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Die Tote von Buckingham Palace

Die Tote von Buckingham Palace

Titel: Die Tote von Buckingham Palace
Autoren: Anne Perry
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Beamten sowie weitere Männer von den beiden benachbarten Wachen. Die ganze Nacht hindurch versuchten sie durch Fragen und Nachforschungen festzustellen, ob genau dies Fuhrwerk von der Bessborough Street aus zum Buckingham-Palast gefahren war. Im Morgengrauen wussten sie es.
    Pitt und Narraway standen vor dem schmiedeeisernen Gitter des Palastes, in dessen vergoldeten Spitzen sich das erste Licht des Tages brach, während der Wind durch das Laub auf den Wegen fuhr. Pitts Glieder schmerzten vor Müdigkeit, und seine Augen brannten.

    Eine berittene Palastwache kam in makellosen Uniformen aus dem Hof. Zaumzeug und Sporen blitzten im heller werdenden Tageslicht, die Hufe schlugen hart auf den Boden. Das Ganze wirkte wie der Auftritt einer Kavallerie-Einheit aus einem Traum, in dem es um Ruhm und Ehre ging. War auch die Kap-Kairo-Bahn ein solcher Traum, bei dem es um Ruhm und Ehre ging? Oder handelte es sich einfach um ein Unternehmen, bei dem das Weltreich ohne Rücksicht auf weniger entwickelte Völker seine selbstsüchtigen Ziele verfolgte? Wer hatte recht, Cahoon Dunkeld oder Julius Sorokine?
    Inzwischen war sich Pitt seiner Sache sicher: Der Fuhrmann hatte eine Prostituierte getötet, weil er den Kronprinzen mithilfe der Leiche dazu bringen wollte, dass er das Projekt rückhaltlos unterstützte und dafür seinen guten Namen verpfändete.
    »Wo mag er von hier aus hingefahren sein?«, fragte er.
    Narraway zwang seine Gedanken in die Gegenwart zurück. Scharfe Falten der Erschöpfung zeichneten sein Gesicht, seine Augen lagen noch tiefer in ihren Höhlen als ohnehin schon. Es kostete ihn unübersehbar große Mühe, sich zu konzentrieren. »Es muss mitten in der Nacht gewesen sein«, sagte er. »Aber vielleicht sind auch jetzt einige derselben Leute unterwegs. Am besten fangen wir an, sie zu fragen.«
    Pitt nickte und ging über die Straße zur nächsten Schildwache. Er erkundigte sich, ob der Mann zu der bewussten Zeit Dienst gehabt hatte.
    Dieser sah ihn weder an, noch gab er eine Antwort. Dann fiel Pitt ein, dass die Schildwachen nicht sprechen durften. Sie lernten in ihrer Ausbildung, alles zu ignorieren, wovon keine wirkliche Gefahr ausging. Er wandte sich zu Narraway um und sah auf dessen Gesicht ein breites Lächeln.
    »Na schön«, sagte Pitt kopfschüttelnd. »Dann fragen Sie ihn.«
    Narraway zeigte seinen Dienstausweis, der dem Mann bestätigte, dass er den Leiter des Staatsschutzes vor sich hatte. Nach kurzem Nachdenken antwortete der Mann, dass er Dienst gehabt habe.

    Narraway fragte ihn, ob er den Fuhrmann gesehen habe und in welche Richtung dieser davongefahren sei.
    »Nach rechts, die Buckingham Palace Road entlang, Sir«, kam die Antwort ohne das geringste Zögern.
    Narraway dankte ihm, dann machten er und Pitt sich auf den Weg, hungrig und mit schmerzenden Füßen. Nachdem sie bei einem Straßenverkäufer ein belegtes Brot gekauft und bei einer Gruppe von Droschkenkutschern, die sich an der Ecke Grosvenor Gardens Buckingham Palace Road um eine Kohlenpfanne herum aufwärmten, eine Tasse heißen Tee getrunken und einem einarmigen Veteranen ein Trinkgeld gegeben hatten, wussten sie, dass der Fuhrmann zumindest bis dahin gekommen war.
    Sie erkundigten sich nacheinander, in Richtung Pimlico, Chelsea Bridge und Belgrave Square – niemand hatte ihn gesehen.
    »Wahrscheinlich haben die alle noch im Bett gelegen«, sagte Narraway kläglich. »Er kann in jede beliebige Richtung gefahren sein.«
    Dennoch versuchten sie es erneut, klopften an Dienstboteneingängen und Küchentüren, befragten die wenigen Menschen, die sie auf der Straße trafen. Niemand hatte den Fuhrmann gesehen, den sie ihnen beschrieben.
    »Das kann auch heißen: er muss irgendwo hier wohnen!«, sagte Narraway eineinhalb Stunden später wütend. »Wir haben nicht genug Zeit. Wenn wir so weitermachen, finden wir ihn nie.«
    »Ich muss unbedingt frühstücken«, erklärte Pitt. »Mir klebt die Zunge so trocken am Gaumen, als wäre es eine meiner Schuhsohlen.«
    »Hier in der Gegend bekommen wir nichts«, sagte Narraway mit einem trübseligen Blick auf die eleganten Fassaden der Häuser am Eaton Place. »Zwar kenne ich Menschen, die hier leben, aber ich kann unmöglich zu ihnen gehen und sie um Frühstück bitten.«
    »Wen kennen Sie denn?«, fragte Pitt. »In welchem Haus wohnen die?«

    »Kommt überhaupt nicht infrage!«, wehrte Narraway entsetzt ab. »Das geht auf keinen Fall!«
    »Ich will ja nur wissen, in welches Haus wir auf keinen Fall
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