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Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Titel: Die Unsterblichen: Roman (German Edition)
Autoren: Drew Magary
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viel einfacher, als Gras zu kaufen, zumindest meiner Erfahrung nach. Ich brauchte bloß eine Adresse, ein Passwort und eine Telefonnummer, die jemand auf einen Fetzen Papier gekritzelt hatte. Und das war’s auch schon.
    Es hätte mehr notwendig sein sollen, um es zu bekommen. Ich hätte den Ozean überqueren und gegen eine Horde blutrünstiger Kopfgeldjäger kämpfen oder eine Reihe komplexer Rätsel für einen bösartigen Troll lösen oder einen wirklich riesigen Typen in Karate schlagen sollen. So etwas in der Art. Doch ich musste überhaupt nichts dafür tun, und ich hatte keinerlei Schuldgefühle deswegen. Die habe ich immer noch nicht. Nachdem ich begriffen hatte, dass ich die Möglichkeit bekommen würde, mich deaktivieren zu lassen, wollte ich es sofort. Mehr als ich jemals etwas anderes gewollt hatte. Mehr als jede Frau. Mehr als jeden noch so kostbaren Schluck Wasser. Für gewöhnlich muss jede Entscheidung, die ich zu treffen habe, zunächst die scheinbar endlosen bürokratischen Windungen meines Gewissens durchlaufen. Doch dieses Mal nicht. Diese Idee blieb von diesem ganzen Unsinn unbeeindruckt, sie durchschlug das hauchdünne Gewirr meiner Gedanken und tauchte so unverfälscht daraus hervor, wie sie zum ersten Mal aus den Tiefen meines Gehirns emporgestiegen war. Es wurde zu einer Notwendigkeit. Zu einem Hunger. Einem nackten Zwang, der immun gegenüber jeglicher Logik und Vernunft war. Es gab nichts, was mich von meinem unbedingten Wunsch abbringen konnte, nicht zu sterben.
    Das Apartment des Arztes befand sich in einem Haus mit Portier, doch dieser verhielt sich nicht gerade wie eine Palastwache. Er bat mich nicht, mich einzutragen. Er fragte mich nicht, zu wem ich wollte. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob er überhaupt von seinem Rennsportmagazin aufsah. Ich trat einfach in den Aufzug und drückte den Knopf. Es war zu einfach!
    Ich stieg aus, ging den Flur hinunter und klopfte an die Tür des Apartments, dessen Nummer ich bekommen hatte. Eine Stimme hinter der Tür, die scheinbar vom anderen Ende der Wohnung kam, bat mich, mich zu identifizieren. Ich nannte meinen Namen und sagte, dass ich hier sei, um Ellas Toaster abzuholen. Es gibt keine Ella, und sie hatte auch keinen Toaster in diesem Apartment vergessen. Dieser Teil der Geschehnisse war für mich aufregender, als er hätte sein sollen.
    Ich hörte, wie der Arzt auf die Tür zuging, und sah, wie sich der Knauf drehte. Er sah nicht ganz so aus, wie ich es mir vorgestellt hatte. Er war mittleren Alters, doch er wirkte immer noch jugendlich. Sonnengebräunt. Akkurat geschnittenes, silbernes Haar. Er sah nicht viel älter als vierzig aus. Und mehr wie ein Banker als ein Arzt. Ich hatte mir einen Streber mit Brille, einem Laborkittel und dem ganzen Kram vorgestellt. Jemanden, der sehr viel sorgenvoller aussah. Ich denke, das wäre mir lieber gewesen. Er schüttelte meine Hand, ohne sich vorzustellen, und zog mich durch die Tür.
    Ich muss schon sagen, dass ein Arztbesuch mit illegalen Hintergedanken für den Patienten um einiges befriedigender ist, als wenn man aus den üblichen Gründen dorthin geht. Du läutest an der Tür und bumm – da ist auch schon der Arzt. Keine feindselige Sprechstundenhilfe. Keine Dokumente, die man ausfüllen muss. Keine Versicherungskarte, die man suchen muss und schließlich vergisst, nachdem sie die feindselige Sprechstundenhilfe in den Kartenleser gesteckt hat. Kein ewiges Warten. Verdammt, überhaupt kein Warten. Es war wunderbar. Ich war versucht, den Arzt zu fragen, ob ich ihn bei zukünftigen Unpässlichkeiten wieder aufsuchen dürfte.
    »Also John«, sagte er. »Sie sind wegen des Toasters hier.«
    »Ja.«
    »Gut. Ich brauche Ihren Führerschein.«
    »Okay.« Ich gab ihm das Dokument. Er nickte.
    »Sie sind neunundzwanzig Jahre alt. Gut. Das ist das perfekte Alter. Ich behandle keine Leute über fünfunddreißig.«
    »Warum nicht?«, fragte ich.
    »Weil es dumm wäre. Hier, setzen Sie sich.«
    Er deutete auf einen Ledersessel und nahm selbst gegenüber Platz. Es fühlte sich absolut nicht so an, als würde ich mit einem Arzt sprechen. Er hatte die Ausstrahlung eines sehr coolen Englischprofessors.
    »Nun, wissen Sie denn, wie die Deaktivierung genau funktioniert?«
    Ich war kurz enttäuscht, dass er aufgehört hatte, das Heilmittel als »Toaster« zu bezeichnen. Es hätte mich wirklich interessiert, wie lange er es durchgehalten hätte.
    »Ja«, erklärte ich ihm. »Ich denke schon. Ich meine, ich weiß, wie
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