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Die vergessene Frau

Die vergessene Frau

Titel: Die vergessene Frau
Autoren: Tara Hayland
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abgewendet, und er wäre als Trinker geendet. Stattdessen lebt er für alle Zeiten als vielversprechender junger Star weiter, der noch so vieles zu bieten gehabt hätte.«
    Sie nahm Max’ Hand und sah ihm tief in die Augen, damit er begriff, wie ernst es ihr war. »Das will ich auch. Ich will jung und hübsch sterben. Ich will, dass mich meine Fans betrauern, nicht dass sie mich bemitleiden.« Sie hob die Hand, legte sie an seine Wange und wirkte beinahe gelöst, als sie ihm eröffnete: »Darum habe ich mir etwas ausgedacht. Und wenn du mich liebst, wenn du mich wirklich liebst, musst du mir dabei helfen.«
    Er hörte zu, während sie ihm darlegte, wie sie ihren eigenen Tod vortäuschen wollte. Er hätte ihr zu gern widersprochen, ihr erklärt, dass das lächerlich war. Aber irgendwie ergab das, was sie sagte, Sinn. Denn wenn er sie so sah, wunderschön und lebendig, makellos in jeder Hinsicht, dann wünschte auch er, sie könnte immer so bleiben: niemals altern, niemals ihre Schönheit verlieren – und vor allem niemals die Demütigung einer langen, unheilbaren Erkrankung ertragen müssen, die Körper und Geist zerstören würde. Ihre Bitte brach Max das Herz, doch wie immer brachte er es nicht fertig, Franny einen Wunsch abzuschlagen. Außerdem würde er sie auf diese Weise wenigstens so lange wie möglich bei sich behalten können. Und er hatte Todesangst, dass sie eines Tages, wenn er nicht zustimmte, die Sache selbst in die Hand nehmen würde.
    »Na gut«, gab er sich geschlagen. »Ich werde es tun.«

Kapitel 61
    »Also haben Sie ihren Tod vorgetäuscht?«, wiederholte Cara, die das immer noch nicht glauben konnte.
    Max und sie hatten sich zum Reden in die Küche zurückgezogen. Im ersten Moment hatte Franny ihre Tochter nicht erkannt und sich so aufgeregt, dass Max darauf bestanden hatte, aus dem Zimmer zu gehen, damit Hilda sie beruhigen konnte, während er Cara alles erklärte.
    Irgendwie klang es tatsächlich plausibel. Dass diese bezaubernde Schauspielerin der Welt nicht zeigen wollte, was aus ihr geworden war. Und offenkundig liebte Max sie so sehr, dass er alles aufgegeben hatte, nur um sie glücklich zu machen. Aber eines ließ Cara keine Ruhe – der Leichnam, der im Pontiac ihrer Mutter verbrannt war.
    »Ich dachte, in der Zeitung hätte gestanden, dass im Auto eine Frau saß.«
    »Das stimmt.« Max senkte den Kopf.
    Cara schluckte. Sie wusste nicht recht, ob sie die Antwort auf ihre nächste Frage hören wollte, aber sie musste sie trotzdem stellen.
    »Aber wenn nicht meine Mutter bei dem Unfall ums Leben kam, wer dann?«

Kapitel 62
    Stanhope Castle, Dezember 1959
    Gabriel wusste nicht recht, was mit seiner Familie los war. Er studierte inzwischen im zweiten Jahr in Stanford, doch als er über Weihnachten nach Stanhope Castle gekommen war, hatten alle bedrückt und deprimiert gewirkt. Franny und sein Vater schlossen sich dauernd ein, als wollten sie etwas aushecken. Und Olivia – also, sie kam ihm irgendwie nicht gesund vor. Er wusste, dass sie Probleme hatte, aber was konnte schon so furchtbar sein, dass es sie so lange beschäftigte? Dauernd sah sie ihn mit leeren Augen an, und sie schien so gut wie nichts von dem mitzubekommen, was sich um sie herum abspielte.
    Schließlich stellte Gabriel seinen Vater zur Rede.
    »Was ist hier eigentlich los?«, fragte er. »Dad, warum erzählst du mir nichts? Aus Olivia kriege ich kein Wort heraus. Ist sie krank, oder was?«
    Im ersten Moment blieb Max stumm. Er ging schweigend zur Zimmerbar zurück und schenkte zwei große Whisky ein. Dann brachte er sie an den Tisch und stellte einen vor seinem Sohn ab. Inzwischen bekam Gabriel Angst. So hatte er seinen Vater noch nie erlebt. Was sich hier auch abspielte, es musste etwas Schlimmes sein, sonst hätte ihn sein Vater bestimmt nicht zum Trinken animiert.
    »Was ich dir jetzt erzähle, muss unter uns bleiben.« Max schaute ihn ernst an. »Das letzte Jahr war sehr schwer für deine Schwester.«
    Mit immer bleicherem Gesicht hörte Gabriel sich an, was sein Vater ihm erzählte.
    Gabriel machte sich schwere Vorwürfe. Er hätte damals alles verhindern können. Er hatte genau gewusst, dass sich Olivia aus dem Haus schlich und jemanden traf, wenn sie gemeinsam in L. A. waren, doch er hatte lieber beide Augen zugedrückt. Hätte er das nicht getan, wäre all das nicht passiert.
    Schweigend hörte er sich an, was sein Vater zu sagen hatte. Zum ersten Mal in seinem Leben fühlte er sich mit ihm verbunden, vereint in
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