Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Titel: Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)
Autoren: Julie Klassen
Vom Netzwerk:
Lippen. »Ich glaube eigentlich nicht. Nachdem nun Lizzies etwas zwielichtige Verbindungen ans Licht gekommen sind, ganz zu schweigen von der Rolle, die sie bei Julians Plänen spielte, scheint sein Interesse sich gelegt zu haben.«
    »Und Lizzies?«
    Er zuckte die Achseln. »Es klingt vielleicht zynisch, aber ich glaube, sie war froh, dass es nicht schlimmer für sie kam und dass sie mit einem Haufen Kleider abreisen konnte.«
    Emma lachte etwas kläglich, wusste aber, dass er wahrscheinlich recht hatte, zumindest teilweise. Hatte Lizzie Phillip wirklich geliebt oder hatte sie ihn nur als Eintrittskarte in ein besseres Leben betrachtet? Wahrscheinlich ein wenig von beidem.
    Jenny öffnete ihnen die Tür, ließ sie ein und begutachtete dabei ungeniert den Gentleman, den sie heute schon zum zweiten Mal sah. Emma nahm ihre Haube ab und bat Jenny, ihrer Tante zu sagen, dass sie und Mr Weston zurückgekehrt seien. Dann bestellte sie Tee für drei Personen. Da sie sah, dass ein paar neugierige Schülerinnenverstohlen um die Ecke spähten, führte sie ihren Gast in das Privatbüro ihrer Tante.
    In dem kleinen Raum war Emma wieder einmal beeindruckt von Henry Westons Größe, von seinen breiten Schultern, seinem männlichen Auftreten. Wie intensiv seine goldgrünen Augen sie ansahen! Sie hatte ihn so sehr vermisst. Ihre Finger sehnten sich danach, die Züge seines Gesichts nachzufahren, die Vertiefungen auf beiden Seiten seines Mundes, seine Unterlippe …
    Sie wandte als Erste den Blick ab. Ein verlegenes Schweigen breitete sich aus.
    Zu ihrer Erleichterung brachte Jenny gleich darauf den Tee herein. Auf dem Tablett standen Emmas goldgeränderte Teetasse und zwei Tassen aus dem Service ihrer Tante. »Danke, Jenny. Das ist alles.«
    Als Jenny gegangen war, fragte Emma: »Möchten Sie Tee?«
    »Nein, danke.«
    Sie war überrascht, aber auch erleichtert, dass er abgelehnt hatte, weil sie nicht sicher war, ob ihre Hände nicht beim Einschenken gezittert hätten.
    »Setzen Sie sich doch«, sagte sie und deutete auf den Gästestuhl.
    »Nein, danke«, antwortete er abermals. »Ich stehe lieber.«
    Sein Blick fiel auf ihre Teetasse. Er beugte sich vor und nahm sie in die Hand. Dann drehte er sie, um die feine Zeichnung von Venedig betrachten zu können. »Ich erinnere mich an diese Tasse. Ich weiß auch noch, wie Sie uns mit der Todesstrafe gedroht haben, sollten wir es je wagen, sie auch nur zu berühren. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn wir sie zerbrochen hätten.«
    »Das ist lange her, Mr Weston«, sagte sie ruhig.
    Auf der Suche nach einem Themenwechsel dachte sie daran, dass Henry gesagt hatte, Sir Giles hätte ihn von seinen Verpflichtungen auf dem Anwesen entbunden. Sie fragte: »Und was werden Sie mit Ihrer neu gewonnenen Freiheit anfangen? Dem Westwind folgen? Zu der längst überfälligen Grand Tour aufbrechen?«
    Er lachte leise, doch das Lachen reichte nicht bis zu seinen Augen. »Ich hoffe, dass ich reisen werde«, sagte er, »aber nicht allein.«
    Sie schluckte. »Ach ja?«
    Henry zog etwas aus seiner Jackentasche und faltete es auseinander. »Das ist meine Reiseroute.« Er streckte ihr das Papier entgegen. »Was halten Sie davon?«
    Emma nahm das einzelne Blatt und sah eine Liste mit Reisezielen in Italien – Städte, Kirchen, Ruinen, Palazzos und Pensionen. Sie sammelte sich, um eine höfliche Antwort zu geben. Doch stattdessen starrte sie weiter auf die Ortsnamen. Dann drehte sie sich zum Schreibtisch ihrer Tante um, schlug ein Notizbuch auf und verglich Henrys Liste mit ihrer eigenen Italienreise – der, die sie hatten aufgeben müssen. Bis auf ihre Handschrift waren die beiden Listen identisch. Sie blickte zu ihm auf, die Lippen ungläubig geöffnet.
    Er trat näher. »Ich hatte gehofft, mit meiner Frau zu reisen, aber sie ist noch nicht verfügbar.«
    Ihr stieg ein heißer Schwall den Nacken hinauf. »Oh … warum nicht?«
    Henry drückte das Kinn auf die Brust und hob die Brauen. »Weil sie noch nicht eingewilligt hat, mich zu heiraten.«
    Er legte ihre Hände in seine.
    Emma blickte ungläubig auf ihrer beider Hände hinunter und hauchte: »Ich verstehe nicht.«
    Er hob eine ihrer Hände an seine Lippen und drückte einen warmen Kuss darauf. Sein Atem strich über ihre Haut. »Ich bat Ihre Tante um eine Kopie Ihrer Reiseroute und sie tat mir den Gefallen. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen.«
    Wie konnte sie etwas dagegen haben, wo sie kaum atmen konnte?
    »Aber … sie hat kein Wort zu mir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher