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Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)
Autoren: Tim Akers
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hatte, eingeschlossen in eine Kiste oder in ein Verlies, oder ganz ohne sich zu verstecken. Veridon war zu weitläufig, um eine wirklich gründliche Suche durchzuführen, erst recht nicht innerhalb der Zeit, die uns zur Verfügung stand. Deshalb hatte ich mich dafür entschieden, seine Pläne zu vereiteln, anstatt den Mann selbst aufzuspüren.
    Aber sprach nicht einiges dafür, dass er sich irgendwo in der Kirche aufhielt? Wenn er wirklich vorhatte, ein Schauspiel für den Engel zu veranstalten, wäre das ein heikles Unterfangen. Vielleicht musste er sich dafür vor Ort befinden. Camilla schien ziemlich überzeugt davon zu sein, dass sie Cranich gefangen genommen hatte. Und vielleicht war dem auch so, oder aber er hatte sich gefangen nehmen lassen, um in der Nähe zu sein, wenn die nächste Phase seines Plans begann. Wie die auch aussehen mochte.
    Ich schaute von dem trägen Zyklon der Krähen hinüber zu den knolligen Kuppeln, wo ich Wilson in Camillas Gewahrsam zurückgelassen hatte. Ob er noch dort war? Andere Richtung. Ich konnte zu beiden gelangen, aber ich musste mich entscheiden, was ich zuerst tun sollte. Wilson retten oder Cranich töten.
    Für meinen verwirrten Verstand schien beides auf dasselbe hinauszulaufen. Jenes Grinsen kehrte zurück, steif und angespannt. Ich überprüfte noch einmal den Revolver. Ich musste sparsam mit den Schüssen umgehen. An meinem Gürtel waren nicht mehr viele der glänzenden kleinen Patronen übrig, und ich hatte noch viele Leute zu erschießen. Noch so viele Leute, die es auszuschalten galt.
    Aber zuerst Cranich. Ich hätte es schon bei unserer ersten Begegnung tun sollen. Was hätte das doch an Ärger erspart!
    Unregelmäßiges graues Licht schimmerte durch die dicken Scheiben des Treibhauses und erhellte den Raum mit einem matten, zinnernen Schein. Eine andere Beleuchtung gab es nicht. Unter dem gewölbten Glasdach drängten sich Reihen mickriger Büsche. Hier war es kalt, kälter als im Rest des Gebäudes. Als bestünden die Glasscheiben aus Eis und entzögen der feuchten, nebligen Luft die Wärme. Erhöhte Wege verliefen zwischen den Pflanzen, sodass ich neben ihren Blättern lief. Unter mir befanden sich Erde und die ächzenden Rohre des Bewässerungssystems. Über mir kreisten oberhalb der Decke des Treibhauses die Krähen.
    Cranich war hier – unter Bewachung. Vom Eingang des Treibhauses aus konnte ich vier kleine Feuer in der Mitte des Raums erkennen, die in Kohlenbecken aus Messing flackerten. Cranich stand in ihrer Mitte, gefesselt und in einem hohen Käfig, der kaum breiter als seine Brust war. Seine Arme hatte man an die Gitterstäbe gebunden, sein Kopf war in einer Art Eisenkiste verschraubt. Um ihn herum stand ein Dutzend ehemaliger Erschaffer, die sich dem Anschein nach allesamt in Mechagentote verwandelt hatten. Vermutlich waren sie noch unter Camillas Kontrolle.
    Der logisch denkende Jacob hätte sich zwischen die Büsche geduckt und an die Plattform in der Mitte angeschlichen. Sie von unten ausgeschaltet. Doch jenes Grinsen prangte nach wie vor in meinem Gesicht, und das Feuer, das die Fehn-Mutter in mir entfacht hatte, besaß keine Geduld für Heimlichkeit. Mit dem Revolver in der Hand marschierte ich die Mitte des Gangs hinab. Es dauerte nicht lange, bis sie mich erblickten. Einer winkte und kam mir auf halbem Weg entgegen. Seine Brüder blieben hinter ihm zurück. Es handelte sich um einen ehemaligen Würdenträger, die Lippen verschmiert mit dem steifen, schwarzen Blut der Mechagentoten.
    »Jacob Burn«, sagte er. »Wir haben uns schon gefragt, ob du zurückkehren würdest. So poetisch deine Hinrichtung war, hatten wir doch unsere Zweifel, ob sie ausreichend sein würde, dich zu töten. Hat die junge Frau ebenfalls überlebt?«
    »Ja. Allerdings weiß ich nicht, wo sie steckt.«
    »Natürlich. Warum solltest du deine Frauen auch im Auge behalten?«, gab er lächelnd zurück. Als er sich noch etwa drei Meter von mir entfernt befand, brachte ich den Revolver in Anschlag, und er blieb mit erhobenen Händen stehen. »Ruhig, Jacob. Wir können über alles reden.«
    »Ich bin hier, um Cranich zu töten, deinen Meister«, erwiderte ich. »Ich habe also nicht wirklich Zeit zum Reden.«
    »Du hast doch sonst immer Zeit zum Reden, Jacob. Und du irrst dich. Camilla ist in unseren Herzen und Seelen. Dieser Mann hier, Cranich, dient lediglich als Leitung.«
    »Du wirst demnächst einen Schlag von deiner Leitung bekommen, Camilla«, wandte ich mich an den Käfig.
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