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Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Titel: Die Unsterblichen: Roman (German Edition)
Autoren: Drew Magary
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mir fortschwemmte, während mich der Sog zu Boden zog. Ich rief nach ihr, doch meine jämmerlichen Schreie kamen gegen das unaufhörliche Brüllen der Massen nicht an. Ich spürte, wie Menschen über mich stolperten und Körper auf mich fielen. Einer nach dem anderen, bis alles Licht verschwunden war und ich von den Lebenden bei lebendigem Leib begraben wurde. Dickflüssiges Blut floss aus mir heraus, doch dann hörte es auf, während mich das Gewicht der Menschen zusammendrückte wie ein Akkordeon. Ich versuchte, mich unter den alles erstickenden Körpern herauszuwinden, doch ich konnte mich nicht bewegen.
    Dann hörte ich die Pumpgun. Der dritte Schuss.
    Solara brüllte. »Runter von ihm, verdammt! Aufstehen!«
    Der vierte Schuss. Der Haufen wurde leichter.
    »John!«
    »Solara!«
    Der fünfte Schuss. Die Körper über mir begannen zu zucken, und ich konnte wieder zu bluten anfangen. Der Schmerz kam wieder wie ein Dolchstoß des Teufels.
    Der sechste Schuss. Ich spürte, wie Solara meine Schulter packte und mich hochzog. Ich sah ihr Gesicht, und alles, was ich wollte, war eine ruhige Minute lang einen Quadratmeter Platz für uns zu haben. Das war alles, was ich mir für den Rest dieses Lebens noch wünschte.
    Sie zog mich hinüber zu dem Chevy. Vier Menschen schliefen im Inneren, doch Solara wusste instinktiv, dass das Innere des Autos nicht von Belang war. Der Chevy stand auf dem Randstein neben einem leeren Regenkanal, dessen Gitter voller Regenwasser, Urin und Blut war. Sie lehnte mich gegen das Auto, dann ließ sie mich hinuntergleiten und schob mich zur Hälfte unter das Auto. Ich warf einen Blick durch das Gitter und sah den Wachmann des Kollektivisten-Reservats, der zu mir hochsah. Er winkte mich zu sich. Ich rollte auf das Gitter zu und befand mich direkt unter dem Auto, als ich einen Schuss hörte.
    Solara schrie vor Schmerz auf. Ich drehte mich um. Sie wirbelte neben dem Auto zu Boden wie ein schlecht in Schwung gebrachter Spielzeugkreisel, und ich sah ein Paar schwarze Motorradstiefel, die ruhig neben ihr standen, während die Panik um sie herum ausbrach. Der Schütze stieg ihr auf den Rücken und reihte sich dann ohne ein weiteres Wort wieder in die Menschenreihe ein und ließ sich von ihr verschlingen. Ich griff nach Solara und zog sie unter das Auto. Und dort lagen wir und waren einen Moment lang vor allem geschützt.
    Ich warf einen Blick auf ihr Gesicht und sah, dass sie noch am Leben war. Die Kugel war in ihre Brust eingedrungen, und das billige Shirt war so voller Blut und schmierigem Straßenstaub, dass es selbst kaum noch zu sehen war. Ich tastete ihren Körper ab und spürte, dass die Kugel sauber an ihrem Rücken ausgetreten war, genau zwischen den Schulterblättern. Ich presste meine Hand gegen die Austrittswunde und küsste sie auf die Wange. Ich warf einen Blick auf ihr Gesicht und sah, dass sie erleichtert war, dass sie eine furchtbare Last ein für allemal abgeworfen hatte.
    Sie hielt die Pumpgun in die Höhe und schob sie zu ihren Füßen hinunter. »Keine Munition mehr.«
    »Wir sind beinahe da«, erklärte ich ihr.
    Der Wachmann wartete noch auf uns. Ich ergriff seine Hand mit meiner Linken und hielt Solara mit der Rechten fest, als er uns lautlos in den Schacht zog. Wir fielen in die flache, dunkle Grube darunter und rissen ihn mit. Er leuchtete mit der Taschenlampe in unsere Gesichter. »Ihr seht nicht gerade gut aus.«
    »Lassen Sie mich hier, wenn es notwendig ist«, erklärte ich ihm. »Sorgen Sie nur dafür, dass es ihr gut geht.«
    »Nein«, sagte er. »Es gibt jemanden, der Sie unbedingt treffen möchte.«
    Ich spürte, wie sich starke Arme um meinen Körper legten und mich hochzogen, wobei sie das letzte Blut aus mir herausdrückten, das sich noch in meinem Körper befand. Der lange Weg ins Reservat begann. Ich sah zu Solara hinüber. Ein weiterer Mitarbeiter der Kirche der Menschheit hatte sie hochgehoben und schleppte sie vorwärts. Ich starrte ihre Füße an, die über den Boden des Abwasserkanals schleiften, dann sah ich ihr ins Gesicht und bemerkte, dass sie wissend lächelte. Ich fühlte mich einen Moment lang wie ein König, so als wäre der Mann, der mich vorwärtsschleifte, ein Rikschafahrer. Dann zogen sich meine Eingeweide zusammen und brachten mich zurück in die Realität. Ich begann heftig zu schwitzen, und der Wachmann hatte Schwierigkeiten, mich festzuhalten. Er blieb alle paar Meter stehen und hob mich wieder ein Stückchen höher. In der Zwischenzeit fühlte
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