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Die Verfluchten

Die Verfluchten

Titel: Die Verfluchten
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zu etwas geworden, was kaum noch Ähnlichkeit mit
einem menschlichen Wesen hatte. Entsetzt prallte er zurück und wich
zwei oder drei Schritte in den Schutz des in den Felsen gehauenen
Ganges zurück, bevor Abu Dun ihn grob an der Schulter ergriff und
mit dem anderen Arm noch einmal nach draußen deutete.
Obwohl Andrej noch immer kaum mehr als ein Gewirr aus Bewegung und scheinbar sinnlos hin und her hetzenden Körpern sah, erkannte er doch sofort, worauf Abu Dun ihn aufmerksam machen
wollte.
Etliche Sklaven hatten sich losgerissen oder auf andere Weise befreit und rannten auf das Grab zu, und nur sehr wenige von Faruks
Männern versuchten sie festzuhalten. Die meisten hatten genug damit
zu tun, sich ihrer Haut zu wehren, oder hatten bereits ihrerseits ihre
Waffen weggeworfen und suchten ihr Heil in der Flucht.
Auch zwischen den Dorfbewohnern erschienen jetzt Untote. Andrej
registrierte voller Entsetzen, dass die schrecklichen Kreaturen keinen
Unterschied zwischen Faruks Kriegern und ihnen zu machen schienen, sondern offensichtlich alles angriffen, was sich bewegte;
manchmal sogar andere Untote, die ihren Weg kreuzten.
»Zurück!«, keuchte Meruhe. »Zieht euch… zurück! In die Grabkammer, schnell!«
Sie stand noch immer mit hoch erhobenen Armen da und reckte das
Amulett gegen den Himmel, doch sie stand nicht mehr still. Aus dem
Ausdruck von Konzentration auf ihrem Gesicht war der mindestens
ebenso großer Qual geworden, und sie wankte, als hätte sie kaum
noch die Kraft, aufrecht zu stehen. Schweiß lief in Strömen über ihr
Gesicht. »Lauft! Ich versuche… sie aufzuhalten!«
Erst jetzt begriff Andrej, dass Meruhes Worte ihm und Abu Dun
galten. Er verstand noch immer nicht genau, was Meruhe meinte,
doch ein einziger, abschließender Blick über die Schulter zurück auf
die Ebene hinaus überzeugte ihn davon, dass er es gar nicht genau
wissen wollte. Aus dem Albtraum war mittlerweile etwas Schlimmeres geworden. Faruks Heer war zu einer einzigen Masse verzweifelt
um ihr Leben kämpfender, flüchtender Männer geworden, und die
Anzahl der lebenden Leichname, die die Wüste ausgespieen hatte,
schien noch einmal zugenommen zu haben. Was immer Meruhe auch
getan hatte, konnte nichts anderes als eine Verzweiflungstat gewesen
sein, denn die Untoten wüteten gnadenlos. Dennoch schienen sich
die Dorfbewohner mittlerweile alle befreit zu haben, und bis auf einige wenige, die in blinder Panik davonstürmten, strebten sie alle
dem Grab entgegen, in dem sie schon so oft Zuflucht gefunden hatten.
Andrej riss sich endgültig von dem furchtbaren Anblick los und
fuhr gleichzeitig mit Abu Dun herum, doch sie kamen nur wenige
Schritte weit. Plötzlich war ein Schatten vor ihnen, dann ein zweiter
und ein dritter, die einen Augenblick später ebenfalls zu schrecklich
anzusehenden Karikaturen menschlicher Gestalten geronnen. Abu
Dun zog mit einem wütenden Knurren sein Schwert, als sich eines
der furchtbaren Geschöpfe taumelnd in seine Richtung bewegte,
doch Andrej schrie ihm nur eine verzweifelte Warnung zu und stieß
ihn gleichzeitig zur Seite.
Unter normalen Umständen hätte Abu Dun nicht einmal gewankt,
jetzt aber war er so erschöpft, dass er das Gleichgewicht verlor und
gegen die Wand prallte. Der ungeschickte Schwerthieb, mit dem der
Untote nach ihm hackte, ging ins Leere, und Andrej duckte sich unter
der rostigen Klinge eines zweiten Angreifers weg, packte Abu Dun
und zerrte ihn einfach mit sich. Er glaubte, ein enttäuschtes Knurren
zu hören, stürmte aber nur weiter und sah sich erst nach weiteren
fünf oder auch zehn Schritten um. Die Untoten setzten ihren Weg
fort und näherten sich taumelnd und mit pendelnden Armen dem
Ausgang. Wenn es in ihren zerfressenen Gehirnen überhaupt noch so
etwas wie Gedanken gab, dann reichten sie offensichtlich nicht aus,
um einen so komplizierten Entschluss wie den zu fassen, ihre entgangene Beute zu verfolgen.
Sie erreichten die unfertige Höhle, und Andrej blieb schwer atmend
stehen. Neben ihm taumelte Abu Dun, machte einen ungeschickten
Schritt zur Seite und versuchte sich an der Wand abzustützen, verfehlte sie aber und fiel schwer auf die Knie. Abu Dun grunzte vor
Schmerz, und Andrej zog ihn mit einiger Anstrengung auf die Füße
und mit der gleichen Bewegung den Dolch aus dem Gürtel, um Abu
Dun einen Schnitt quer über den Handrücken zuzufügen.
»Au!«, brüllte der Verletzte. »Was soll denn das? Bist du verrückt
ge…?«
Der Rest
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