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Die Toten schweigen nicht: Thriller (German Edition)

Die Toten schweigen nicht: Thriller (German Edition)

Titel: Die Toten schweigen nicht: Thriller (German Edition)
Autoren: Paul Cleave
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nächsten beiden Anrufer sind zwei Reporter. Mir war klar, dass mich einige von ihnen beim Wegfahren erkannt haben. Journalisten sind eben auf Zack. Meine besten Zeiten liegen sehr viel länger zurück als die Nachrichten von gestern, doch diese Typen haben ein gutes Gedächtnis. Ich lege auf, bevor sie mit ihrer Fragerei fertig sind.
    Dann ruft meine Mutter an und berichtet mir, dass sie mich im Fernsehen gesehen hat, wie ich im Heck eines Rettungswagens hocke; sie will wissen, was passiert ist. Offensichtlich hat die Polizei den Friedhof nicht so gut abgesperrt wie gedacht. Ich erzähle meiner Mutter, dass ich in einen See gefallen bin, mehr nicht, und dass noch alles an mir dran ist. Sie meint, ich müsse vorsichtig sein und solle nicht in voller Montur schwimmen gehen, und dass sie und Dad sich Sorgen machen. Bridget, meine Frau, erklärt sie, mache sich ebenfalls Sorgen.
    Kaum habe ich es geschafft aufzulegen, klingelt erneut das Telefon, und ein weiterer Reporter fragt mich, ob ich inzwischen wieder für die Stadt arbeite. Daraufhin beschließe ich, mein Telefon auszuschalten; eine kluge Entscheidung, jedenfalls besser, als mein Fenster runterzukurbeln und es in den Regen hinauszuwerfen.
    Ich lege beide Hände ans Lenkrad und denke über die drei Leichen nach; ich frage mich, ob es noch weitere gibt. Ich fange an, die verschiedenen Möglichkeiten durchzuspielen, doch schon bald muss ich mich statt auf die Leichen darauf konzentrieren, nicht selbst eine zu werden. Mehrere Geländewagen blockieren die Kreuzungen, und der Verkehr gerät ins Stocken.
    Mein Büro liegt in der Stadt; in einem Gebäudekomplex mit hundert weiteren Büros, hauptsächlich Anwaltskanzleien und Versicherungen, von denen ich die meisten meiner Aufträge kriege. Mit der Beschattung untreuer Ehemänner und dem Fotografieren von Versicherungsbetrügern verdiene ich meine Miete, und manchmal reicht es sogar fürs Essen. Mittlerweile grabe ich auch Särge aus und gehe mit Leichen baden; die Bezahlung ist dieselbe. Ich parke auf meiner Stellfläche hinter dem Gebäude und marschiere, immer noch durchnässt und ohne Schuhe, ins Gebäude, zu den Aufzügen, und fahre acht Stockwerke gen Himmel.
    Da die meisten meiner Kunden im selben Gebäude sitzen und alle anderen Aufträge übers Telefon oder persönlich abgewickelt werden, komme und gehe ich, wie es mir passt, während mein Anrufbeantworter für mich die Sekretärin spielt. Meine Computerkenntnisse reichen aus, um die Berichte selber zu tippen; und ich weiß, wie man Akten anlegt und Kaffee kocht. Einmal im Monat schaut ein Mädchen vorbei und wirbelt mit Staubsauger und Putztuch herum, doch die restliche Zeit mache ich selber sauber. Privatdetektive, die mit Filzhut und Zigarette in einem schuhkartongroßen Büro hocken, existieren heutzutage nur noch in der Fantasie von Drehbuchautoren. In meinem Büro gibt es hübsche Bilder, hübsche Pflanzen und einen hübschen Teppich, lauter hübsche Dinge. Ja, es ist so hübsch, dass ich es mir kaum leisten kann.
    Ich schließe meine Bürotür auf und schalte das Licht an. Das Zimmer ist warm, und in der Luft liegt der Duft von meinem Frühstückskaffee, wahrscheinlich weil ich die Hälfte davon aus Versehen über meinen Schreibtisch geschüttet habe. Der Geruch versetzt mir einen kleinen Energiestoß. Der Raum selbst ist nicht groß, und mein Schreibtisch nimmt ein Viertel der Fläche ein; von meinem Platz aus habe ich einen Blick auf Christchurch, der mich manchmal beflügelt und manchmal deprimiert. Auf einem Ständer vor der gegenüberliegenden Wand steht ein Whiteboard, auf das ich meine Ideen kritzle, wenn ich versuche, die losen Enden eines Falls miteinander zu verbinden. Die Teppiche sind in Beige- und Grautönen gehalten, deren Namen wie Kaffeesorten klingen. Auf meinem Schreibtisch, zwischen einem Stapel Aktenordner und einem Packen unerledigter Notizen, steht ein Computer.
    Ich werfe einen Blick auf die Stadt. Doch die Aussicht versetzt mich nicht in die nötige nostalgische Stimmung, um wieder nach unten zu fahren und zu sehen, was ich versäume. Ich fange an, mit meinem Handy herumzuspielen, und kaum schalte ich es wieder ein, fängt es an zu klingeln. Ich nehme den Akku heraus und lege beide Teile zum Trocknen unter die Lampe.
    Dann gehe ich in das kleine Badezimmer, das ebenfalls zu meinem Büro gehört, und mache mich frisch. An der Rückseite der Tür hängt Ersatzkleidung, für den Tag, an dem ich in einen See falle oder eine Kugel in
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