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Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Christopher W. Gortner
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Haut aussieht. Ich mag Euch vielleicht nicht mehr ganz taufrisch erscheinen, aber Ihr sollt wissen, dass ich verheiratet bin.«
    »Meine Kleider?«, stotterte ich. Als ich Mistress Ashley zuletzt gesehen hatte, hatten ihre Augen mich schier durchbohrt. Jetzt erkannte ich das gedrungene Schlachtschiff von damals angesichts der fröhlichen Stimme und der aufgeräumten Art kaum wieder.
    »Eure Kleider werden gerade gewaschen.« Schwungvoll zog sie das Tuch vom Tablett und enthüllte einen Teller voll mit frischem Brot, Käse, Obst und gepökeltem Fleisch. »Im Schrank liegen ein frisches Hemd, ein Wams und eine Hose für Euch bereit. Sie stammen von einem unserer Stallknechte, dessen Statur der Euren ähnelt. Nichts Modisches, aber fürs Erste seid Ihr versorgt, bis wir Euch später richtig ausgestattet haben.«
    Sie warf mir einen nüchternen Blick zu. »Ihr braucht Euch um nichts zu grämen. Mistress Stafford hat Eure Sachen im Futter des Wamses entdeckt und sicher verwahrt. Sie sammelt gerade Kräuter im Garten. Die Treppe hinunter, durch den Saal und hinter der Tür links. Ihr trefft sie dort auch dann noch an, wenn Ihr gegessen und Euch gewaschen habt.« Sie zögerte. »Ihr seid zu schmal für einen Bart. Im Zuber ist Wasser, und in der Schüssel liegt Laugenseife. Wir machen die Seife selbst. Sie braucht den Vergleich mit gekaufter nicht zu scheuen, vor allem nicht mit dem albernen parfümierten Zeug aus Frankreich, für das sie in London horrende Preise verlangen.«
    Sie marschierte zur Tür. Dort blieb sie abrupt stehen, als hätte sie etwas vergessen, und drehte sich zu mir um. Hektisch riss ich das zerknitterte Laken vom Bett und schlang es mir um die Hüften. Elizabeths Gouvernante schien das nicht wahrzunehmen. »Wir schulden Euch Dank«, ließ sie mich wissen. »Mistress Stafford hat uns erzählt, dass Ihr Ihrer Hoheit geholfen habt, Seine Majestät, ihren Bruder, zu besuchen, Gott sei seiner Seele gnädig. Und Euch hat sie es zu verdanken, dass sie danach den Klauen des Herzogs entronnen ist. Wärt Ihr nicht gewesen, wer weiß, was dann aus ihr geworden wäre. Northumberland hat ihr seit jeher nichts als Schaden zufügen wollen. Ich habe sie davor gewarnt, dieses Gut zu verlassen, aber sie hat einfach nicht auf mich gehört. Sie hört ja nie auf mich oder sonst wen. Sie hält sich für unbesiegbar. Das wird eines Tages ihr Untergang sein. Merkt Euch meine Worte.«
    Sie redete wie ein Wasserfall! Wer hätte das geahnt?
    Ich senkte den Kopf. »Es war mir eine Ehre, zu Diensten sein zu können.«
    »Ja, gut«, schnaubte sie. »Ihr zu dienen hat nichts Zauberhaftes – das werdet Ihr schon noch zu spüren bekommen. Und ich muss es wissen, denn ich bin bei ihr, seit sie ein Dreikäsehoch war. Streitsüchtig wie keine andere auf der Welt. Seit jeher war es immer sie, die ihren Kopf durchsetzen musste. Und trotzdem liebt ihr ganzer Hofstaat sie über alles. Sie hat eine ganz besondere Art, sich einem ins Herz zu stehlen. Dagegen kommt man einfach nicht an. Bevor du weißt, wie dir geschieht, hat sie dich um ihren hübschen Finger gewickelt.« Sie drohte mir schelmisch mit dem Zeigefinger. »Und gerade dann ist höchste Vorsicht angebracht. Sie kann gerissen sein wie eine Katze, wenn ihr danach ist.« Sie lächelte mich an. »Na gut, ich muss weiter. Im Moment werdet Ihr von allen beiden erwartet, und es fällt mir schwer zu entscheiden, welche von ihnen weniger hohe Ansprüche stellt. Wascht Euch gründlich. Ihre Hoheit hat eine Nase wie ein Bluthund. Es gibt nichts, was sie mehr hasst als Schweißgeruch oder zu viel Parfum.«
    Die Tür fiel zu. Mit Heißhunger machte ich mich über die Mahlzeit her. Nachdem ich mich satt gegessen hatte, wusch ich mich von oben bis unten und holte mir die frischen Kleider aus dem Schrank. Zu meiner Erleichterung befand sich dort auch meine Satteltasche. Vorsichtig zog ich das in Leder gebundene Buch heraus, dem die letzten Tage arg zugesetzt hatten. Sofort schlug ich die erste Seite auf, wo die mit blauer Tinte handgeschriebene Widmung stand, auch wenn sie mittlerweile verblasst war.
    Votre amie, Marie .
    Ich streichelte die geneigten Buchstaben, verfasst von einer geliebten Hand, die ich nie hatte spüren dürfen. Wehmütig legte ich den Band auf das Nachtkästchen. Später wollte ich Mistress Alice’ Lieblingspsalm lesen. Und in Erinnerungen schwelgen. In diesen Erinnerungen würde meine geliebte Alice immer eine Mistress sein, obwohl sie aufgrund ihrer Geburt Angehörige
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