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Die Verschollenen

Die Verschollenen

Titel: Die Verschollenen
Autoren: Brian Keene
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schlimm wie Stefan, aber trotzdem …«
    »Na ja«, meinte Jerry, »solange er sein Wort hält und uns dabei hilft, dieses Bündnis auszuschalten, ist mir egal, was er macht. Wenn wir mit den anderen fertig sind, können wir ihn ja rauswählen.«
    Müde, hungrig, durstig und von Moskitos geplagt folgten sie dem Pfad Richtung Camp.
    Während sie weitergingen, überkam Becka wieder das komische Gefühl, beobachtet zu werden. Sie versuchte, es zu ignorieren. Auch wenn sie es den anderen Kandidaten gegenüber nie zugegeben hätte, fand sie die Insel nachts ziemlich unheimlich, und manchmal sogar tagsüber, wenn sie allein unterwegs war. Deshalb versuchte sie immer, bei den anderen zu bleiben - oder zumindest in der Nähe des Camps. Vielleicht bildete sie sich das alles auch nur ein, oder es lag an den Geschichten, die man sich über diese Insel erzählte. Als sie angekommen waren, hatte Roland ihnen ihre Geschichte offenbart. Laut alter Überlieferungen spukte es auf der Insel. Diese Region war schon seit über siebentausend Jahren besiedelt, aber in all der Zeit war diese
Insel unbewohnt geblieben, da die Eingeborenen der benachbarten Inseln sie mieden wie die Pest. Von Generation zu Generation wurden Legenden weitergegeben, laut denen einige der Höhlen, die überall auf der Insel verstreut lagen, Zugänge zur Unterwelt bildeten. Angeblich stieg aus diesen Höhlen immer wieder ein Stamm kleiner, unmenschlicher Wesen herauf, um alles, was ihnen über den Weg lief, zu rauben oder zu verzehren. Und im Gegensatz zu den indonesischen Legenden vom Kleinen Volk von Flores - Südseekobolden, die in Höhlen lebten und Speiseopfer annahmen, die von den Floresianern für sie bereitgestellt wurden - galten die kleinwüchsigen Wesen auf dieser Insel als barbarisch und dämonisch.
    Im Laufe der Jahre waren verschiedenste Händler, Entdecker und Abenteurer, selbst aus weit entfernten Ländern wie Europa und Amerika, in dieser Region verschwunden. Und dann gab es da noch die Legende von der Martinique, einem Handelsschiff, das Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts vor dieser Insel geankert hatte. Angeblich hatte die Besatzung eine Nacht am Strand verbracht und war dann geflohen, wobei sie schworen, niemals hierher zurückzukehren. Und im Zweiten Weltkrieg war in dieser Gegend ein japanisches Geschwader verschwunden. Laut einiger Fernsehdokumentationen waren sie an oder in der Nähe der Insel gesunken, und danach hatte man nie wieder etwas von ihnen gehört. Angeblich
spukten ihre Geister noch immer durch den Dschungel.
    Becka wusste, dass Roland ihnen das erzählt hatte, weil es Teil der Show sein sollte - ein wenig Lokalkolorit, um die Zuschauer zu fesseln -, aber das half ihr nicht weiter, wenn sie spät nachts in der Dunkelheit lag und auf die Dschungelgeräusche lauschte.
    Und jetzt half es ihr auch nicht.
    Jerry tippte ihr auf die Schulter. »Erde an Becka: Einen Penny für deine Gedanken.«
    »Tut mir leid. Ich musste nur gerade an unseren ersten Tag hier denken - an die ganzen Sachen, die Roland uns erzählt hat.«
    »Der Teil hat mir echt gefallen«, meinte Jerry. »Weißt du noch, die Party, die sie auf dem Schiff für uns geschmissen haben? Das war geil.«
    Becka nickte, als sie sich daran erinnerte. Bevor sie auf die Insel gebracht worden waren, hatte der Sender auf dem Schiff eine Willkommensparty für sie gegeben. Eingeborene von benachbarten Inseln waren an Bord gebracht worden, um ihnen von ihrer Kultur und ihren Traditionen zu berichten. Es hatte ein großes Festmahl und Livemusik gegeben, und die Kandidaten hatten einheimische Tänze, Tattookunstwerke, Holzschnitzereien und andere regionale Vergnügen kennengelernt. Die bunten Stammesgewänder der Frauen hatten es Becka besonders angetan.
    »Ja«, meinte sie nun und verschwieg Jerry, dass es
nicht das gewesen war, woran sie gedacht hatte. »Das war ziemlich cool, oder?«
    »Absolut«, bekräftigte Jerry. »Das werde ich nie vergessen, selbst wenn ich nicht gewinnen sollte. Ich meine, wie oft kriegt man schon die Gelegenheit, solche Erfahrungen zu machen? Wir haben echt Glück, dass wir ausgewählt wurden. Wie gut, dass wir den Stereotypen entsprechen.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ach, komm schon. Denk doch mal nach. Du hast die früheren Staffeln doch gesehen, oder? Jeder von uns ist hier, weil wir einem bestimmten Profil entsprechen, nach dem die Produzenten Ausschau halten. Wir haben einen farbigen Mann, eine farbige Frau, eine ältere Frau, einen Hinterwäldler,
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