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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman
Autoren: Andrea Schacht
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Erschöpfung überwältigte sie und ließ sie in einen tiefen Schlummer fallen.
    Als sie am Morgen erwachte, war das Fenster geschlossen und das Bett neben ihr leer.

Sein Alltag
    DRINGEND RATE ICH DAHER,
BEI DEM ERSTEN SCHATTEN VON UNZUFRIEDENHEIT
ÜBER EIN BETRAGEN DES FREUNDES NICHT ZU SÄUMEN,
OHNE ZUTUN EINES DRITTEN, AUF ERLÄUTERUNG ZU DRINGEN.
    Freiherr von Knigge: Über den Umgang unter Freunden
     
     
    Hendryk Mansel hatte den Vormittag damit verbracht, die Baustelle zwischen Brühl und Bornheim zu inspizieren, wo derzeit die Schachtungsarbeiten für die neue Trasse der künftigen Eisenbahnlinie zwischen Bonn und Köln im Gange waren. Unzählige Arbeiter stachen Grassoden, stießen ihre Spaten in den steinigen Boden, schaufelten das Material in die bereitstehenden Schubkarren, die wieder von anderen im Laufschritt zu den aufzuschüttenden Wällen gefahren wurden. Eine Knochenarbeit, an der sich gelegentlich auch kräftige Frauen beteiligten. Manchmal sogar Kinder.
    Er selbst prüfte die Landmarkierungen auf ihre Übereinstimmung mit dem Streckenplan, denn nicht immer konnte man davon ausgehen, dass der Vorarbeiter sie korrekt einhielt. Zudem wurde auch schon mal Schabernack getrieben - oder es war Böswilligkeit im Spiel. Nicht alle waren davon überzeugt, dass es sich bei der Eisenbahn um eine fortschrittliche Errungenschaft handelte, und in den vergangenen Jahren hatte er selbst einige unglaubliche Diskussionen erlebt. Gerade wieder hatte sich der Dorfpfarrer von Bornheim ihm gegenüber wortgewaltig gegen das Teufelswerk ausgelassen und sogar das leichte Erdbeben zum Anlass genommen, darin den Fingerzeig Gottes gegen den geplanten Verkehrsweg zu sehen. Mit stoischer Geduld hatte er dem aufgebrachten Pfaffen zugehört, seine Beschimpfungen über sich ergehen lassen und ihm dann mit kühler preußischer Manier anempfohlen, ein Schreiben an die Direktoren der Gesellschaft zu schicken. Er erfülle nur seine Pflicht als Vermesser und könne über himmlische Weisungen nicht entscheiden. Dann hatte er sich wieder auf den Bock seines Phaetons geschwungen und war nun im hellen Frühlingssonnenschein auf dem
Weg zurück nach Köln. Doch das lichte Grün der Bäume, die üppig schäumende Apfelblüte, den azurblauen Himmel mit seinen Federwölkchen nahm er nicht wahr. Seine Gedanken wanderten zum Beginn des Jahres zurück, als er die denkwürdige Entscheidung getroffen hatte, eine Vernunftehe einzugehen.
     
    Seine Vermessungstätigkeit und seine dabei an den Tag gelegte Zielstrebigkeit bei der inzwischen fertiggestellten Strecke Aachen - Köln hatte Hendryk Mansel qualifiziert, auch den Auftrag der Bonn-Kölner Eisenbahngesellschaft anzunehmen. Man war durchaus angetan von seinen Kenntnissen und bot ihm ein recht anständiges Gehalt. Damit verbunden war sein endgültiger Umzug nach Köln, was seinen langfristigen Plänen entsprach.
    Er enttäuschte auch hier seine Auftraggeber nicht, außer vielleicht darin, dass er ein wenig geselliger Typ war. Nur selten nahm er an den Veranstaltungen teil, die in regelmäßigen Abständen stattfanden, um einerseits das Projekt der Bürgerschaft vorzustellen, aber auch um Gelder und Aktionäre zu werben. Bei einer dieser Gesellschaften, einem Wohltätigkeitskonzert, um dessen Besuch er sich nicht hatte herumdrücken können, lernte er Leonora Gutermann kennen. Man hatte ihn ihr an jenem Januarnachmittag vorgestellt und dabei erklärt, sie sei die Tochter des Rentiers und Eisenbahnaktionärs Gustav Gutermann, eines jener Gäste, die es besonders zu hofieren galt. Er fand sie auf den ersten Blick nichtssagend, wenn nicht gar fade, aber von stiller Höflichkeit. Pflichtgemäß hatte er mit ihr Konversation betrieben und dabei einen nicht unangenehmen Eindruck von ihrer Bildung gewonnen. Er war nachdenklich nach Hause zurückgekehrt und hatte in der Folge weitere Geselligkeiten aufgesucht, denen sie ebenfalls beiwohnte. Zwei Dinge gaben schließlich den Ausschlag, dass er vorsichtig das Terrain sondierte. Zum einen klang in seinen Ohren das beharrliche Gerücht, Gutermann biete sein überreifes Fräulein Tochter auf dem Heiratsmarkt schon seit einiger Zeit wie sauer Bier an, und zum anderen gefiel ihm die ausgesucht kultivierte Contenance, die die junge Frau an den Tag legte. Sie verhielt sich freundlich, aber zurückhaltend, wenn nicht sogar ein wenig spröde, was ihm aber bei Weitem mehr entgegenkam als die romantischen Gefühlswallungen jüngerer Damen. Diskrete
Erkundigungen
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