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Die Tuer zur Zeit

Die Tuer zur Zeit

Titel: Die Tuer zur Zeit
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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geblieben, ohne zu
fallen. Es war
auf der anderen Seite
liegen geblieben.
    Also war das hier vor ihm gar kein Abgrund, sondern
nur ein Loch. Ein Loch, das den Korridor durchtrennte,
aber nicht länger sein konnte als ... Wie viel? Einen
Meter?

    Vielleicht auch weniger.
    Einen Augenblick lang glaubte Jason ein winziges Licht
zu sehen, einen schwachen Schimmer, der dort aufleuchtete, wohin er die kleine Tonkugel geworfen hatte.
    Ein Lichtsignal, das sich plötzlich entzündete und
gleich wieder erlöschte.
    Wie kann das sein?, fragte er sich.
    »Jason! Jason!«, rief Julia hinter ihm.
    Lichtjahre von ihm entfernt.
    Jason atmete tief aus. Ließ die Schachtel ins Leere fallen.
    Und sprang.
    Es war ein Sprung ins Leere, ins Nichts, ins Unbekannte.
    Jason sprang, weil er davon überzeugt war, dass es
richtig sei, es zu tun. Weil der Ausgang, für den sie sich
entschieden hatten, der Einzige war, der abwärtsführte.
Weil es der Einzige war, der sie nach unten bringen
konnte.
    Er sprang, weil er fand, dass man manchmal einfach
den Mut haben musste, und fertig, ohne eine andere
Gewissheit zu haben als die, dass man das Richtige
tat.
    Er sprang, weil er in sich Mut und Entschlossenheit
spürte.
    Jason landete völlig unerwartet auf massivem Gestein
und atmete erleichtert aus.

    Rick und Julia hatten das leise Klackern der aufschlagenden Tonkügelchen gehört, ohne zu begreifen, was da
vor sich ging.
    Jasons plötzliches Lachen kam für sie völlig überraschend.
    »Leute! Er ist ganz klein!«, rief er. »Das ist der kleinste
Abgrund, den es je gegeben hat.«
    »Jason?«
    »Ich bin drübergesprungen! Und er ist absolut lächerlich klein! Weniger als ein Meter. Ihr braucht euch nur
zum Rand vorzutasten und ein Bein auszustrecken. Rick?
Julia? Habt ihr mich gehört?«
    »Was soll das heißen, du bist gesprungen?«, schrie
Julia.
    »Ich habe vorher mit den Tonkügelchen getestet wie
breit das Loch ist. Und so ...«
    »Du bist verantwortungslos!«
    Jason antwortete seiner Schwester nicht. Es war nicht
leicht, die Losgelöstheit zu erklären, die er vor dem
Sprung empfunden hatte. Oder den Grund, aus dem er
die Schachtel mit den kleinen Tonkugeln ins Leere hatte
fallen lassen.
    »Ich habe es getan und fertig. Entschuldigt bitte.«
    »Dich entschuldigen? Ich ... ich ... Sobald Mama wieder
da ist, werde ich ...«
    Rick versuchte Julia zu beruhigen. Dann ging er vorsichtig zum Rand des Lochs und fragte Jason, ob es auf
der anderen Seite ebenfalls einen starken Luftzug gab.

    »Klasse!«
    Dann konzentrierte Rick sich, sprang und landete
neben Jason. Nach einigen missglückten Versuchen gelang
es ihm, die Kerzen anzuzünden. Ihr Licht genügte, damit
sie einander wieder sehen konnten: Jason und Rick auf
einer Seite, Julia auf der anderen.
    »Schau!«, rief Jason und deutete nach unten.
    Der »Abgrund« war eigentlich nur ein Graben, der früher durch so etwas wie eine Falltür überbrückt gewesen
sein musste, denn im Fels sah man noch die Überreste
einiger alter, verrosteter Scharniere.
    »Hier muss es einmal eine Abdeckung gegeben haben,
vielleicht ein Gitter«, vermutete Rick.
    Jason streckte Julia einen Arm entgegen. Sie ignorierte
das Angebot und machte, ohne nach unten zu schauen,
einen langen Schritt auf die andere Seite. »Na, dann los«,
sagte sie, nahm von Rick eine Kerze und ging voran.
    Schweigend legten sie ein Stück ihres Weges zurück,
bis der Gang plötzlich aufhörte.
    »Hier ist jetzt wohl endgültig Schluss«, stellte Julia
genervt fest.
    Sie befanden sich in einem schmucklosen, in den Fels
gehauenen Raum, aus dem es offenbar keinen Ausgang
gab. Ebenso wie im steinernen Zimmer bildeten aus Stein
gehauene Blöcke den Fußboden.

    »Ich glaube, hier hört alles auf«, meinte Julia und sah
sich um.
    Jason und Rick leuchteten Wände, Fußboden und
Decke des Raums sorgfältig mit ihren Kerzen ab. Sie
bemühten sich kein einziges Detail zu übersehen: Wer
auch immer diesen Raum geschaffen hatte, konnte dabei
die Absicht gehabt haben, eventuelle Besucher in die Irre
zu führen.
    »Oh nein!«, protestierte Julia nach der langwierigen,
aber ergebnislosen Untersuchung. »Ich kehre jetzt nicht
mehr um!«
    Sie stellte sich mitten in den Raum und sah sich alles
noch einmal gründlich an.
    »Es gibt wirklich keinen Ausgang«, murmelte Rick,
der die leicht gekrümmten Wände abtastete. Das Felsgestein schmiegte sich an die steinerne Rippe wie die
Planken eines Schiffsrumpfs an
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