Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Terranauten 094 - Der Alte Wald

Die Terranauten 094 - Der Alte Wald

Titel: Die Terranauten 094 - Der Alte Wald
Autoren: Henry Roland
Vom Netzwerk:
die Beschaffenheit des unglaublichen Pflanzenstandes offenbarte. Dicht darüber konnte man zu guter Letzt, als der Sammler sich der Rotationsgeschwindigkeit des Alten Waldes anpaßte, auch die einzelnen Exemplare der uniformen Flora erkennen.
    Sie bestanden aus im extremen Fall kürbisgroßen Knollen mit einem verästelten, pfauenschwanzartigen Anhang von haarfeinen Wurzeln, der bei besonders üppigen Exemplaren etwa zehn Meter Länge maß. Die Knollenpflanzen waren durch zusätzliche Vakuumwurzeln miteinander zu einem dichten Gewirr verschlungen. Das Flechtwerk war von wildwüchsiger, unregelmäßiger Natur, aber anscheinend von enormer Tiefe, denn selbst wo man größere Lücken sah, waren sie in einigem Abstand von einwärtigen Pflanzengespinsten verschlossen. Überall wirkte der Schlingpflanzen-Wirrwarr undurchdringlich.
    Nach geraumer Zeit jedoch steuerte der Sammler, als habe er davon gewußt – zumindest jedoch hatte er sie mit irgendwelchen in ihm angelegten Instinkten aufgespürt –, eine Öffnung von beträchtlichem Durchmesser an. Wieder verhinderte das Fehlen exakter Meßinstrumente genauere Feststellungen, aber sie mußte mindestens sechs bis acht Kilometer durchmessen – und damit genügte sie auch sehr großen Raumschiffen zum Einflug ins Innere des Alten Waldes. Diesem Zweck nämlich, so vermutete David, diente das große, an den Rändern zu einem flachen Trichter ausgedehnte Eingangsloch.
    Die breite Schneise, welche dahinter Kilometer um Kilometer durch die pflanzliche Wirrnis führte, war dazu geeignet, seine Mutmaßung zu bestätigen; Narda del Drago und Aura Damona teilten seine Meinung.
    »Man ist hier also immerhin auf Gäste eingerichtet«, schlußfolgerte Narda, als der Sammler zwischen das homogene Gestrüpp sank wie in einen gewaltigen Schacht. Plötzlich zuckte sie heftig zusammen.
    Auch David zog seine telepathischen Fühler unangenehm berührt aus dem PSI-»Äther« zurück. Das Eindringen in den Alten Wald war mit dem unerfreulichen Gefühl verbunden gewesen, von einer gigantischen Egosphäre verschlungen zu werden. Infolgedessen beschränkte sich der Erbe der Macht vorerst auf einen lockeren, nur oberflächlich-empathischen Kontakt zur Flora des Alten Waldes. Er benötigte, wie er sich eingestand, eine gewisse Frist, um in aller Ruhe seine anfängliche Fassungslosigkeit zu überwinden, und zweifelsfrei bedurfte es auch einer Phase der Eingewöhnung, um sich darauf einzustellen, als isolierte Psyche mitten im Kollektivbewußtsein eines ungeheuren pflanzlichen Verbundes zu existieren. Nur mit äußerster Behutsamkeit und Vorsicht wagte er es im Laufe der nächsten Zeit, die parapsychische Empfangsbereitschaft seines Egos wieder zu erhöhen.
    Aber schon auf empathischer Ebene erhielt er genug aufschlußreiche Eindrücke von den Pflanzenintelligenzen. Er hatte noch keine Wesen kennengelernt, die an Selbstzufriedenheit und Gleichmütigkeit diesem denkenden Wald nahekamen. Anscheinend standen die Pflanzen hier über allem. Sie waren in ihrer Selbstgenügsamkeit vollkommen unerschütterlich. Zuletzt konnte David nicht vor sich verleugnen, daß Wesen von so hochtrabendem Gemüt bei ihm keine sonderliche Sympathie erregten, und er fragte sich besorgt, wohin das führen könne. Er mußte um jeden Preis, sah er ein, außerordentlich vorurteilslos und vorsichtig an die Sache herangehen.
    Je weiter unterdessen der Sammler in den Alten Wald vordrang, um so deutlicher machte sich eine schwache, diffuse Helligkeit bemerkbar, die anscheinend von seinem Mittelpunkt ausstrahlte. Das Pflanzengewirr zerstreute den Schein einer unbekannten, noch unsichtbaren, wahrscheinlich aber sehr großen und leuchtstarken Lichtquelle. Das einheitliche Grün der intelligenten Pflanzen wirkte mit der Zeit heller, ihr Geflecht erweckte einen etwas freundlicheren, fast lauschigen Eindruck, und man konnte rundum weit in die Tiefe des verschlungenen Gestrüpps spähen.
    Innerhalb der Schneise beschleunigte der Sammler eine gewisse Zeitlang wieder, so daß das Trio in seinem Innern keine Einzelheiten mehr erkennen konnte und nur ein verwaschenes, gleichmäßiges Grün in mehr oder weniger ausgeprägten Schattierungen vorbeirasen sah. Der Riesen-Orkansegler schien durch einen unabsehbar langen grünlichen Schlauch zu sausen.
    Nach zwei Stunden hatte sich David innerlich einigermaßen gesammelt. Er traute sich an das Wagnis, die Anbahnung einer telepathischen Verständigung mit dem Über-Ego zu versuchen, in dessen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher