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Die Toteninsel

Die Toteninsel

Titel: Die Toteninsel
Autoren: Hubert Haensel
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seine Zunge sich vollends.
    »Seit gestern vernehme ich die Schreie der Dämonenvögel. Sie jagen euch.« Das war mehr eine Feststellung denn Frage. Cronim kicherte leise vor sich hin.
    »Unsere Fliegende Stadt liegt in einer Bucht fest, während auf der offenen See die Dämonenpriester ihre Flotte zusammenziehen und Meeresungeheuer auf Beute lauern.«
    » Carlumen « , sagte der Totenwächter. »Ich habe davon gehört, aber das ist sehr lange her. Ich kann mich nicht einmal mehr daran erinnern, wann.
    Doch selbst die Mächte der Finsternis bleiben der Toteninsel fern, weil sie für die Tatasen ein geheiligter Ort ist. Ihr seid hier in Sicherheit.«
    »Erzähle uns mehr über die Geschichte der Königsfamilie von Tata«, verlangte Fronja.
    Cronim schenkte ihr ein dankbares Lächeln.
    »Die ersten Könige haben sich vor langer Zeit mit den Inseln des Ostens verbündet; irgendwann wurde ihnen aber das Ostreich zu groß und mächtig, daß sie es vorzogen, sich abzusondern. Vermutlich aus Furcht davor, ihre Macht zu verlieren – wer vermag das heute noch zu sagen.
    Zum endgültigen Bruch kam es unter König Urus zu Beginn der letzten sieben Heptaden, die nunmehr fast zu Ende sind. Um sich gegen den Osten zu schützen, ließ Urus von seinen Wettermachern ein Nebelfeld um Tata errichten. Leider erwies sich das als zweischneidige Waffe, mit der er den Tatasen einen schlechten Dienst tat. Denn unser Volk, abgeschnitten von allen anderen, wurde zur leichten Beute der Dunkelmächte.
    Inzwischen ist Tata längst in Vergessenheit geraten oder gilt im Osten als versunkenes Land. Der Dämonenkult steht in voller Blüte, seit Anhänger des Dämons Catrox, siebenmal sei er verflucht, vor zwanzig Jahren mit der Errichtung eines riesigen Bauwerks begannen. Es ist das Dämonentor, durch das nach Ablauf des Letzten Jahres die Heere der Finsternis in Tata einfallen werden.«
    »Bis dahin wären es nur noch wenige Monde«, warf Mythor ein. »Bist du dir dessen völlig sicher?« Er dachte an das, was auch Tobar gesagt hätte.
    »Ich vermute es«, erwiderte der Totenwächter zögernd. »Jeder spricht davon, daß die Zeit gekommen ist.«
    »Gibt es eine Prophezeiung, wer der Letzte des Königsgeschlechts sein soll?«
    Cronim schüttelte den Kopf.
    »König Urus wurde ein Opfer von Catrox, der dessen alten Körper bis heute am Leben erhält und mit ihm regiert. Auch wenn viele es nicht wahrhaben wollen, Urus ist nur eine Marionette des Dämons.
    Aber er hat einen Sohn hinterlassen. Taremus, damals erst 18 Lenze jung, widersetzte sich den Finstermächten. Leider war die Zeit nicht reif, und sein Widerstand konnte nicht von Dauer sein. Taremus ist auf der Toteninsel beigesetzt.«
    »Dann«, sagte Gerrek, »wird von ihm kein Umschwung mehr ausgehen.«
    Cronim lächelte vielsagend.
    »Da ist etwas, was ihr wissen sollt – vielleicht hilft es euch, manches zu verstehen. Bitte begleitet mich zu Taremus’ Mausoleum.«

8.
    Es war das prunkvollste Gebäude von allen, und es stand ein wenig abseits inmitten eines herrlichen Hains. Trotz der herrschenden Kälte des Winterbeginns blühten etliche Blumen ringsum.
    Der Totenwächter bemerkte die erstaunten, fragenden Blicke seiner Begleiter.
    »Es bedarf ausdauernder Pflege, den Hain so zu erhalten«, sagte Cronim.
    Die Bauweise von Taremus’ Mausoleum war dieselbe wie die der anderen. Unterschiede wurden erst offenbar, nachdem sie das Bauwerk betreten hatten.
    Der Gang erstrahlte in hellem Schein. Als Gerrek einen der Steine berührte, durchflutete wohlige Wärme seine Finger.
    Auch hier wieder Grabbeigaben in Hülle und Fülle. Nur eines fehlte.
    »Wo ist der Thron?« wollte Mythor wissen.
    »Taremus war noch nicht König von Tata«, antwortete Cronim. »Ihm steht nicht das Recht zu, sitzend einbalsamiert zu werden. Erst wenn er einmal die Königswürde erlangt…«
    »Der Alte redet, als würde Taremus jeden Moment auferstehen«, flüsterte Gerrek.
    Ein Sarkophag stand in der Mitte des Raumes. Auffällig war, daß die Füße gen Osten zeigten.
    »Nach allem, was er uns über die Bestattung der Könige und ihrer Familien erzählt hat, ist das zumindest ungewöhnlich«, bemerkte Fronja. »Alles deutet darauf hin, daß die Rückkehr des Prinzen erwartet wird.«
    Der Totenwächter hatte ihrer kurzen Unterhaltung nicht beigewohnt, sondern aus verschiedenen Flüssigkeiten eine Mixtur zusammengebraut, die er nun Gerrek in einem silbernen Pokal unter die Nüstern hielt.
    »Nimm das«, sagte er. »Aber
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