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Die Teufelsrose

Die Teufelsrose

Titel: Die Teufelsrose
Autoren: Jack Higgins
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»Der beste, den es je gab. Er kam beim großen Luftangriff auf London ums Leben. Ich hab ihn öfter mit Roy Fox und seiner Band im Monseigneur gehört, einem Restaurant am Piccadilly Circus. Das war 1932, ehe ich so dumm war, nach Deutschland zurückzukehren, weil mein Vater gestorben war.«
      Brosnan steckte sich eine Zigarette an, setzte sich auf einen Stuhl an der anderen Seite des Schreibtisches und lauschte der faszinierenden Stimme, dem Lied aus einer anderen Welt, das aus einem unerklärlichen Grund irgend etwas tief in ihm anrührte.
      »Gefällt es Ihnen?«
      »Oh ja. Ich habe schon immer große Städte bei Nacht geliebt, oder am frühen Morgen. Nebel, nasse Straßen, die absolute Gewißheit, daß ein Stück weiter, an der nächsten oder über nächsten Ecke, was Herrliches und Atemberaubendes auf einen wartet. So ist es natürlich nur, wenn man jung ist und noch glaubt.«
      Das Lied war zu Ende, und sie schaltete den Recorder ab. »Ich habe in Dachau aufgehört zu glauben, Mr. Brosnan.«
      Sie schob ihren Ärmel hoch und zeigte ihm die tätowierte Nummer. Brosnan zog die Jacke aus und knöpfte seine Man schette auf. Sie zog seinen Arm über den Schreibtisch und betrachtete ungläubig die Häftlingsnummer. »Aber Sie können nicht im Lager gewesen sein, dazu sind Sie viel zu jung. Ich verstehe nicht.«
      »Sowas Ähnliches«, sagte er. »Es gab zwar keine Gaskam mern, aber wenn man rauskam, dann fast immer mit den Füßen zuerst.«
      »Sie aber nicht?«
      Er zog die Jacke wieder an. »Man kann sagen, ich war eine Ausnahme.«
      Sie steckte eine schwarze Zigarette mit Goldmundstück in eine Zigarettenspitze aus Elfenbein und sah ihn forschend an, als er ihr Feuer gab.
      »Haben Sie das Geld mitgebracht?«
      »Ja.« Er legte Barrys Aktentasche auf den Schreibtisch und klappte sie auf.
      Sie sah auf die Bündel Zwanzigpfund-Noten, die drinlagen, und nahm eines heraus. »Wieviel ist es?«
    »Fünfunddreißigtausend Pfund.«
      Sie starrte auf die Aktentasche und machte sie dann zu. »Das ist eine Menge Geld. Als ich 1945 aus Dachau nach England zurückkam, war Geld für mich das einzige, was zählte, Mr. Brosnan. Ich hatte aufgehört, an Menschen zu glauben, verste hen Sie?« Sie stand auf, ging zu einem Beistelltisch und schenkte Kaffee aus einer elektrischen Kanne in zwei Tassen. »Ich wurde aus Zufall eine Hehlerin für Diebesgut, und kurz bevor es aus war, war ich die erfolgreichste in ganz London. Ich habe mit ihnen allen gearbeitet, mit all den Größen der Unterwelt. Den Kray Brothers, der Richardson-Gang …«
      »Und Liam Devlin?«
      »Liam, der gute Liam.« Sie lächelte. »Er war anders. Ihn mochte ich.«
      »Und die Sache, für die er arbeitete?«
      »War mir schnurz. Wenn er Pässe brauchte, besorgte ich ihm welche. Waffenhändler auf dem Kontinent oder die Adresse eines diskreten Arztes. Solche Sachen, aber das ist lange her. Jetzt handle ich nur noch mit gebrauchten Möbeln, wie Sie sehen.« Sie hielt inne, öffnete wieder die Aktentasche. »Wirk lich eine Menge Geld.«
      »Es gehört Ihnen, wenn Sie mir helfen können.«
      »Wobei, Mr. Brosnan? Das ist der springende Punkt. Was haben Sie vor?«
      »Das geht nur mich etwas an.«
      Sie schüttelte den Kopf. »Sie haben eine zornige Aura, Mr. Brosnan, und das ist schlecht. Geben Sie mir Ihre Hände.«
      »Meine Hände?« sagte er.
      »Ja, ich bin Hellseherin. Mediale Kräfte. Wußten Sie das nicht? Ich werde es Ihnen zeigen.«
      Ihre Hände waren kühl und weich, erinnerten ihn aus einem unerklärlichen Grund an seine Großmutter mütterlicherseits in Dublin, an seine Jungenzeit, an frische Bettwäsche, Rosmarin und Lavendel. Dann faßte sie fest zu, und er war sich eines plötzlichen Kribbelns bewußt, wie von einem schwachen Stromstoß. Sie hatte die Augen geschlossen und machte sie wieder auf, streckte die Hände aus, faßte sein Gesicht an und lächelte.
      »Ja«, sagte sie. »Jetzt sehe ich alles.«
      Brosnan sagte: »Ich verstehe nicht.«
      Ihre Stimme hatte sich geändert, und sie redete auf einmal sachlich und geschäftsmäßig. »Die Frau, hinter der Sie her sind, wird morgen abend zu Hause sein.«
      »Zu Hause?« Brosnans Stimme war heiser. »Aber das ist Downing Street zehn. Kein Mensch weiß, wie man da hinein kommt.«
      »Auf den ersten Blick ist es in der Tat schwierig. Man braucht eine persönliche Einladung oder einen amtlichen Ausweis, der sehr
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