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Die Therapie: Psychothriller (German Edition)

Die Therapie: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Therapie: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Sebastian Fitzek
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ist da?«
    Keine Antwort.
    Viktor rief sich ins Gedächtnis, dass es seit 1964 kein Verbrechen mehr auf der Insel gegeben hatte, und der aktenkundige Vorgang von damals war auch nur eine harmlose Wirtshausschlägerei gewesen. Allerdings beruhigten ihn diese Fakten jetzt nur wenig.
    »Hallo? Ist da wer?«
    Er schlich mit angehaltenem Atem so vorsichtig wie möglich die Diele entlang zurück zum Kaminzimmer. Obwohl er sich bemühte, möglichst geräuschlos zu sein, ächzte das altersschwache Parkett bei jeder Gewichtsverlagerung. Die Ledersohlen seiner Budapester taten ihr Übriges.
    Warum schleiche ich eigentlich, wenn ich gleichzeitig laut rufe?, fragte er sich. Seine Hand hatte fast die Klinke der Tür zum Wohnzimmer erreicht, als diese plötzlich nach innen aufgezogen wurde. Viktor war so paralysiert, dass er vor Schreck vergaß aufzuschreien.

    Er wusste nicht, ob er erleichtert oder wütend sein sollte, als er sie sah. Erleichtert darüber, dass der Eindringling eine hübsche, zierliche Frau war und kein grobschlächtiger Schläger. Oder wütend darüber, dass sie es wagte, am helllichten Tage Hausfriedensbruch zu begehen.
    »Wie sind Sie hier reingekommen?«, fragte er laut. Die blonde Frau auf der Schwelle zwischen Kaminzimmer und Flur schien weder verlegen noch verunsichert.
    »Die Tür zum Strand stand offen, als ich von außen geklopft habe. Es tut mir Leid, wenn ich Sie störe.«
    »Stören?«
    Viktor war aus dem lähmenden Zustand der Angst erwacht und musste sich Luft machen, indem er die Unbekannte anfuhr.
    »Sie stören nicht, nein, Sie haben mich zu Tode erschreckt!«
    »Das tut mir …«
    »Und Sie lügen auch«, schnitt Viktor ihr das Wort ab und drängte an ihr vorbei ins Wohnzimmer.
    »Ich habe die Hintertür seit meiner Ankunft nicht geöffnet.«
    Zwar habe ich sie auch nicht kontrolliert, aber diese Information brauchst du ja nicht zu wissen, dachte Viktor, während er sich vor den Schreibtisch stellte und seinen ungebetenen Gast musterte. Irgendetwas an ihr kam ihm bekannt vor, obwohl er sich sicher war, sie noch nie zuvor persönlich getroffen zu haben. Sie war etwa einen Meter fünfundsechzig groß, hatte schulterlange, blonde Haare, die sie zum Zopf gebunden trug, und sie war schrecklich dünn. Trotz ihres Untergewichts erschien sie jedoch keinesfalls androgyn, was schon ihre ausladenden Hüften und die wohlgeformten Brüste verhinderten, die sich unter ihrer Kleidung abzeichneten. Mit ihrer vornehm blassen Haut und den schneeweißen Zähnen sah sie eher aus wie ein Fotomodell. Jedoch war sie dafür nicht groß genug. Viktor hätte sonst vermutet, dass sie sich auf der Insel verlaufen hatte und ihn gleich nach dem Weg zum Strand fragen würde, wo sie in einem TV-Werbespot mitspielen wollte.
    »Ich lüge nicht, Dr. Larenz. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nicht ein einziges Mal gelogen, und ich werde in Ihrem Haus nicht damit beginnen.«
    Viktor fuhr sich durch die Haare und ordnete seine Gedanken. Die Situation war völlig absurd. Erlebte er gerade tatsächlich, dass eine Frau bei ihm einbrach, ihn zu Tode erschreckte und dann auch noch eine Diskussion mit ihm anfangen wollte?
    »Hören Sie, wer immer Sie auch sind: Ich fordere Sie eindringlich auf, sofort und auf der Stelle mein Haus zu verlassen! Ich meine …«
    Viktor musterte die Fremde erneut.
    »… wer sind Sie denn überhaupt?«
    Ihm fiel auf, dass er ihr Alter nicht schätzen konnte. Sie wirkte sehr jung, und ihre makellosen Gesichtszüge ließen auf Mitte zwanzig schließen. Ihre Kleidung hingegen entsprach der einer reiferen Frau.
    Sie trug einen schwarzen, knielangen Cashmere-Mantel, darunter ein pinkfarbenes Chanel-Kostüm. Schwarze Glaceehandschuhe, eine Designerhandtasche und vor allem ihr Parfum deuteten eher auf eine Frau in Isabells Alter hin. Ebenso sprach auch ihre gewählte Ausdrucksweise dafür, dass sie die Dreißig bereits überschritten hatte.
    Und sie muss taub sein, dachte Viktor. Denn von seinen Worten völlig ungerührt, blieb sie stumm in der Tür stehen und musterte ihn von dort aus.
    »Okay. Ist ja auch egal. Sie haben mir einen großen Schreck eingejagt, und ich bitte Sie jetzt, die Vordertür zu benutzen und mein Haus nie wieder zu betreten. Ich arbeite hier und will nicht gestört werden.«
    Viktor zuckte zusammen, als sich die Frau auf einmal mit zwei raschen Schritten auf ihn zu bewegte.
    »Wollen Sie denn gar nicht wissen, was ich will, Dr. Larenz? Wollen Sie mich wegschicken, ohne den Grund
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