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Die Treue Des Highlanders

Die Treue Des Highlanders

Titel: Die Treue Des Highlanders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michele
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keine gute Schwimmerin, tauchen konnte sie überhaupt nicht, und zum anderen war seit Annas Verschwinden über eine Stunde vergangen. Sollte sie tatsächlich noch irgendwo im See sein, dann war sie tot. Ruth schluckte, aber der Kloß in ihrem Hals wollte nicht schwinden. Sie war schuld am Tod eines Menschen! Sie ganz allein! Im Laufe der Jahre ihrer Arbeit als Psychologin hatte sie viele potenzielle Selbstmörder kennen gelernt und therapiert. Manchmal hatte die Therapie versagt, und Ruths Kenntnisse hatten nicht ausgereicht, einen Menschen davon abzuhalten, seinem Leben selbst ein Ende zu setzen. Aber nie zuvor hatte Ruth eine Patientin selbst an den Ort des Selbstmordes gefahren und ihr noch bei den Vorbereitungen geholfen, diesen letzten, endgültigen Schritt zu tun.
McLairn war längst abgefahren, als Ruth immer noch in ihrem Wagen saß, die Hände fest um das Lenkrad geklammert. Sie verstand nicht, wie es hatte geschehen können, dass Anna spurlos verschwunden war. Nur wenige Sekunden später waren die Taucher zur Stelle gewesen, und der See war nicht groß. Sie hätten Anna finden müssen! Niemals, das wurde Ruth mit aller Deutlichkeit bewusst, würde sie sich diese Schuld vergeben können. Ihr Blick fiel auf die beiden Briefe, die Anna auf dem Beifahrersitz hinterlassen hatte.
»Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie die Briefe meinen Eltern und Bruce Hardman zukommen lassen würden«, klangen Annas Worte in ihren Ohren. Ruth wusste, sie würde den dicken, an Annas Eltern gerichteten Brief nicht einfach in einen Postkasten werfen können. »Ich werde selbst in den Süden fahren«, sagte sie laut. »Es kann meine Schuld nicht schmälern, aber es ist das Mindeste, was ich tun kann.«
Ruth drehte den Schlüssel im Zündschloss, dann war es ihr, als säße Anna neben ihr, denn wieder meinte sie, ihre Stimme zu hören.
»Ruth, Sie versprechen, die Höhle aufzusuchen, ja?«
»Das ist verrückt! Völlig irrsinnig!«
Ruth stellte den Motor ab und stieg langsam aus. Sie wusste, es war dumm und sentimental, zu der Höhle aufzusteigen, auch wenn sie es Anna versprochen hatte. Trotzdem lenkte sie ihre Schritte über das mit Heidekraut bewachsene Moor in die Richtung, wo sie gemeinsam mit Anna erst vor zwei Stunden gewesen war. Ruths Schuldgefühle zwangen sie, die Höhle aufzusuchen, immerhin hatte sie es Anna versprochen, auch wenn es völliger Schwachsinn war, denn sie würde dort nichts, rein gar nichts vorfinden.
Natürlich hatte sich in der kleinen Höhle in zwei Stunden nichts verändert.
»Es ist das Dümmste, was du je in deinem Leben getan hast«, murmelte Ruth, während sie die Zweige auseinander bog, auf allen vieren durch die schmale Öffnung kroch, die Taschenlampe anknipste und zu dem Haufen Steinen robbte. Alles sah noch genauso aus wie vorhin, trotzdem räumte Ruth die Steine zur Seite, bis sie im Lichtkegel der Lampe die kleine Öffnung vor sich sah. Ruth hatte erwartet, diese genauso leer vorzufinden wie kurze Zeit zuvor, aber dann stockte ihr der Atem. »Das kann nicht sein!«
Ihre Stimme hallte von den Felswänden zurück, und zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte Ruth so etwas wie panische Angst, obwohl sie nicht bedroht wurde. In dem Spalt lag ein Päckchen, das vorhin noch nicht dort gewesen war. Mit zitternden Fingern zog Ruth es hervor und erkannte die Spezialfolie, die Anna in Inverness erstanden hatte. Es konnte nur eine Erklärung dafür geben – Anna musste die Folie vorhin hier versteckt haben, ohne dass Ruth es bemerkt hatte, obwohl sich Ruth sicher war, Anna keine Sekunde aus den Augen gelassen zu haben.
Ruth wusste nicht mehr genau, wie sie aus der Höhle gekommen war, in ihrem Kopf schwirrten tausend Gedanken. Ihr gesunder Menschenverstand sagte ihr, dass es unmöglich sein konnte, trotzdem hielt sie hier etwas in der Hand, das von niemand anderem als Anna stammen konnte.
Vor der Höhle setzte sich Ruth ungeachtet des feuchten Bodens ins Heidekraut, öffnete die Plastikfolie und rollte das Päckchen auf. Zum Vorschein kam ein Brief. Ruth erkannte sofort Annas Handschrift, ein Zweifel war nicht möglich. Das Papier fühlte sich seltsam an. Es war dicker als üblich, gelblich und an der Oberfläche rau, aber die Schrift war gut und klar zu erkennen. Ruth begann zu lesen:
    Meine liebe Ruth,
wenn Sie Ihrem Versprechen gefolgt sind und jetzt diese Zeilen lesen, dann sind nur wenige Minuten vergangen, seit wir uns getrennt haben. Tatsächlich sind aber für mich drei Jahre ins Land gegangen,

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