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Die Terranauten 080 - Der Himmelsberg

Die Terranauten 080 - Der Himmelsberg

Titel: Die Terranauten 080 - Der Himmelsberg
Autoren: Michael Roberts
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lag, geschah es auf einmal …
    Das Licht der Erkenntnis leuchtete auf!
    Vor meinem geistigen Auge sah ich eine Szenerie, wie ich sie in der Wirklichkeit noch niemals gesehen hatte. Ich sah die Sonne! Weiß und grell stand sie am Himmel und sandte ihre Strahlen auf die dichte, nie aufreißende Wolkendecke Lagunds hinunter. Aus den Wolken lugten nur die Gipfel der Berge hervor, messerspitze Grate und schroffe, wie verbrannt wirkende Plateaus. Und auf einem dieser Hochplateaus … Eine Stadt.
    Das Bild in meinem Kopf veränderte sich, rückte die Stadt jetzt ganz nah heran. Ich sah Gebäude von außerordentlicher Größe und befremdlicher Architektur. Riesige Kuppeln, würfelförmige Kästen, hoch aufragende Türme, langgestreckte Freiflächen, die so eben waren, als hätte man sie mit einer Schleifscheibe plangeschliffen. Bei dem Material, mit dem die Gebäude erbaut worden waren, handelte es sich ganz offensichtlich weder um Felsgestein noch um Ziegel. Es mußte ein Baustoff sein, der den Clans völlig unbekannt war.
    Trotz ihrer kühnen, in eine ferne Zukunft weisenden Konstruktion wirkte die Stadt auf mich unendlich alt, alt und verbraucht. Eine Atmosphäre des Verlorenseins, des Überflüssigen, ja, des Verfalls schien drückend über den Gebäuden zu liegen, eine Atmosphäre, die ich beinahe körperlich zu spüren glaubte. Die Stadt war wie tot. Nichts regte sich in ihr, und ich gewann den Eindruck, daß dies schon immer so gewesen war und auch immer so bleiben würde.
    Aber schon während mir dieser Gedanke kam, wußte ich, daß er nicht richtig war. Ich kannte diese Stadt. Nicht aus eigener Anschauung, natürlich nicht, wohl aber aus den Erzählungen der älteren Clanbrüder und auch aus den Lehrstunden des Clanmagisters.
    Die Himmelsstadt!
    So hieß sie in den alten Überlieferungen, und so wurde sie auch noch heute genannt. Erbaut worden sein sollte sie von unseren Urahnen, die einst von den Sternen nach Lagund gekommen waren. So hieß es jedenfalls. Ob es stimmte, konnte ich nicht beurteilen. Jedenfalls hatte ich noch nie einen Stern gesehen, und ich konnte mir eigentlich auch nicht richtig vorstellen, daß es irgendwo weit, weit jenseits der Wolken Menschen geben sollte.
    Eins aber stand fest: In der Himmelsstadt wohnten Menschen. Verrückte, wie unser Clanvater immer zu sagen pflegte. Sie lebten in der Stadt auf dem Gipfel des Krakata und nannten sich die Wächter des Himmels. Ihre Lebensaufgabe sahen sie darin, auf die Rückkehr unserer Urahnen zu warten.
    Einen dieser Himmelswächter hatte ich sogar mal selbst gesehen. Als ich fünf Jahre alt gewesen war, hatte der Verrückte unser Clandorf aufgesucht. Ich sah ihn noch heute deutlich vor mir – einen absonderlich dünnen Mann mit kahlgeschorenem Schädel, der in einer gelben Kutte steckte und in der Hand eine Fackel hielt. Wer so durch die Gegend lief, mußte ja verrückt sein, nicht wahr? Was er im Dorf gewollt hatte, wußte ich nicht mehr. Ich erinnerte mich nur noch, daß ihn die erwachsenen Clanbrüder mit lauten Beschimpfungen und Hohngelächter davongejagt hatten.
    Aber wo waren die Himmelswächter jetzt? Deutlich breitete sich vor meinem geistigen Auge die Stadt aus, aber von seinen verrückten Bewohnern zeigte sich keiner.
    Als ob dieser Gedanke ein Signal gewesen wäre, veränderte sich jetzt die Perspektive wieder. Erneut wanderte das Bild. Eins der Gebäude, ein schlanker Turm, der mehrere hundert Meter hoch sein mußte, schob sich näher und näher.
    Dann sah ich die Spitze des Turms, eine kleine Plattform, die einen Durchmesser von nur wenigen Metern aufwies. Und auf dieser schmalen Plattform … Menschen.
    Fünf, sechs Männer in gelben Kutten, die brennende Fackeln in den Händen hielten. Sie sahen genauso aus, wie ich den Verrückten in Erinnerung hatte, der in unserem Dorf gewesen war. Keine Frage, es handelte sich um Himmelswächter.
    Aber nicht die Männer waren es, die mir den Atem stocken und mein Herz wie rasend schlagen ließen.
    Da war noch jemand auf der Plattform … Jelina!
    Ihr Aussehen übertraf das, was ich mir in meinen Träumen vorgestellt hatte. Ja, sie war eine junge Frau geworden, eine junge Frau, die an Anmut und Schönheit ihresgleichen suchte. Völlig nackt stand sie da, mit knospenden Brüsten und einer Figur, die alles Eckige ihrer Kindheit verloren hatte.
    Dennoch stöhnte ich tief auf. Denn was die Verrückten mit meiner Clanschwester taten …
    Jelina war eine Gefangene. Die Himmelswächter hatten sie an einen
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