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Die Suenden der Vergangenheit

Die Suenden der Vergangenheit

Titel: Die Suenden der Vergangenheit
Autoren: May R. Tanner
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schelmischen Grinsen, ohne zu ahnen, dass sie bei dem großen Krieger einen wunden Punkt getroffen haben könnte. Sie hielt ihn für unfehlbar mutig.
    „Kommst du? Ich habe eine kleine Überraschung auf der Insel vorbereiten lassen. Ich weiß, das war vielleicht voreilig, aber ich habe vorhin beinahe die ganze Zeit verschlafen. Und die Insel sieht wunderschön aus. Dort steht ein kleines Sommerhäuschen… Aber das weißt du bestimmt! Hier gibt es noch so viel zu entdecken.“
    Nico blinzelte verwirrt, weil Damons Miene nicht unbedingt Freude ausdrückte, er hob sie dann jedoch ins Boot hinein, um ihr dann zu folgen und die Ruder zu ergreifen, die er mit ruhigen Zügen durchs Wasser zog. Nico sah ihn aus großen Augen bewundernd an, weil es bei ihm so spielerisch aussah. Über ihnen schien der Mond voll und hing so tief, dass man den Eindruck hatte, nur die Hand nach ihm ausstrecken zu müssen, um ihn zu berühren. Seine Strahlen, die manch anderem kalt erschienen, wärmten ihr Gesicht und ließen ihre Haut prickeln.

    Das romantische Gefühl machte in Damon einer Nüchternheit Platz, die, wenn er nicht aufpasste, leicht in Panik umschlagen konnte, vor der er Nico eigentlich bewahren wollte. Er hatte panische Angst vor tiefem Wasser. Die knarrenden Holzplanken des Stegs unter ihren Schritten gaukelten die Sicherheit, die sie ihnen vor den Fluten boten, nur vor und das kleine Boot, mit dem Nico auf die Insel übersetzen wollte, konnte jederzeit kentern. Er war nicht begeistert. Überhaupt nicht.
    Trotzdem ließ er sich weiterziehen und nickte nur stumm, als sie ihn fragte, ob er rudern könne. Natürlich konnte er das. Bei der Kriegsmarine hatte er so ziemlich alles mitgemacht und ausprobiert bis zu jenem Schiffsuntergang 1797, in dem er tagelang in einem haifischverseuchten Gewässer in den Trümmern des Fregattenwracks hatte ausharren müssen, bevor er gerettet worden war. Ein Erlebnis, das selbst nach zweihundert Jahren an diesem See so präsent war, als wäre es gestern gewesen.
Beim Übersetzen von einem Ufer zum anderen starrte er stur geradeaus auf den Boden des Bootes. Bloß nicht ins Wasser und danach Ausschau halten, ob das Orakel in diesem See nicht auch das ein oder andere Ungeheuer hielt. Die Fantasie spielte einem schon übergeschnappte Streiche, wenn man ihr freien Lauf ließ. Damon schwieg verbissen, da er seiner Stimme nicht traute. Nico tat ihm allerdings den Gefallen, während der Überfahrt nichts mehr zu sagen.

    „Als würden wir eine ganz andere Welt betreten, die nur uns gehört“, flüsterte Nico andächtig, als sie an dem Steg anlegten, der zur Insel auf dem See gehörte. Sie streckte Damon die Hand entgegen, der ihr aus dem Boot half. Er selbst war regelrecht an Land gesprungen, aber der Satz fiel ihm ja auch nicht besonders schwer.
Der Weg zum Haus war sogar mit Fackeln markiert, die ein geheimnisvolles Licht auf die Umgebung warfen. Die Vegetation der Insel war etwas wilder gehalten. Wildwachsende Rosen erfüllten die Luft mit einem angenehmen Duft und in den Bäumen zwitscherte eine Nachtigall eine traurige Melodie, die Nico verträumt lächeln ließ. Es war, als hätten sie sogar ein eigenes Orchester auf Bestellung bekommen.
    Sie erreichten das elegante Sommerhäuschen, das einem Miniatur-Schloss glich und Nico hielt erstaunt die Luft an, als sie den festlich gedeckten Tisch auf der zum See hin offenen Terrasse entdeckte. Es war weit mehr, als sie erwartet hatte. Die weiße Tischdecke fiel bis auf den Boden und ein Kübel, in dem eine Champagnerfalsche kalt gestellt war, stand darauf bereit, dazwischen waren Rosenblätter gestreut worden… Auf einem anderen Beistelltisch hatte jemand abgedeckte Platten für sie arrangiert.
    „Oh!“, entfuhr es Nico überrascht. „Ich hätte nicht gedacht, dass sie sich so viel Mühe geben… Es sollte eigentlich nicht mehr als ein kleines improvisiertes Picknick sein… Das sieht aus, als hätte ich es Tage geplant, dabei habe ich vorhin nur Dovie gefragt, ob ich das Häuschen hier für ein Essen mit dir nutzen könnte…“
Sie hielt sich an seiner Hand fest und sah mit großen Augen auf, in denen kindlicher Unglauben zu lesen stand.
    „Ich hoffe, das erweckt nicht den falschen Eindruck… Oder wäre das der richtige?“
Nico musste plötzlich über sich selbst lachen, weil das Ganze so aussah, als hätte sie akribisch geplant, Damon mit dem romantischen Ambiente zu verführen.
Sie wurde ernst, weil seine Miene immer noch mit Schatten
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