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Die Verschollenen

Die Verschollenen

Titel: Die Verschollenen
Autoren: Brian Keene
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paar Klamotten für uns dabei. Oder zumindest eine Decke.«
    »Ich schaue nicht hin.« Jerry war rot geworden. »Nur damit ihr es wisst.«
    Shonette wedelte ungeduldig mit der Hand. »Im Moment ist mir das wirklich scheißegal, Jerry. Gönn dir ruhig einen ausgiebigen Blick, wenn uns das dabei hilft, zum Helikopter zu kommen.«
    Die Schreie der Kreaturen wurden lauter. Die Ankunft des Helikopters hatte sie offenbar zusätzlich aufgeregt. Als die drei das andere Ende der Lichtung erreichten, hörten sie krachende Laute hinter sich, als die Kreaturen die Jagd wieder aufnahmen.
    »Lauft«, rief Jerry. »Sie kommen zurück!«
    Jerry schaltete die Taschenlampe aus, damit die Monster sie nicht sahen. Er vertraute auf seinen Instinkt und seine Nachtsicht, um sie sicher zurück zum Camp und von dort zum Pfad Richtung Strand
zu bringen. Er nahm Beckas Hand und zog sie vorwärts. Shonette kämpfte darum, mit ihnen Schritt zu halten. Jerry schob einen Ast aus dem Weg, der anschließend zurückschnellte und Becka am Kinn erwischte. Sie schrie schmerzerfüllt auf, was ihre Verfolger wahrscheinlich hörten, da sie mit einem triumphierenden Brüllen auf die Lichtung stürmten.
    »Alles okay?« Jerry musterte besorgt den roten Striemen an Beckas Kinn.
    Becka nickte gequält. »Mir geht’s gut. Lauf einfach weiter!«
    »Nach allem, was wir in dieser Nacht durchgemacht haben, ist dieser kleine Schlag aufs Kinn unsere geringste Sorge«, keuchte Shonette.
    Jerry runzelte die Stirn. Was genau hatten die Kreaturen den Frauen während ihrer Gefangenschaft angetan? Hatten sich seine schlimmsten Ängste bewahrheitet? War Becka vergewaltigt worden? Er wollte nachfragen, entschied sich dann aber dagegen.
    »Was ist?« Becka hatte sein besorgtes Gesicht gesehen.
    »Nichts«, erwiderte er schnell. »Ich bin nur froh, dass du lebst.«
    Trotz der Situation lächelte sie. »Ich auch.«
    Jerrys Herz schlug schneller. Dann bemerkte er, dass Shonette zurückgefallen war.
    »Ist das Bein gebrochen oder verstaucht?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte Shonette. »Es tut
einfach höllisch weh. Vielleicht ist es auch nur ein Krampf. Macht euch keine Gedanken um mich.«
    »Soll ich dich tragen?«
    »Nein«, wehrte sie ab. »Das würde uns nur noch langsamer machen. Ich komme schon klar.«
    Sie liefen weiter. Hinter ihnen wurden die Schreie ihrer Verfolger immer lauter, sie kamen näher. Jerry überlegte kurz, ob er sich ihnen stellen und die mörderischen Kreaturen abwehren sollte, damit die Frauen flüchten konnten. Aber er wusste, wie dämlich das wäre. Er war nicht Troy. Ja, vielleicht würde er ein paar von ihnen töten können, aber diese Schlacht konnte nur ein Ende haben - er würde wie Pauline zerfetzt werden, und der Rest des Stammes würde Becka und Shonette einfangen.
    Das Geräusch des Helikopters wurde leiser, und Jerry spürte, wie er die Hoffnung verlor. Sie würden doch nicht schon wieder abfliegen, oder?
    »Klingt, als wäre er gelandet«, keuchte Becka. Ihre Stimme klang rau.
    »Hoffentlich«, meinte Shonette. »Sonst stecken wir tief in der Scheiße.«
    Jerry sprang über einen umgestürzten Baum. »Du meinst, noch tiefer als jetzt?«
    »Verdammt«, erwiderte Shonette, »ich versuche hier gerade so zu tun, als wäre das nur eine weitere Challenge.«
    Die drückende Dunkelheit begann langsam, sich aufzuhellen. Der Himmel wechselte von schwarz
zu dunkelblau. Mond und Sterne verblassten. Sie wirkten irgendwie ausgewaschen. Jerry schob einige Ranken beiseite, und plötzlich standen sie in den Ruinen des Camps. Becka und Shonette rissen schockiert die Augen auf, als sie das Chaos sahen. Jerry, der das Ausmaß der Zerstörung bereits kannte, blieb nicht einmal stehen. Er hob zwei abgerissene Bambusstäbe auf und gab sie den beiden Frauen.
    »Hier. Die Enden sind spitz, ihr müsst also damit zustechen.«
    Becka musterte zweifelnd ihren Speer.
    »Es ist besser als nichts«, gab Jerry zu bedenken. »Lasst uns gehen.«
    Becka zögerte und dachte an ihr Tagebuch. In dem Chaos konnte man unmöglich sagen, wo es war, aber einem Teil von ihr tat es leid, es zurückzulassen. Dann hallte ein Jaulen ihrer Verfolger durch den Dschungel, und sie beschloss, dass es keine Erinnerungen an die Insel gab, die sie mit nach Hause nehmen wollte. Es war besser, sie gemeinsam mit dem Tagebuch hier zu begraben.
    Jerry und Becka rannten zum Pfad, der sie zum Strand bringen sollte. Stöhnend hinkte Shonette hinter ihnen her. Das verletzte Bein schleifte durch den Schlamm.
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