Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga

Titel: Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
muss es ein Ende haben.«
    Und wie es aussah, war dieses Ende nahe. Lärm und Feuerschein hinter ihr kündeten davon, dass die Schlacht auf dem Fluss noch immer mit unverminderter Härte tobte – an deren Ausgang nicht der mindeste Zweifel herrschte –, aber die Fenrir war inzwischen ebenfalls herumgeschwenkt und hielt mit raschen Ruderschlägen auf das aufgelaufene Schiff zu. Mindestens die Hälfte der Mannschaft war inzwischen über Bord gesprungen oder hatte sich an Land gerettet, und ein Teil der Takelage und das Achterkastell der Sturmvogel brannten noch immer, doch es gab auch ein kleines Grüppchen tapferer Verteidiger, die sich um Baron zu Guthenfels geschart hatten, um ihren Herrn mit dem Mut der Verzweiflung zu beschützen.
    Wie die allermeisten Verzweiflungstaten blieb es wenig mehr als eine Geste.
    Mit einigen wenigen, kraftvollen Ruderschlägen ging die Fenrir längsseits, und die Krieger enterten das größere Schiff, angeführt von Wulfgar und Erik, die Seite an Seite kämpften. Binnen weniger Augenblicke wurde das ebenso tapfere wie dumme Häuflein Verteidiger einfach überrannt, und schließlich war der Kampf wenigstens hier vorbei. Die wenigen Überlebenden senkten ihre Waffen, und zu Katharinas Erleichterung verzichtetenWulfgars Krieger darauf, ihre Gefangenen einfach zu erschlagen; womit sie nach dem, was in Ellsbusch geschehen war, beinahe gerechnet hatte. Schreie und Waffengeklirr verstummten, und für einen Moment waren nur noch die Geräusche des Flusses zu hören, das schwere Schlagen des Segels und das Prasseln der Flammen, und dann und wann das Stöhnen eines Verwundeten.
    Vom Fluss her drang noch immer der Lärm der Seeschlacht an ihr Ohr, aber Katharina hatte nicht mehr die Kraft, sich umzudrehen und diesem schrecklichen Anblick noch einmal standzuhalten. Die beiden Schiffe waren dem Untergang geweiht, ebenso wie jede einzelne Seele an Bord. Hinter ihr starben Menschen, Dutzende, wenn nicht Hunderte, und es war vollkommen gleichgültig, was Erik oder Ansgar oder auch ihr eigener Verstand ihr einzureden versuchten: Tief in sich war sie überzeugt davon, dass all dieses Unglück, als dieses Leid und die Schmerzen und die Furcht und jedes einzelne sinnlos ausgelöschte Leben ihre Schuld waren.
    Und zum ersten Mal seit vielen Jahren – vielleicht sogar zum ersten Mal überhaupt, ohne dass es ihr befohlen worden oder einfach an der Zeit war – betete Katharina. Sie flehte Gott an, dass das Töten endlich ein Ende haben möge und wirkliche Stille einkehrte.
    Aber es dauerte lange, bis Gott ihr Flehen erhörte.
    *
    Die Sonne war schon vor einer ganzen Weile aufgegangen, aber der grelle Schein der brennenden Burg überstrahlte ihr Licht noch immer so mühelos, dass der neue Tag Katharina nur wie trübe Dämmerung vorkam. Selbst hier, zwei gute Pfeilschuss weit von dem noch immer lodernden Scheiterhaufen entfernt, der einst die Wulfiborg gewesen war, und somit so weit, wie es überhaupt nur ging, ohne in den Wald einzudringen, war dieHitze noch so groß, dass ihr Gesicht auf der dem Feuer zugewandten Seite brannte und sie sich ständig die Tränen aus den Augen wischen musste. Und als wäre das alles noch nicht genug, hatte das gewaltige Feuer nun noch einen kleineren, aber nicht minder wütenden Bruder bekommen, nachdem die Flammen vom Heck der Sturmvogel auf das gesamte Schiff übergegriffen hatten und es zischend verzehrten.
    »Dein Großvater möchte dich sehen.«
    Katharina blinzelte die Tränen weg, von denen sie sich immer weniger selbst einzureden vermochte, dass sie von der Hitze und dem grellen Licht kamen, die wie mit dünnen Nadeln in ihre Augen stachen.
    Allerdings änderte das nicht viel. Das bärtige Gesicht, das aus den verschwommenen Schleiern von ihren Augen auftauchte, war ihr unbekannt, und sie setzte zu der Frage an, welchen ihrer beiden Großväter er eigentlich gemeint hatte, beließ es aber dann bei einem angedeuteten Nicken und stand auf. Im Grunde machte es keinen Unterschied; schon, weil der Unterschied zwischen Erik und Wulfgar nicht annähernd so groß war, wie sie sich bisher selbst vorgemacht hatte.
    Vielleicht gab es gar keinen.
    Statt dem Mann zu folgen, wandte sie sich jedoch zuerst einmal um und ging die wenigen Schritte zum Fluss hinunter, wo sie sich wieder in die Hocke sinken ließ, um sich das Blut von den Händen zu waschen. Sie wusste nicht einmal zu sagen, von wem es stammte – ob von einem von Guthenfels’ Soldaten oder einem Krieger ihres
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher