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Die Teufelshaube

Die Teufelshaube

Titel: Die Teufelshaube
Autoren: franklin
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sprechen.«
    »Nein, nein, das ist unmöglich. Seine Lordschaft begibt sich morgen in die Normandie und hat bis dahin noch allerhand zu erledigen.« Irgendwie schaffte es der kleine Priester, selbst in der Horizontalen noch Würde zu wahren. »Ich kümmere mich um seine Angelegenheiten …«
    Aber die Tür hatte sich geöffnet, und im hellen Schein zahlreicher Kerzen zog eine Prozession ein, in deren Mitte eine Gestalt wie aus einer illuminierten Handschrift majestätisch in Purpur und Gold erstrahlte.
    Gyltha hat recht, dachte Adelia sogleich, die Mitra passt nicht zu ihm. Dann bemerkte sie die Hängebacken, die glanzlosen Augen – er war so ganz anders als der Mann, den sie in Erinnerung hatte.
    Nein, wir irren uns: Sie passt.
    Seine Lordschaft erfasste die Lage mit einem Blick. »Lass ihn runter, Mansur«, sagte er auf Arabisch.
    Mansur öffnete die Faust.
    Die beiden Pagen, die die Schleppe des Bischofs trugen, lehnten sich nach außen, um das Lumpengesindel zu betrachten, das Pater Paton zu Boden befördert hatte. Ein weißhaariger Würdenträger hämmerte mit seinem Amtsstab auf die Fliesen.
    Nur der Bischof wirkte gelassen. »Schon gut, Kämmerer«, sagte er. »Guten Abend, Mistress Adelia. Guten Abend, Gyltha, du siehst gut aus.«
    »Du auch, Junge.«
    »Was macht Ulf?«
    »Geht zur Schule. Der Prior sagt, er schlägt sich großartig.«
    Der Kämmerer machte große Augen. Das war Majestätsbeleidigung. Er sah, wie sein Bischof sich dem Araber zuwandte: »Doktor Mansur,
as-salam alaikum.
«
    »Wa alaikum as-salaam.«
    Das wurde ja immer schlimmer. »Mylord …«
    »Das Essen wird so schnell wie möglich hier oben serviert, Kämmerer, wir sind in Zeitnot.«
    Wir,
dachte Adelia. Das bischöfliche »wir«.
    »Euer Messgewand, Mylord … Soll ich Euren Ankleider rufen?«
    »Paton wird mir helfen.« Der Bischof sog Luft durch die Nase ein, suchte nach der Quelle eines unangenehmen Geruchs, fand sie und fügte hinzu: »Und bringt einen Knochen für den Hund.«
    »Jawohl, Mylord.« Kleinlaut scheuchte der Kämmerer die anderen Diener aus dem Raum.
    Der Bischof schritt ins Schlafgemach, der Sekretär folgte ihm und erklärte, was er gemacht hatte, was
die
gemacht hatten … »Ich verstehe die Feindseligkeit nicht, Mylord, ich habe lediglich die Anweisungen aus Oxford befolgt und entsprechende Vorkehrungen getroffen.«
    Bischof Rowleys Stimme: »Die unterwegs offenbar ein wenig durcheinandergeraten sind.«
    »Und doch habe ich sie so gut ich konnte befolgt, Wort für Wort, Mylord … Ich verstehe nicht …« Die Seelenergüsse eines missverstandenen Mannes drangen durch die offene Tür zu ihnen, während Pater Paton seinem Herrn dabei half, Chormantel, Dalmatika, Rochett, Pallium, Handschuhe und Mitra abzulegen, bestickte Gewänder, an denen viele Näherinnen viele Jahre lang gearbeitet hatten, wurden Schicht um Schicht mit andächtiger Sorgfalt ausgezogen und zusammengefaltet. Das dauerte.
    »Rosamund Clifford?« Mansur blickte Gyltha fragend an.
    »Du kennst sie, du Heide. Die Schöne Rosamund, so wird sie besungen – des Königs Liebling. Es gibt viele Lieder über die Schöne Rosamund.«
    Diese
Rosamund. Adelia erinnerte sich an die fahrenden Sänger an Markttagen und an ihre Lieder – manche waren romantisch, die meisten unflätig.
    Wenn er mich hergeschleppt hat, damit ich mich für ein loses Frauenzimmer einsetze …
Sie rief sich in Erinnerung, dass auch sie jetzt zu den losen Frauenzimmern dieser Welt gezählt werden musste.
    »Und die ist fast umgebracht worden, ja?«, sagte Gyltha fröhlich. »War vielleicht Königin Eleanor, hat versucht, sie loszuwerden. Ist höllisch eifersüchtig auf Rosamund, diese Eleanor.«
    »In den Liedern wird das auch erzählt, oder?«, fragte Adelia.
    »Und ob.« Gyltha überlegte. »Nee, wenn ich drüber nachdenk, kann die Königin es nich gewesen sein. Der König hält sie doch in Gefangenschaft, hab ich jedenfalls gehört.«
    Die Mächtigen und ihr Treiben waren abgehoben und fern, tatsächlich in einem anderen Land. Bis irgendwelche Berichte das Sumpfland erreichten, waren sie bereits so stark ausgeschmückt und unwahrscheinlich wie Märchen geworden, dass sie nichts mehr mit wirklichen Personen zu tun hatten und erst recht nichts mit dem Alltag der Menschen, mit einem Fluss, der über die Ufer trat, mit Kühen, die an Viehseuche starben, oder, wie in Adelias Fall, mit der Geburt eines Kindes.
    Früher war das anders gewesen. Während des Krieges zwischen Stephen
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