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Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Titel: Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)
Autoren: Julie Klassen
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Augen. »Was hast du da gesagt? Ich mache dir ein so schönes Geschenk und muss dafür solche Worte von dir hören?«
    »Tut mir leid, Mama.«
    »Mr Weston.« Ihre Mutter entließ Henry mit einem gnädigen Nicken. »Lassen Sie uns bitte allein.«
    »Mrs Smallwood.« Er verneigte sich, drehte sich um und ging zur Treppe.
    »Emma«, zischte ihre Mutter. »Eine junge Dame spricht nicht so mit einem Gentleman.«
    »Er ist kein Gentleman«, sagte Emma und hoffte, dass Henry es hörte. »Jedenfalls benimmt er sich nicht wie einer.«
    Ihre Mutter presste die Lippen zusammen. »Wie auch immer, es gehört sich nicht. Geh auf dein Zimmer und lies das Kapitel über gute Manieren in dem Buch, das ich dir gegeben habe.«
    Emma protestierte. » Mama …! «
    Ihre Mutter hob die Hand. »Kein Wort mehr. Es stimmt, ich habe gesagt, dass du zu viel liest, aber es ist mir lieber, du liest ein Buch über weibliche Tugenden als diese schrecklich gelehrten Schinken deines Vaters.«
    »Ja, Mama.« Emma seufzte und ging mit ihrer Tasse in der Hand nach oben.
    Die unglückliche Erinnerung verblasste. Emma blickte lächelnd auf das Sträußchen, das Henrys jüngerer Bruder Phillip für sie gepflückt hatte. Sie überlegte, was Henry Weston wohl sagen würde, wenn er sie jetzt sehen könnte und wüsste, wer ihr die Blumen gebracht hatte.
    Als Henry Weston das Smallwood'sche Pensionat verlassen hatte, war Emma erleichtert gewesen, doch dass Phillip sie nun auch verließ, stimmte sie traurig. Es war kaum zu glauben, dass zwei Brüder so verschieden sein konnten.

1

    Lucy war noch keine Stunde im Haus, da hatte sie bereits alles bis ins Kleinste durchorganisiert und jedem Ding seinen Platz zugewiesen.
    The Naughty Girl Won, um 1800
    Fünf Jahre später
April 1817
    Mit großer Sorgfalt staubte die mittlerweile einundzwanzigjährige Emma Smallwood die Reihe ihrer Lieblingsbücher ab, die sie auf ihrer Kleidertruhe platziert hatte. Das war die einzige Hausarbeit, die sie – allen Protesten Mrs Malloys zum Trotz – selbst erledigte. Liebevoll beseitigte sie auch noch das letzte Staubkörnchen, das es gewagt hatte, sich auf ihrer Lieblingstasse niederzulassen. Die Tasse mit Untertasse, ein Geschenk ihrer Mutter, war aus kostbarem Porzellan mit einem schmalen Echtgoldrand.
    Emma stellte die Tasse zurück auf die in Leder gebundene Ausgabe von Sternes Yoricks empfindsame Reise durch Frankreich und Italien und drehte sie, bis die Zeichnung darauf – eine hübsche Darstellung einer schlanken venezianischen Gondel – am besten zur Geltung kam.
    Emma hatte noch kein einziges Mal aus dieser Tasse getrunken, doch es war ihre größte Freude, sie anzusehen und dabei an ihre Mutter zu denken, die vor zwei Jahren gestorben war. Und an einen jungen Mann, der ihr ein Rosensträußchen gepflückt und in die Tasse gestellt hatte. Dabei malte sie sich stets aus, wie es wohl wäre, wenn sie selbst eines Tages nach Italien reisen könnte.
    Nach dem Morgenritual verstaute Emma ihre Putzutensilien und sah dann auf die Uhr, die sie, an einer Chatelaine befestigt, am Gürteltrug. Befriedigt ließ sie den Deckel wieder zuschnappen. Genau, wie sie gedacht hatte. Zeit, hinunterzugehen und den letzten Schüler zu verabschieden.
    Unten sah sie Edward Sims bereits in der Halle stehen und nervös an seinem Koffer herumnesteln. Er trug einen Hut und einen eleganten Mantel, und wirkte wie der Inbegriff eines jungen Mannes, der auszieht, um die Welt zu erobern.
    »Fertig, Mr Sims?«
    Er wandte sich um. »Ja, Miss Smallwood.«
    Obwohl Emma nur vier Jahre älter war als er, empfand sie fast eine Art mütterliche Zuneigung zu dem jungen Mann, mit dem sie den Großteil der letzten drei Jahre unter einem Dach gelebt hatte. Sie blickte sich in der leeren Halle um. »Hat mein Vater sich schon von Ihnen verabschiedet?«
    Mr Sims schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn heute Morgen noch nicht gesehen.«
    Emma zwang sich zu einem Lächeln. »Wie schade. Es wird ihm leidtun, dass er Sie verpasst hat. Ich weiß genau, dass er rechtzeitig zurück sein wollte, um Ihnen Lebewohl zu sagen.«
    Ihr Vater hätte hier sein sollen. Bestimmt war er auf den Friedhof gegangen, zu ihrem Grab. Wieder einmal.
    Mr Sims lächelte sie verlegen an. »Sagen Sie ihm Auf Wiedersehen von mir und dass ich ihm vielmals danke, für alles.«
    »Das mache ich.«
    »Aber vor allem danke ich Ihnen, Miss Smallwood. Ich habe viel von Ihnen gelernt.«
    »Gern geschehen, Mr Sims. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg auf der
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