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Die Toten Vom Karst

Die Toten Vom Karst

Titel: Die Toten Vom Karst
Autoren: Veit Heinichen
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und starrte mit dem leeren Blick einer Toten an die Decke, aber sie atmete. Eine seltsame Trinität.
    »Durchsuchen«, rief Sgubin.
    Die beiden Beamten staksten über die Körper, inspizierten den Rest der Wohnung und gaben Entwarnung, nachdem sie festgestellt hatten, daß niemand hinter den Türen lauerte und keiner sich durch die Fenster davon gemacht haben konnte. Sgubin forderte über Funk Ambulanzen an. Sie waren kaum mehr als einen Steinwurf vom Ospedale Maggiore entfernt. Man hätte die drei Personen beinahe hinübertragen können.
    »Sie atmet«, sagte Laurenti, der über Nicoletta kniete und sein Ohr ganz nahe an ihr Gesicht hielt. Dann schaute er nach Gubian.
    Das Messer in seinem Rücken hatte eine lange und feine Klinge, aber nach allem was er erkennen konnte, steckte sie nur zwei Fingerbreit unterhalb des Schulterblatts des Alten und konnte keine tödliche Verletzung verursacht haben. Doch warum gab er keinen Laut von sich? Diese Verwundung konnte ihn wohl nicht einmal in Ohnmacht geschickt haben. Laurenti beugte sich tiefer zu ihm herab. Er mußte sich mit der Hand abstützen und traf auf Marios Brustkorb. Dem halbgeöffneten Mund entfuhr ein rülpsendes Röcheln. Mario zuckte, schüttelte zweimal den Kopf und tastete nach Halt.
    Das Messer fiel ihm aus der Hand und er versuchte, sich mit beiden Händen aufzustützen und auf die Beine zu kommen. Sein rechter Unterschenkel legte sich schwer über Nicolettas Kehle. Sanfter, als irgend jemand es aus Nicolettas Mund je erwartet hätte, stöhnte sie, dann zeichnete ein Lächeln ihre Mundwinkel. Mario versuchte, auf die Beine zu kommen, und Laurenti sprang auf, wich zurück. Unsicher stützte der Fischer sich an der Wand ab, seine Pupillen suchten wirr nach Halt und fanden ihn schließlich an Nicolettas Anblick. Er schnaubte und schüttelte den Kopf, als versuchte er, eine Halluzination abzuschütteln. Noch bevor er ganz bei sich war, schlossen sich die Stahlfesseln mit einem stumpfen Klicken auf seinem Rücken. Sgubin hielt ihn fest.
    »Aber«, Mario drehte sich abrupt herum und versuchte zu begreifen, »aber … Warum ich? Warum fesseln Sie mich? Ich habe sie doch nur gerettet.« Dann schüttelte er wieder, wie ein nasser Hund, heftig den Kopf.
    »Bringt ihn weg«, befahl Laurenti.
    »Nein!« lallte Mario. »Was ist mit Bruna? Wo ist sie?«
    »Weg mit ihm!« Laurenti schob sich an ihm vorbei.
    Nicoletta stöhnte. Laurenti bückte sich wieder zu ihr hinab und sah sie zum zweiten Mal in dieser Woche aus einer Ohnmacht erwachen. Sie hob ächzend den Kopf, dann erkannte sie Laurenti.
    »Bleiben Sie liegen«, sagte Laurenti so sanft er konnte, doch sie war schon halb auf den Beinen und blitzte ihn wütend an.
    »Was ist passiert?« fragte Nicoletta.
    »Das muß ich Sie fragen! Kommen Sie ins Treppenhaus. Setzen Sie sich auf eine der Stufen. Gleich kommt ein Arzt. Fehlt Ihnen was?«
    »Lassen Sie mich ich in Ruhe! Wo ist meine Mutter!« Sie versuchte Laurenti zur Seite zu schieben.
    »Keine Sorge! Ihr geht es soweit gut. Was war los?«
    »Ich muß ohnmächtig geworden sein.« Dann sah sie Bruna, die, noch immer am ganzen Leib zitternd und vor sich hinstammelnd, auf der Treppe kauerte und nicht wahrzunehmen schien, was um sie herum vorging. »Mamma? Was hast du?« Nicoletta nahm sie in den Arm. »Komm, wir gehen in die Wohnung. Ich bringe dich hinunter.«
    Bruna schüttelte unablässig den Kopf und murmelte unverständliche Brocken vor sich hin. Nicoletta hakte sie unter und zog sie auf die Beine, dann führte sie ihre zitternde Mutter langsam die Treppe hinab. Dem betrunkenen Griechen, der wie angewurzelt zwei Stufen tiefer stand, versetzte sie einen herben Stoß.
    »Mach Platz, du Idiot«, fauchte Nicoletta.
    Sgubin folgte ihnen.
     
    *
    Man hatte Galvano nach Laurentis Anweisung auf dem Mobiltelefon angerufen und ihm den Aperitif mit Živa Ravno versaut. Der Gerichtsmediziner hatte schon darauf spekuliert, die schöne Kroatin den ganzen Abend für sich zu haben, weil er hoffte, daß die Verhöre und der anschließende Papierkram Laurenti bis in die Nacht im Büro halten würde. Doch daraus wurde nichts.
    Zuerst hatte Gubian eine ärztliche Untersuchung stur verweigert und steif und fest behauptet, es sei nicht der Rede wert. Er wollte nicht, daß man ihn gegen seinen Willen ins Krankenhaus brachte. Er blickte starr vor sich hin und auf Laurentis Befragungen antwortete er nur langsam und ohne den Blick zu heben. Er habe nur mit Bruna sprechen wollen, weil er von
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