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Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Christopher W. Gortner
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sein. Vielleicht würde sie nie begreifen, dass ich keinerlei Ansprüche auf den Thron erhob, obwohl in meinen Adern Tudor-Blut floss.
    Als hätte sie meine Gedanken gelesen, sagte Elizabeth: »Ihr seht gut aus. So schlank, und dazu Eure hellbraunen Augen und Euer Haar – von der gleichen Farbe wie Gerste … Kein Wunder, dass Ihr Jane irgendwie bekannt vorkamt. Ihr ähnelt meinem Bruder Edward, oder vielmehr dem Mann, zu dem er geworden wäre, hätte er nur lange genug gelebt.«
    Heftige Emotionen stiegen in mir auf.
    Doch gleichgültig, ob sie mich als Verwandten akzeptieren konnte oder nicht – ich hatte mich schon vorher dagegen entschieden, mich ihr zu diesem Zeitpunkt zu offenbaren. Ich musste mich erst noch in dieser meiner neuen Welt zurechtfinden. Unabhängig davon, wie offen ich mich Kate gegenüber verhielt – und ich war aufrichtig und wollte es bis zum Tode sein –, hatte ich keinen Zweifel daran, dass ich auch Elizabeth liebte. Wie auch nicht? Nur war ich nicht wie ein Dudley von einer irdischen Leidenschaft besessen, und darüber war ich froh. Elizabeth Tudor zu lieben, das würde in der Tat mehr erfordern, als man erwarten konnte zurückzubekommen. Bei ihr war man dazu verurteilt, in einem endlosen Schwebezustand zu verharren, etwas zu ersehnen, das niemals Wirklichkeit werden konnte. In dieser Hinsicht tat mir Lord Robert leid. Seine physischen Ketten würden nie dieselbe Kraft entfalten wie diejenigen, die sie um sein Herz geschmiedet hatte.
    »Wohin seid Ihr in Gedanken abgetrieben, Junker?«, hörte ich Elizabeth fragen.
    »Vergebt mir, Eure Hoheit, ich sinnierte soeben über all das, was jetzt ans Licht gekommen ist.«
    »Allerdings.« Sie musterte mich.
    Ich streifte mir den zu weiten Ring vom Finger. »Ich glaube, der gehört Euch. Lord Robert hat ihn mir in jener Nacht anvertraut, als er mich zu Euch schickte. Bestimmt wollte er, dass Ihr ihn bekommt.«
    Mit zitternder Hand griff sie danach. »Ihr habt viel damit riskiert, ihn mir zu überbringen. Manche würden vielleicht sogar sagen: zu viel.«
    »Manche vielleicht, Eure Hoheit.«
    »Aber nicht Ihr. War es das wert, all das, was jetzt ans Licht gekommen ist?« Sie wartete auf meine Antwort. Unterdessen verblasste alles Königliche an ihr. Sie wurde wieder zu dem, was sie im Grunde ihres Herzens war: eine schmerzlich junge Frau, verletzlich und unsicher.
    »Ja«, sagte ich, »jeden Augenblick. Ich würde alles sofort wieder aufs Spiel setzen, um Euch zu dienen.«
    Sie schenkte mir ein zittriges Lächeln. »Vielleicht werdet Ihr diese Worte eines Tages noch bedauern.« Sie öffnete die andere Hand, die bisher das Pergament umschlossen hatte. »Das ist die Aufforderung meiner Schwester, nach London zu kommen. Oder vielmehr die Aufforderung ihres neuen Lordkanzlers. Man erwartet von mir, dass ich zu ihrer Siegesfeier am Hof erscheine.«
    Sie verstummte. Als sie erneut das Wort an mich richtete, war es nur ein Flüstern. »Ich werde Eurer scharfen Augen bedürfen. Mary und ich … wir sind nicht so wie andere Schwestern. In unserer Vergangenheit hat es zu viel Schmerz gegeben, zu viel Verlust. Sie versteht es nicht zu vergessen, obwohl meine einzige Schuld nur darin besteht, dass ich die Tochter der Rivalin ihrer Mutter bin.«
    Ich wollte sie berühren. Doch das tat ich nicht. »Ich bin hier«, sagte ich. »Und auch andere stehen Euch zur Seite. Wir werden Schaden von Euch abwenden.«
    Sie nickte und steckte Roberts Ring unter ihr Mieder. Der Brief glitt ihr aus den Fingern und flatterte zu Boden. Schweigend saßen wir einen langen Moment da, bis sie mir einen Blick zuwarf und unvermittelt in glockenhelles Lachen ausbrach. »So düster! Sagt, könnt Ihr tanzen, Brendan Prescott?«
    Ich fuhr zusammen. »Tanzen? Nein. Das … das habe ich nie gelernt.«
    »Nie gelernt?« Sie sprang auf, und Urian hüpfte sofort um sie herum. »Da müssen wir Abhilfe schaffen. Wie wollt Ihr den Hof je genießen, geschweige denn dort erfolgreich bestehen, wenn Ihr nicht tanzen könnt? Das ist die Waffe der Wahl jedes gut betuchten Gentlemans. Auf der Tanzfläche ist viel mehr für die Rettung eines Königreichs getan worden als auf jedem Konzil oder Schlachtfeld!«
    Ich spürte, wie ich die Lippen zu einem schiefen Grinsen verzog, als ihr plötzliches Klatschen Kate und Peregrine herbeizauberte. Mein Verdacht, dass die zwei in der Nähe auf ihr Stichwort gelauert hatten, wurde durch die Laute in Kates Händen bestätigt. Auf Hochglanz herausgeputzt, war Peregrine
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