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Die Tochter des Goldsuchers

Die Tochter des Goldsuchers

Titel: Die Tochter des Goldsuchers
Autoren: Nora Roberts
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Sarah Conway bei Einbruch der Nacht ausziehen und im Wasser planschen würde? Er schaute wieder zu ihr und sah, wie sie sich herabbeugte und sich das Gesicht bespritzte.
    Ihr leinenes Unterkleid war feucht geworden und klebte ihr an der Haut. Als sie sich wieder hinunterbeugte, um mehr Wasser zu schöpfen, ließen die schlaff gewordenen Rüschen ihres Mieders ungeahnte Einblicke zu, sodass Jake, hinter einem Felsen kauernd, kaum noch Luft bekam.
    Seine eigene Schuld. Wusste er nicht, dass es immer und unter allen Umständen am besten war, sich strikt um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern? Warum musste er gerade in der Nähe sein, als die Apachen die Kutsche überfielen? Weshalb hatte er Sarah die Nachricht vom Tod ihres Vaters überbringen müssen? Warum hatte er sie hier herausgefahren, und weshalb war er danach nicht einfach weggeritten?
    Stattdessen sollte er jetzt in Carlottas Etablissement sein, ein paar Whiskeys trinken und dann die Nacht mit einer Frau verbringen. Mit einer jener Frauen, die wissen, was ein Mann braucht, und einem keine dummen Fragen stellen. Mit einer Frau, dachte Jake erbost, die einen eben nicht zum Sonntagnachmittagstee erwartet.
    Er blickte wieder zu Sarah hinüber. Ein Träger ihres Unterkleids war ihr den Arm hinuntergerutscht. Ihre Schultern, ihr Hals, ihr Dekolleté waren makellos hell und glatt. Ihre schlanken Beine glänzten feucht. Zu lange auf der Wanderschaft, dachte Jake grimmig. Verdammt lange, wenn ein Mann schon anfing, mageren Stadtfrauen hinterherzuhecheln, die West und Ost nicht auseinanderhalten konnten.
    Sarah füllte den Eimer, so gut es eben ging, und stieg aus dem Bach. Es wurde schneller dunkel, als sie erwartet hatte, aber wenigstens fühlte sie sich jetzt wieder als Mensch. Allein der Gedanke an das Korsett verursachte ihr Unbehagen, also verzichtete sie darauf. Nachdem sie sich die Bluse übergestreift hatte, überlegte sie, ob sie sich Strümpfe und Schuhe wieder anziehen sollte. Niemand war da, der sie sehen und ihr Benehmen missbilligen konnte. Schließlich hakte sie den Rock zu und machte aus dem Übrigen ein Bündel. Dann trat sie mit dem gefüllten Eimer, ihren Sachen und der Laterne den Rückweg an, wobei sie darauf achtete, dass das Wasser nicht über den Rand schwappte.
    Mit Einbruch der Dunkelheit war es schnell kühler geworden. Jetzt hörte Sarah Geräusche. Geräusche, die sie nicht kannte und einordnen konnte. Es klang wie ein Heulen. Spitze kleine Steine bohrten sich in ihre nackten Fußsohlen, und das Licht der Laterne leuchtete nur spärlich den Weg aus.
    Der Pfad erschien ihr viel länger als zuvor, und wieder hatte sie das Gefühl, beobachtet zu werden. Apachen? Berglöwen? Endlich sah sie das kleine Haus. Sie rannte zur Tür, öffnete sie hastig, stieß sie zu und schob den Riegel vor.
    Der erste Kojote sandte sein Geheul zum aufgehenden Mond hinauf.
    Sarah schloss die Augen. Wenn sie die Nacht überlebte, würde sie ihren Stolz vergessen und in die Stadt zurückkehren.
    Nicht weit entfernt bereitete Jake zwischen den Felsen sein Nachtlager.

3. K APITEL
    Bald nach Sonnenaufgang erwachte Sarah, steif, mit schmerzenden Gliedern und hungrig. Sie drehte sich auf die andere Seite und wollte warten, bis Lucillas Zofe mit der Morgenschokolade kam. Sarah hatte von einem Mann mit grauen Augen geträumt, der sie in eine öde Gegend entführt hatte. Es war ein schöner Mann gewesen, aber er hatte ein raues, unzivilisiertes Wesen gehabt. Seine Haut war bronzefarben gewesen und hatte sich straff über die hohen Wangenknochen gezogen. Das dichte schwarze Haar hatte ihm bis zum Kragen gereicht. Sogar im Traum hatte sie sich gefragt, was für ein Gefühl es wäre, mit den Fingern darin zu wühlen.
    Irgendetwas an ihm war ihr bekannt, ja vertraut erschienen. Und als er sie dann auch noch leidenschaftlich geküsst hatte, war ihr ein Name in den Sinn gekommen.
    Sarah lächelte verschlafen. Sie musste unbedingt Lucilla von diesem Traum erzählen. Bestimmt würden sie ihren Spaß daran haben, bevor sie sich für den Tag zurechtmachten. Träge schlug sie die Augen auf.
    Nanu, dies war weder das Zimmer, in dem sie zu übernachten pflegte, wenn sie Lucilla zu Hause besuchte, noch war es der Schlafraum im Internat, der ihr seit Jahren vertraut war.
    Gleich darauf fiel Sarah alles wieder ein: Sie war im Haus ihres Vaters, und der war tot. Sie war allein. Das Gesicht ins Kopfkissen gedrückt, wäre sie fast in Tränen ausgebrochen, doch sie überwand sich. Sie
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