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Die Terranauten 009 - Die Stunde des Riemenmanns

Die Terranauten 009 - Die Stunde des Riemenmanns

Titel: Die Terranauten 009 - Die Stunde des Riemenmanns
Autoren: Robert Quint
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Mater Pernath lächelte. Es war die erste Gefühlsregung, die David bei der jungen Frau feststellen konnte. »Es gibt keine Differenzen. Geben Sie sich keine Mühe, Treiber. Ich verstehe Ihre Worte, aber sie ergeben keinen Sinn für mich.«
    Sie neigte den Kopf, und die Bewegung huschte wie ein Sturm durch das Glasgefängnis, schuf eine Atmosphäre aus Hektik und Entsetzen.
    David terGorden legte die Hände vor die Augen. »Sie quälen mich«, flüsterte er. »Warum haben Sie mich ausgerechnet in diesen Raum eingesperrt, Mater?«
    »Es war eine Anordnung des Lordoberst Valdec«, erklärte sie sachlich. »Diese Maßnahme wurde nicht getroffen, um Ihnen seelische Schmerzen zu bereiten. Sie dient allein der Sicherheit. Die Glaskammer verringert die Wahrscheinlichkeit, daß Sie Ihre psionischen Kräfte nutzbringend einsetzen.«
    Der Treiber lachte auf. »Sie belügen sich selbst!« rief er hart. »Sie wissen, daß es kein Mensch lange in dieser … dieser Folterkammer aushält. Die Spiegel machen mich krank. Krank, verstehen Sie?«
    »Eine unerfreuliche Nebenwirkung«, nickte die Graue ohne sichtbare Anteilnahme. »Aber Sie haben es sich selbst zuzuschreiben.«
    David starrte in ihre Augen, und wieder erschreckte ihn die Leere, auf die er dort stieß. Aber irgendwo mußte es auch bei Pernath Reste einer eigenen Persönlichkeit geben, die es wieder ins Leben zu rufen galt: Schon einmal war es David gelungen; die Konditionierung eines Grauen aufzuheben. Damals hatte er noch gar nicht begriffen, daß seine eigenen PSI-Kräfte dafür verantwortlich waren. Vorsichtig tastete er jetzt nach dem Gehirn der Mater. »Und warum«, erkundigte er sich grimmig, um sie abzulenken, »werde ich von Ihnen und Ihrer Loge noch zusätzlich bewacht?«
    »Besondere Umstände verlangen besondere Maßnahmen.« Die Mater Pernath verschränkte die Arme vor ihrer Brust. »Ihres parapsychisches Potential ist … ungewöhnlich. Es besteht die Möglichkeit, daß Sie trotz der Glaskammer Kontakt mit Ihren Freunden aufnehmen. Darum, David terGorden, befinde ich mich hier.« Die Abschirmung der Mater war zu gut. David kam nicht an ihren Geist heran.
    Der Treiber unterdrückte ein Lächeln.
    Aber da irrst du dich, Graue! dachte er voll verhaltenem Triumph. All eure vortrefflichen Vorkehrungen haben nicht verhindern können, daß ich telepathische Verbindung mit jemandem erhielt, der sich irgendwo dort draußen in Berlin befindet! Nur kurz, nur einige knappe Augenblicke, und ich weiß nicht, wer es war, aber es ist geschehen!
    Zumindest ein Treiber, der sich in Freiheit aufhält, weiß nun, wo ihr mich eingekerkert habt!
    Laut erklärte er: »Ich glaube, Mater Pernath, daß Sie sich irren, wenn Sie behaupten, nur Ihre Befehle zu erfüllen.«
    Die Graue runzelte die Stirn. »Ich verstehe nicht, Treiber.«
    David lächelte offen. Für einen Moment gelang es ihm, das Kaleidoskop der Spiegelbilder zu ignorieren und sich ganz auf ihr weißes, glattes Gesicht zu konzentrieren. Es mußte möglich sein, auch in Pernath den Funken des Menschseins zu entfachen.
    »Für Sie, Mater«, fuhr er mit sorgfältiger Betonung fort und sendete jedes Wort gleichzeitig telepathisch, »bin ich nicht nur ein Gefangener, nicht nur ein Objekt, das Sie ohne Emotionen bewachen. Vielleicht ahnen Sie bereits, daß Sie einen Fehler machen, wenn Sie für Valdec arbeiten.«
    Er erhob sich, ging auf die Graue zu.
    Sie stand reglos da, sah ihn forschend und auch ein wenig irritiert an.
    »Ich weiß, daß Sie trotz Ihrer Zugehörigkeit zu den Grauen Garden des Konzils Ihr Menschsein noch nicht vergessen haben, Pernath«, flüsterte David. »Und es ist leicht, sich zu erinnern.«
    Die Graue wich zurück. Ihre Mundwinkel zitterten.
    Schmerz ergriff David, denn in dieser Sekunde erkannte er deutlich, daß auch sie auf eine verborgene Weise litt. Aber sie wollte es nicht wahrhaben. Sie schien sich gegen die Erkenntnis zu wehren.
    »Sie sind verrückt!« stieß sie hervor, berührte mit einer Hand die gläserne Wand. »Sie müssen verrückt sein, um so etwas zu sagen. Es war ein Fehler, Sie zu besuchen. Sie müssen isoliert werden, Treiber, weit entfernt von allen Menschen, denn was Sie denken und sagen, ist krank. Gefährlich!«
    Endlich fanden ihre suchenden Finger den verborgenen Kontakt. Knirschend öffnete sich die spiegelnde Wand, entblößte eine dunkle Öffnung.
    Die Mater verschwand.
    David war wieder allein in seinem Glasgefängnis.
    Allein mit sich – und den Myriaden Kopien seiner
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