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Die Totenfalle

Die Totenfalle

Titel: Die Totenfalle
Autoren: Jason Dark
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hätte sich sogar über das Kompliment gefreut und einen Flirt angefangen, doch heute war einfach nicht ihr Tag.
    Da braute sich etwas zusammen, und sie war sicher, daß sie nicht die relative Ruhe des letzten Tages finden würde. Die Wolken waren dichter geworden, die Bedrohung hatte zugenommen.
    Hin und wieder trank sie einen Schluck Wein. Er war besser, als sie angenommen hatte. Kaum Süße, was sie sehr mochte. Kühl rann er die Kehle hinab, und als der Salat kam, bestellte sie ein zweites Glas. Auch das Essen sah gut aus. Der Salat verschwand nicht unter einer dicken Soße, auch die dünn geschnittenen Fleischscheiben sahen appetitlich aus, und sie schmeckten ihr zusammen mit dem Salat köstlich.
    Eigentlich hätte es ihr gutgehen können, aber es ging ihr nicht gut. Schon nach wenigen Bissen hatte sie das Gefühl, als würde das, was sie soeben geschluckt hatte, wieder hochkommen. Sie mußte sich zwingen, weiter zu essen, deshalb trank sie wieder einen Schluck Wein, damit das Essen auch rutschte.
    Das Lokal lag in einer belebten Gegend. Nicht nur auf der Straße herrschte Betrieb, auch auf dem Gehsteig. Zumeist passierten die Menschen in Gruppen das Fenster, schauten kurz hinein, gingen dann weiter, und es kamen kaum neue Gäste.
    Gedankenverloren schaute die Frau aus dem Fenster. Sie sah die Passanten und nahm sie doch nicht richtig wahr, weil sie mit den Gedanken und Erinnerungen ganz woanders war.
    Die Vergangenheit ließ sie einfach nicht los. Immer wieder holte sie sie ein, und der Druck in ihrem Magen ließ nicht nach. Dann sah sie die Frau.
    Sie kam von der anderen Seite der Straße, um die Fahrbahn zu überqueren. Sie ging langsam, sie kümmerte sich nicht um die Wagen, und sie hätte eigentlich mehrmals überfahren werden müssen, aber das trat nicht ein.
    Sie ging einfach weiter. Ein Windstoß erwischte sie, er ließ das Tuch um ihren Kopf flattern, ohne es jedoch wegzuwehen.
    Ein grauer Mantel bedeckte die Gestalt. Er war weit geschnitten, und Yvonne Terry dachte daran, daß auch die verstorbene Tabitha Leroi einen derartigen Mantel getragen hatte.
    Moment mal…
    Sie versteifte für einen ihr sehr lang vorkommenden Augenblick. Dann rutschte ihr plötzlich das Besteck aus der Hand. Messer und Gabel klirrten auf den Tellerrand, was aber nicht zu hören war, weil dieses Geräusch in der Musik unterging.
    Diese Person sah nicht nur so aus wie Tabitha Leroi, es war Tabitha, und daran gab es keinen Zweifel.
    Yvonne konnte den Blick nicht wenden. Sie sah nur dieses Wesen, das die Fahrbahn beinahe überquert hatte und nun den Gehsteig erreichte, ohne daß es von einem Fahrzeug erfaßt worden war. Es ging noch weiter, bis es die Scheibe erreichte, davor stehenblieb und in das Lokal hineinlächelte.
    Dieses Lächeln aber galt nur ihr.
    Yvonne saß wie versteinert auf ihrem Hocker. Ihr war kalt und heiß geworden, die Hitzewellen lösten sich mit den Kälteschauern ab, und sie konnte nicht mehr denken.
    Sie schaute nur.
    Tabitha hob die Hand.
    Dann lächelte sie.
    Yvonne bekam das Lächeln sehr genau mit, und sie stellte fest, daß es grausam, böse und gemein war. Das Lächeln einer Toten, ein bleckendes und wissendes Grinsen, als wäre diese Person davon überzeugt, einen anderen Menschen sehr bald in ihr feuchtes Grab holen zu können.
    »Nein… nein… du bist tot«, keuchte Yvonne. »Du kannst es nicht sein, die da steht. Du… du liegst in der Erde…« Sie rang nach Atem, und dann schrie sie.
    »Du bist doch tot!«
    Die Worte gellten durch das Lokal. Diesmal nicht von der Musik verschluckt, und wenige Augenblicke später hatten sich alle Gäste gedreht und schauten auf Yvonne.
    Die schwankte, als stünde sie auf einem Floß.
    »Los hin!« Der Besitzer reagierte als erster und schickte seinen Kellner los, der hinter der Theke hervorwieselte und auf die schwankende Gestalt zulief.
    Er kam wirklich im letzten Augenblick. Für Yvonne war die Realität nicht mehr vorhanden, sie verschwamm in einem wahren Nebel, und sie fühlte sich plötzlich so leicht und unbeschwert, als wäre sie aus dieser normalen Welt hervorgerissen worden. Alles war vor ihren Augen verschwunden, auch die Gestalt ihrer ehemaligen Chefin, sie sah gar nichts mehr. Kalter Dunst umwallte sie, und sie hatte das Gefühl, als wären schleimige oder schlierenartige Finger dabei, sie zu umfassen, um sie zu entführen.
    Sie blieb auf den Beinen. Die Finger veränderten sich zu Krallen, und plötzlich war da eine Stimme, die sich flüsternd in
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