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Die Tote

Die Tote

Titel: Die Tote
Autoren: Marion
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totes Neugeborenes. In diesem Fall führten nicht alle Wege nach Rom, sondern zum Jugendamt. Und du warst mit einer dunkelhaarigen gut aussehenden Frau gesehen worden. Und dann kam eine  SMS  von dir aus Köln.«
    »Aus Köln? Von mir?«
    »Ja, jetzt weiß ich auch, dass die Typen uns an der Nase herumgeführt haben. Wir haben dich in Köln suchen lassen, weil auch dein Wagen da aufgetaucht war.«
    »Mein Wagen ist in Köln?«
    »Ja, ich denke, Frau Meiler hat sich dein Handy und dein Auto ausgeliehen, ist damit nach Köln gefahren und hat uns auf eine falsche Fährte gelockt. Jedenfalls«, sie machte eine Pause und sah ihn spitzbübisch an, »hatte ich am Anfang gedacht, du wärst auf und davon mit dieser Frau.«
    »Das sieht dir ähnlich«, unterbrach sie Bergheim.
    »Bis ich dann endlich Verdacht schöpfte«, fuhr Charlotte ungerührt fort, »und die Ermittlungen eingeleitet habe. Die haben ja dann leider etwas länger gedauert, weil wir zu vernagelt gewesen waren. Aber als ich vorgestern Vormittag beim Jugendamt war, stand sie da. Eine gut aussehende Frau mit langen dunklen Haaren, die bei der Adoptionsvermittlungsstelle arbeitete und obendrein am Samstag in Köln gewesen war. Das hatte ich nur zufällig aufgeschnappt, als sie sich mit einer Kollegin unterhielt. Ich hab auch nicht sofort geschaltet, erst ein paar Stunden später, aber dann ist irgendwie alles an seinen Platz gerutscht. Ich wusste nicht genau, wie sich die Dinge verhielten, aber ich war mir sicher, dass die Frau irgendwie mit drinhängen musste. Dann habe ich Thorsten überredet, sie mit mir zu beschatten, und voilà. Sie führt uns zuerst zu Lauenheims Wohnung und dann in die Heide, wo du dich mit einem Bösewicht prügelst und ein junges Ding im Nachthemd und komischen Bandagen an den Füßen schlotternd hinter einer Birke steht. Die übrigens als Deckung völlig ungeeignet war.«
    Er küsste ihre Hand. »Ein bisschen schneller hättest du schon denken können.«
    Sie ging ganz nah an sein Gesicht. »Sei nicht so frech, mein Liebling«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Denke dran, du musst still liegen. Was ich da alles mit dir anstellen kann.«
    »Heute nicht«, gab er schläfrig zurück, »ich hab Kopfschmerzen.«
    Charlotte lachte leise. »Ich liebe dich.«
    »Ich liebe dich auch.«
    In diesem Moment ging die Tür auf, und Jan trat ins Zimmer.
    »Na, das passt ja wunderbar.« Charlotte küsste Bergheim auf den Mund und überließ Vater und Sohn ihrer schwerfälligen Konversation.
    Wenige Minuten später ging sie mit Sabrina in den Außenanlagen der  MHH  spazieren. Die sommerlichen Temperaturen hatten sich gehalten, aber der Himmel war wolkenverhangen. Es würde heute bestimmt noch regnen. Aber Charlotte war das ausnahmsweise egal, ihr war im Moment jedes Wetter recht. Rüdiger war wieder da. Wenn auch noch etwas angeschlagen, aber er würde wieder gesund werden, was interessierte es sie, ob es regnete oder die Sonne schien.
    Sabrina Hartmann zog trotz der Wärme den Kragen ihres Bademantels enger. Charlotte betrachtete die abgenagten Fingerkuppen des Mädchens und bekam eine Gänsehaut. Was trieb Menschen nur dazu, sich so zu verletzen?
    »Wir setzen große Hoffnung auf Ihre Aussage, wissen Sie das?«, begann Charlotte.
    Das Mädchen blickte auf ihre Krankenhausschlappen und antwortete nicht. Dann hielt sie an und blickte Charlotte offen an. »Wissen Sie, wo mein Kind ist?«
    Charlotte schluckte. Konnte sie ihr sagen, dass es vermutlich tot war? Nach ihrer Einschätzung war das Mädchen psychisch so labil, dass sie nicht wusste, wie es so eine Nachricht aufnehmen würde.
    »Wir wissen es nicht«, antwortete sie, und das stimmte ja auch.
    »Es ist tot, nicht wahr?«, sagte das Mädchen. »Ich spüre es irgendwie.«
    »Es ist möglich«, erwiderte Charlotte wahrheitsgemäß. »Wir haben einen toten Säugling gefunden. Man hat ihm wohl zu starke Beruhigungsmittel verabreicht. Aber noch wissen wir nicht sicher, ob es Ihr Kind ist. Wir warten noch auf das Ergebnis des  DNA -Tests.«
    »Es ist mein Junge. Ich weiß es. Er hat immer so viel geschrien, und sie hatten Angst, dass er sie verraten würde. Da haben sie ihn ruhiggestellt. Und dann war er weg, aber ich wollte ihn wiederhaben. Wollte ihn behalten. Sie haben gesagt, er wäre gut untergebracht und ich wäre nicht in der Verfassung, mich um ihn zu kümmern. Das Jugendamt würde ihn mir sowieso wegnehmen.«
    Sie gingen langsam weiter.
    »Stimmt das?«, wollte sie wissen. »Würde das
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