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Die Tote vom Johannisberg

Die Tote vom Johannisberg

Titel: Die Tote vom Johannisberg
Autoren: Oliver Buslau
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er.
    »Richtig.«
    Krüger hatte den Mantel anbehalten. Er zog ein Formular nebst Kugelschreiber aus einer Aktentasche. »Welche Branche?«
    »Detektei.«
    Er sah auf und zog die Augenbraue hoch. »Würden Sie sich bitte ausweisen? Wir ermitteln in dem Todesfall, der sich gestern abend in der Stadthalle ereignet hat«, sagte er überflüssigerweise.
    Ich hatte hinter dem Schreibtisch Platz genommen und legte Personalausweis und Lizenz auf die Resopalplatte. Man hatte zwar gestern bereits meine Personalien aufgenommen, aber hier saß eben ein anderer Beamter, der nun seinerseits überprüfen mußte, wen er vor sich hatte. Das sah ich ein.
    »Warum machen Leute von der Kripo die Zeugenbefragung?« fragte ich. »Wird so etwas nicht normalerweise von uniformierten Beamten erledigt?«
    Krüger inspizierte meine Papiere und legte sie auf den Tisch. »Es gibt genau eintausenddreihundertzweiundfünfzig Menschen, die als Zeuge für den Todesfall gestern abend in Betracht kommen. Das Publikum, die Musiker, die anwesenden Angestellten der Stadthalle. Jeder muß befragt werden. Das heißt eigentlich: müßte. Die meisten haben den Unglücksort zu schnell verlassen. Wer nicht mehr anwesend war, muß recherchiert werden. Und dazu werden alle Kräfte gebraucht.« Übergangslos begann er die Befragung. »Waren Sie gestern mit jemandem zusammen, der ebenfalls nicht mehr anwesend war, als wir kamen?« Ich verneinte.
    »Waren Sie zufällig in dem Konzert?«
    »Mit zufällig meinen Sie das Gegenteil von dienstlich?«
    »Exakt.«
    Ich blickte in stahlblaue Augen, die mir unerklärlicherweise Angst einjagten. Es waren Augen, die sich nicht beirren ließen. Ich beschloß, die Sache möglichst schnell hinter mich zu bringen.
    »Ich wollte Regina Berg im Konzert treffen.«
    »Wen?«
    »Regina Berg«, wiederholte ich. »Die Frau, die von der Decke stürzte.«
    Krüger sah auf seine Unterlagen. »Die Frau hieß nicht Berg, sondern Mallberg mit Nachnamen. Sie kannten Sie also?«
    »Komisch, bei mir hat sie sich mit Berg vorgestellt. Ja, ich kannte sie.«
    »War sie Ihre Mandantin?«
    Ich erzählte von ihrem merkwürdigen Besuch am Tag zuvor. Krüger machte sich stumm Notizen. Alles ging routiniert und schnell. Dann stand er auf und verabschiedete sich.
    »Es kann sein, daß wir noch einmal auf Sie zukommen«, sagte er. »Wenn Ihnen noch etwas einfällt, was für uns nützlich sein könnte - unter dieser Nummer können Sie mich erreichen.« Er hielt mir eine Karte hin.
    »Aber immer zu Diensten«, erwiderte ich.
    Als er verschwunden war, holte ich die Dusche nach.
    Eine Stunde später spazierte ich in die Stadt. Es war Samstag, und die Zeitungen hatten es gerade noch geschafft, den spektakulären Todessturz in die Wochenendausgabe zu bekommen - angereichert mit ziemlich weitgehenden Recherchen, wenn man bedachte, daß der Unglücksfall nach Redaktionsschluß stattgefunden hatte. Ich studierte die Revolverpresse und erfuhr so allerhand: Regina Mallberg - so hieß sie tatsächlich - war eine siebenundzwanzig Jahre alte Musikstudentin an der Wuppertaler Hochschule gewesen. Ich erfuhr, daß es über dem großen Saal der Stadthalle einen Dachboden gab. Neben den Scheinwerfern, die in der Decke befestigt waren, gähnten breite Löcher in der Decke. Durch eines dieser Löcher war die junge Frau heruntergestürzt. Niemand wußte, was sie auf dem Dachboden gewollt hatte und wie sie dort hingekommen war.

4. Kapitel
    Am Sonntag waren trotz größter Sparsamkeit meine finanziellen Mittel aufgebraucht. Ich griff zum Telefon und rief Jutta an.
    »Ahrens.«
    »Remi hier. Leihst du mir zwei Hunnis? Ich sitze ziemlich auf dem Trockenen.«
    »Remigius Rott, der Meisterdetektiv! Warum suchst du dir nicht einen zahlenden Kunden? Oder Klienten, oder wie das heißt?«
    »Mir ist gerade der spektakulärste Kriminalfall in der Geschichte Wuppertals durch die Lappen gegangen. Ohne eigene Schuld.«
    »Das Schwebebahnunglück? Da haben wir ja längst den Täter. Eine Eisenkralle war’s.«
    »Nix Schwebebahn. Lebst du hinterm Mond? Ich spreche vom Johannisberg.«
    »Gibt’s da neuerdings auch böse Todesfälle? Übrigens - ich lebe immer noch auf dem Brill, aber das mit dem Mond erklärt sich so: Ich bin heute morgen von meinem wohlverdienten dreiwöchigen Florida-Urlaub zurückgekommen und habe den Tag damit verbracht, im Café Engel am Laurentiusplatz zu sitzen und einen Wahnsinnstypen kennenzulernen.«
    Ich dachte daran, wie Jutta sich ihrem ererbten Müßiggang
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