Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)
Autoren: Jocelyne Godard
Vom Netzwerk:
Vorfahren Visconti zusammen mit dessen beträchtlicher Hinterlassenschaft geerbt hatte, schienen sich alle in Luft aufzulösen.
    Eines Tages sprach dann ein bretonischer Edelmann, Pierre de Pontbriand, direkt aus Italien kommend bei der Königin vor und berichtete ihr, dass der König im Sterben liege und Marschall de Gié eine Verschwörung gegen sie anzettele – er versuche zu verhindern, dass die Bretonen ihr Herzogtum zurückerlangten. Er versicherte der erbleichten Herrscherin, dass kein Verlass auf die Bretagne sei.
    Pontbriand riet ihr, so schnell wie möglich mit den Habsburgern zu verhandeln, um das Eheversprechen zwischen ihrer Tochter Claude und dem jungen Karl V. zu bekräftigen.
    Schließlich erklärte er, dass die Bretonen nach ihrer Anwesenheit verlangten und dass sie besser heute als morgen vom französischen Hof fliehen müsse.
     
    Auf Château d’Amboise erwog Louise derweil die Vorteile eines vorzeitigen Ablebens des Königs von Frankreich. Dabei unterlief ihr dank Marschall de Gié allerdings auch nicht der kleinste Fauxpas.
    Er ließ die Comtesse nichts wissen, was sie oder womöglich auch noch ihren Sohn aus der Fassung bringen konnte, weil sie ihm vermutlich sofort von diesem Plan erzählt hätte, der noch gar nicht ausgereift war.
    De Gié fand keinen Schlaf mehr. Zum Kampf bereit ließ er sein Netz von Kundschaftern und Spitzeln auf Hochtouren arbeiten, vor allem seit er erfahren hatte, dass seine Rivalin, die Königin, Eheverhandlungen mit ausländischen Prinzen führte. Sollte der König sterben, würde sie ohne zu zögern ihre geliebte Bretagne wiedereingliedern, um dort zu herrschen und alles Vermögen, das sie in Frankreich erlangt hatte, dorthin mitzunehmen.
    Das war aber noch nicht alles! Für Anne de Bretagne stand an erster Stelle die Wiedereingliederung ihres Herzogtums; gleich an zweiter Stelle aber kam ihr Wunsch, ihre Tochter Claude mit dem jungen Habsburger-Prinzen zu verheiraten, dem zukünftigen Karl V.
    Der Gesundheitszustand des Königs besserte sich nicht, im Gegenteil wurden immer mehr Gerüchte laut, er hätte nur noch wenige Wochen zu leben. So kam es, dass von zwei verschiedenen Seiten, in Blois und in Amboise, sorgsam geknüpfte Netze gespannt wurden.
    Leider ahnte Gié die Falle nicht, die ihm Königin Anne stellte. Mit Unterstützung des Comte de Pontbriand und ihrer übrigen Getreuen lockte sie ihn in einen Hinterhalt – sie tat so, als wollte sie überstürzt nach Nantes aufbrechen.
    Während sie angeblich mit eiligen Reisevorbereitungen beschäftigt war, verstärkte de Gié seine Sicherheitsvorkehrungen rund um Amboise, um den jungen François vor einem möglichen Angriff zu schützen. Voller Elan brachte er seine Artillerieoffiziere und seine besten Hakenbüchsenschützen entlang der Loire zwischen Tours und Saumur in Stellung, damit die Königin nicht über Angers hinaus fliehen konnte.
    Gié ahnte nicht im Entferntesten, dass ihn Pontbriand verraten hatte, und konnte weder die Nachteile eines möglichen Scheiterns ermessen noch die große Zahl verhängnisvoller Emporkömmlinge,
die ihm schaden wollten. Als echter Eroberer erwog er bereits die Vorteile, die er aus dieser scheinbar glücklichen Fügung ziehen wollte. Obwohl das Risiko beträchtlich war, auch wenn er es auf die leichte Schulter nahm, war es doch nicht weniger verlockend. Hatte er Pontbriand etwa nicht versprochen, er könnte ebenfalls von der Geschichte profitieren? Hatte er nicht versucht, ihn mit allen Mitteln zu bestechen, ihm sogar einen verantwortungsvollen Posten zugesichert für den Fall, dass François de Valois erst einmal Thronerbe war?
    Jedenfalls gehörte es nicht zu Marschall de Giés Stärken, eine Situation von allen Seiten abzuwägen. Was hätte er auch sonst denken sollen, als alle Gerüchte den nahen Tod Ludwigs XII. ankündigten? Die Sänfte mit dem kranken König, der jeden Tag sein Leben aushauchen konnte, näherte sich Blois. Da der König im Koma lag, wusste er auch nichts von der überstürzten Abreise seiner Frau und Tochter nach Nantes.
    Louise wartete im Hintergrund, wie eine Wildkatze lag sie auf der Lauer, bereit, sich die Beute zu holen.
    Als Marschall de Gié die Flotte auf der Loire unter seine Kontrolle brachte, ahnte er wohl noch immer nicht, wie viele Feinde er hatte. Alle Schiffe, die flussabwärts fuhren, wurden inspiziert und gründlich durchsucht.
    Alle Straßen und Wege ließ er überwachen, weil jeder noch so schmale Pfad Richtung Bretagne der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher