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Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte

Titel: Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte
Autoren: Torsten Fink
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stand ein Tisch, auf dem eine einzelne Öllampe gegen das morgendliche Zwielicht ankämpfte. Ein Mann saß dort hinter einer Anzahl von Bleigewichten, wie sie zum Abwiegen der Ware verwendet wurden, und war offenbar damit beschäftigt, einige Zeichen in weiche Tontafeln zu drücken. Er schien die beiden Eindringlinge nicht zu beachten. Tasil räusperte sich.
    »Es ist Fremden nicht gestattet, die Warenlager des Kaidhans zu betreten«, sagte der Mann, ohne aufzublicken.
    »Verzeih unser Eindringen, hoher Verwalter, aber ich suche einen Mann namens Pirischtu. Soweit ich weiß, untersteht dieses Lager sonst seiner Obhut.«

    Der Mann am Tisch blickte endlich auf. »Das mag sein, doch erteile ich keine Auskunft an Fremde, deren Namen ich nicht weiß.« Seine Stimme war von schneidender Kälte.
    Tasil zögerte, bevor er mit aalglatter Höflichkeit sagte: »Verzeih mir meine Unhöflichkeit, Herr. Ich bin Tasil aus Urath, und dies ist meine Nichte Maru. Ich habe ein Anliegen, das ich gerne mit Pirischtu erörtern möchte. Darf ich nach deinem Namen fragen, Herr?«
    »Mein Name geht dich nichts an. Du darfst aber wissen, dass ich der Vierte Verwalter aller Lager des Kaidhans bin. Ich war einst Vorgesetzter, dann Gleichgestellter, dann Untergebener und nun Nachfolger dessen, den du suchst, aber nicht finden wirst. Pirischtu ist am Sumpffieber erkrankt, und ich bezweifle, dass er sich davon erholen wird.«
    Tasil unterdrückte einen Fluch. Mit einem ebenso freundlichen wie falschen Lächeln erklärte er dann: »Ich bedaure sehr, das zu hören, Herr. Wenn du ihn vertrittst, dann ist es wohl geboten, mein Anliegen an dich zu richten, ehrenwerter Verwalter.«
    Der Mann sah ihn kalt an. »Ich nehme an, es geht dir um die Bezahlung gewisser Waren, die unter deiner Führung ihren Weg in dieses Lager gefunden haben.«
    »Ah, so weißt du von unseren Geschäften?«
    »Ja, ich habe von dir gehört, Tasil aus Urath, und von deinen Geschäften mit Pirischtu. Dank dir ist er schnell in der Gunst des Immits aufgestiegen. Bedauerlich, dass ihn dieser Weg nach oben letzten Endes nicht vor dem Fieber retten konnte.«
    »Nun, es liegt mir fern, mich zu beklagen, doch die Güter, die deine Sklaven eben so fleißig davongetragen haben, sind derzeit schwer zu beschaffen, wie du wohl wissen wirst. Und ich fürchte, der Strom wird ganz versiegen, wenn er nicht bald wieder aus silberner Quelle gespeist wird.«
    »Ich verstehe nur zu gut, was du mir sagen willst, Urather.« Der
Verwalter nahm eines der Bleigewichte und schlug damit dreimal langsam auf den Tisch. Das Echo der Schläge hallte durch das leere Lagerhaus, und durch die zwei Türen des Lagers drangen etliche Speerträger ein. Maru sah sich erschrocken um. Jeder Fluchtweg war versperrt. Der Verwalter sah zufrieden aus. »Ich bin froh, dass du zu mir gekommen bist, Urather, denn sonst hätte ich diese Männer aussenden müssen, dich zu suchen.« Er stellte das Gewicht zurück in die Reihe und richtete es mit einer knappen Bewegung genau an seinen Nachbarn aus. Er schien die Ordnung zu lieben. Dann lehnte er sich ein wenig zurück. Um seinen verkniffenen Mund spielte ein Lächeln. Tasils Hand fuhr zum Dolch, und sein Blick flog hektisch von einer Tür zur nächsten, aber ihm war sicher ebenso klar wie Maru, dass sie nicht entkommen konnten. Die Krieger mochten bleich und unterernährt sein, aber es waren einfach zu viele.
    »Nun, ehrenwerter Verwalter. Darf ich fragen, was das zu bedeuten hat?«, erkundigte sich Tasil vorsichtig.
    »Wir wissen zu schätzen, dass du Waren an unseren Feinden vorbei in unsere Stadt schaffst, doch sind wir betrübt, dass du sie ebenso an unseren Verwaltern vorbeischmuggelst. Und das zu Preisen, die sehr von denen abweichen, die wir festgesetzt haben.«
    »Zu den festgesetzten Preisen bekommst du nur, was du hier siehst, Herr«, erwiderte Tasil zornig und deutete auf die leeren Regale.
    »Dennoch kann dies nicht länger hingenommen werden«, antwortete der Verwalter kühl.
    »So möchte der hochgeborene Kaidhan in Zukunft auf sein Frühstück verzichten? Denn dies wird geschehen, wenn ich nicht weiterhin tun kann, was ich eben tue. Doch dann gib mir nicht die Schuld, Mann.« Tasil seufzte und zuckte schicksalsergeben mit den Schultern. Sein Zorn schien vollständig verflogen zu sein. Er trat in demütiger Haltung näher an den Tisch des Verwalters heran.
Beinahe flehentlich fragte er: »Glaubst du, ehrenwerter Verwalter, dass es den Kaidhan sättigt, wenn du dich
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