht?«
    »Na die, von der diese Thea geschrieben hat, dass sie gegen dich ist. Kann nur die Hungerbühler sein.«
    Ich nicke und schenke Ella ein beruhigendes Lächeln.
    »Weiß ich doch, dass du mir niemals in den Rücken fallen würdest, Schätzchen.« (Aber dafür stehst du mir dauernd im Rücken!)
    Apropos die Hungerbühler. Wo ist die eigentlich? Wieder nicht an ihrem Arbeitsplatz. Ich stehe auf und gehe in die Kaffeeküche. Niemand da. Hm, ich müsste mal aufs Klo. Nein, nicht auf das nächstgelegene. Auf das am anderen Ende des Flurs, zwei Türen hinter Rasmus' Büro.
    Tatsächlich! Da steht das Miststück (roter Ledermini, schwarze Netzstrümpfe, ein Pulli wie ein Freigehege für zwei beißwütige Möpse) über Rasmus' Schreibtisch gebeugt. Rasmus hat einen roten Kopf, sie reden miteinander, sie lachen, die Hungerbühler dreht sich auf ihren halsbrecherischen Stöckeln leicht hin und her, eindeutig Balz- und Begattungsbewegungen.
    Ich stehe wie angewurzelt im Türrahmen, es dauert, bis mich Rasmus' Blick erfasst (kein Wunder, wo seine Augen höchstens zehn Zentimeter von Daniela Hungerbühlers Brüsten entfernt sind), sofort wird aus seinem roten ein käseweißer Kopf, er hebt die Augenbrauen – und ich drehe mich um, nichts wie weg hier!
    Wenn ich mich jetzt an Daniela Hungerbühlers Computer setzen würde... das Büro ist gerade ziemlich leer und wer anwesend ist, tut ziemlich beschäftigt... wenn ich von ihrem Rechner aus etwas in Constanzes Blog schreiben würde... »Ja, ich bin auch auf eurer Seite, Thea! Ich kann die Corzelli nicht leiden, weil sie besser schreiben kann als ich! Bei mir reicht es nur für die Hofberichterstattung! Deine Daniela Hungerbühler«… wenn ich das schreiben würde... nein. So fies bin ich nicht. Außerdem verraten die Klacks auf dem Flur, dass die Hungerbühler zurückkommt. Mist.

Und jetzt?

    Kichernde Mädchen im Nebenzimmer. Alina mit ihren Freundinnen, glücklich und aufgedreht, ich will gar nicht wissen, warum.
    Ich will lieber wissen, warum ich unglücklich bin. Vorhin, als ich auf den Monitor gestarrt habe – längst über 1000 Likes, Hunderte von Kommentatorinnen, die sich verbal und virtuell die Nasen blutig schlagen – war mir, als läge auf meinen Schultern eine Last, die gar keine ist. Nichts weiter als eine
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