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Die vergessene Frau

Die vergessene Frau

Titel: Die vergessene Frau
Autoren: Tara Hayland
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Mechaniker die Schlüssel in der Zündung stecken lassen. Perfekt. Also würde er einfach den Pontiac nehmen.
    Max war mit Franny im Schlafzimmer, als er einen Motor aufheulen hörte. Er eilte ans Fenster und sah den Pontiac die Auffahrt hinabrasen, mit Gabriel am Steuer und Olivia auf dem Beifahrersitz. Instinktiv wusste er, dass das etwas mit dem zu tun hatte, was er seinem Sohn zuvor erzählt hatte, und er verfluchte sich für seine Naivität, weil er geglaubt hatte, sein Sohn würde mit dieser Neuigkeit umgehen können.
    »Was ist denn?«, fragte seine Frau erschrocken, als er zur Tür lief.
    Er antwortete gar nicht erst. Stattdessen rannte er nach unten und zu seinem eigenen Wagen. Der Pontiac hatte bereits einen ziemlichen Vorsprung, aber Max hatte gesehen, dass Gabriel unten an der Straße nach links abgebogen war, woraus er schloss, dass seine Kinder auf dem Weg nach L. A. waren. Er raste ihnen nach, in der Hoffnung, sie aufhalten zu können, bevor Gabriel etwas Dummes tun konnte.
    Die Straßen waren dunkel und leer, so wie immer auf diesem Abschnitt des Highway 1. Gelegentlich sah Max Heckleuchten vor sich, wenn er um einen Felsvorsprung bog, und schloss daraus, dass er noch auf der richtigen Route war. In dem Wissen, dass er die beiden bald einholen würde, begann er sich eben zu entspannen, als er weiter vorn Reifen quietschen und dann Metall auf Beton prallen hörte. Sofort gab er wieder Gas.
    Er durchfuhr die nächste Kurve, und da sah er, was passiert war. Es war dieselbe Haarnadelkurve, in der auch Franny verunglückt war. Der Pontiac war offensichtlich von der Straße abgekommen und sah aus, als hätte er sich mehrmals überschlagen, bevor er am Klippenrand liegen geblieben war. Max bremste den Lincoln und sprang aus dem Wagen, um seinen Kindern zu helfen.
    Der Pontiac schaukelte gefährlich über dem Abgrund. Als Max sich näherte, erkannte er, dass das linke Vorderrad in der Luft hing und der Wagen vor und zurück wippte, als würde er jeden Augenblick abstürzen. Gabriel war bei dem Unfall aus dem Wagen geschleudert worden, aber Olivia hing noch auf ihrem Sitz. In Sekundenschnelle überblickte Max die Szene. Sobald sein Sohn sich aufsetzte, benommen, aber offenbar nicht weiter verletzt, eilte Max zu seiner Tochter. Selbst aus dieser Entfernung sah er, dass sie zusammengesackt im Beifahrersitz lagerte und die Augen geschlossen hatte. Aus dem Winkel, in dem ihr Kopf zur Seite hing, schloss er, dass sie sich das Genick gebrochen hatte, doch Max würde noch nicht aufgeben. Er rannte zu seiner Tochter, rief sie und überlegte bereits, wie er sie aus dem Auto ziehen konnte.
    Aber gerade als er nach ihr fassen wollte, knirschte das Metall ein letztes Mal. Wie erstarrt blieb Max stehen und beobachtete, wie der Pontiac zur Seite kippte, über die Klippe stürzte und tief unter ihnen auf den Felsen zerschellte, bevor er in Flammen aufging. Olivia war verloren.
    Später hätte Max beim besten Willen nicht sagen können, ob er in jener Nacht das Richtige getan hatte. Aber da er gerade erst ein Kind verloren hatte, wollte er das zweite auf keinen Fall verlieren. Nachdem er den Alkohol im Atem seines Sohnes gerochen hatte, war ihm klar, dass er ihn nicht in die Nähe eines Polizisten lassen durfte. Zum Glück war weit und breit keine Menschenseele zu sehen, und so fuhr er Gabriel, der vor Entsetzen wie erstarrt war, nach Stanhope Castle zurück, brachte ihn in sein Zimmer und ermahnte ihn, mit niemandem ein Wort zu wechseln. Dann ging er zu Franny, um ihr zu erzählen, was passiert war – und was er jetzt vorhatte.
    »Niemand darf erfahren, dass Gabriel gefahren ist.« Max konzentrierte sich ausschließlich auf seinen Sohn, auch um nicht darüber nachdenken zu müssen, was Olivia zugestoßen war. »Das Stigma, dass er für den Tod seiner Schwester verantwortlich ist, wird er nie wieder los. Das wird ihn sein ganzes Leben lang verfolgen.«
    »Und was schlägst du vor?« Franny konnte nicht begreifen, was geschehen war, dass ihre bezaubernde, süße Stieftochter – die in den letzten Monaten so viel durchgemacht hatte – tot sein sollte.
    »Ich werde zur Polizei gehen und erklären, dass ich gefahren bin«, erklärte Max.
    »Nein!« Franny war die Panik anzuhören. »Du könntest ins Gefängnis kommen.«
    »Ich weiß.«
    »Aber du darfst mich nicht verlassen!«
    Max wusste, dass das ihr gegenüber nicht fair war, vor allem jetzt, wo sie von ihrer Krankheit wusste. Allerdings wusste er auch, dass er Gabriel
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