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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder
Autoren: Diana Gabaldon
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Schwätzer.« Verblüfft sah Grey den Offizier an, einen Infanterieoberst namens Jones-Osborn, der mit einem finsteren Kopfnicken auf Adams wies, dessen schrille Stimme unaufhörlich vor sich hin predigte.
    Grey hatte zwar keine Ahnung, was Adams gerade gesagt hatte, doch er brummte zustimmend und setzte ebenfalls einen finsteren Blick auf. Dies verleitete seinen Nebenmann auf der anderen Seite, durch diese Sympathiebekundung ermutigt einen reichlich mit Kraftausdrücken gespickten Zwischenruf an Adams zu richten.
    Der Minister, ein gebürtiger Ire, der vor keiner Konfrontation zurückschreckte, zahlte es ihm mit gleicher Münze heim, und in Sekundenschnelle war die Besprechung zu etwas ausgeartet, das mehr Ähnlichkeit mit einer Parlamentssitzung hatte als mit einem nüchternen Gedankenaustausch unter Militärstrategen.
    Da er zwangsweise mit in den folgenden Schlagabtausch hineingezogen wurde, dem ein geselliges Mittagessen mit Jones-Osborn und dem Rest der Anti-Adams-Fraktion folgte, dachte Grey nicht weiter an Percy Wainwright, bis er sich nachmittags
in der Amtsstube seines Bruders im Regimentsquartier wiederfand.
    »Himmel«, sagte Hal lachend, nachdem ihm Grey von den Ereignissen des Vormittags berichtet hatte. »Lieber du als ich. War Twelvetrees da?«
    »Kenne ich nicht.«
    »Dann war er nicht da«, sagte Hal und winkte ab. »Er wäre dir spätestens aufgefallen, wenn er Jones-Osborn ein Messer in den Rücken gestochen hätte. Adams’ Schoßhund. Was hattest du denn für einen Eindruck von unserem neuen Bruder? Wollen wir ihn nehmen?«
    Da ihm Hal und seine abrupten Themenwechsel vertraut waren, brauchte Grey nur eine Sekunde, um zu begreifen, was sein Bruder meinte.
    »Wainwright? Scheint ein ganz anständiger Kerl zu sein«, sagte er um Beiläufigkeit bemüht. »Hast du noch etwas über ihn herausbekommen?«
    »Nicht mehr, als wir gestern schon erfahren haben. Ich habe Quarry gefragt, aber weder er noch Joffrey wussten etwas über ihn.«
    Das sagte viel; zusammengenommen kannten Harry Quarry, einer der beiden Regimentsobersten, und sein Halbbruder Lord Joffrey jeden, der in militärischen oder politischen Kreisen irgendwie erwähnenswert war.
    »Dann hat er dir gefallen?«, fragte Grey. Hal runzelte die Stirn und überlegte.
    »Ja«, sagte er langsam. »Und es wäre peinlich, ihn abzuweisen, falls er dem Regiment beitreten möchte.«
    »Er hat natürlich keinerlei Erfahrung«, merkte Grey an. Das war zwar kein Hindernis, doch es musste in Betracht gezogen werden. Es war üblich, sich ein Offizierspatent zu kaufen, und es gab viele Offiziere, die vorher noch nie einen Soldaten gesehen oder eine Waffe in der Hand gehabt hatten. Andererseits waren die meisten höheren Offiziere des 46sten Kriegsveteranen mit großer Erfahrung auf dem Schlachtfeld, und Hal wählte seine Neuzugänge sorgfältig aus.

    »Das ist wahr. Ich würde vorschlagen, dass er als Unterleutnant anfängt - vielleicht sogar als Fähnrich. Damit er sein Handwerk lernen kann, bevor er weiter aufsteigt.«
    Grey dachte darüber nach, dann nickte er.
    »Unterleutnant«, sagte er. »Vielleicht sogar Oberleutnant. Er hat schließlich Verbindungen zur Familie. Ich fände es unpassend, wenn er Fähnrich würde.« Fähnriche waren die rangniedrigsten Offiziere und mussten für jedermann Handlangerdienste tun.
    »Womöglich hast du Recht«, räumte Hal ein. »Natürlich würden wir ihn Harry unterstellen, zumindest anfangs. Und du wärst bereit, ihn anzuleiten?«
    »Aber ja.« Grey fühlte sein Herz schneller schlagen und zwang sich zur Vorsicht. »Das heißt, falls er denn wünscht, sich unserem Regiment anzuschließen. Der General hat ja gesagt, sie hätten noch keine Entscheidung getroffen. Und Bonham würde ihn im 51sten natürlich sofort als Hauptmann nehmen.«
    Hal setzte eine arrogante Miene auf bei dem Gedanken, dass es jemanden geben könnte, der lieber in der Hölle regierte, als im Himmel zu dienen, doch er gab Grey widerstrebend Recht.
    »Ich werde ihn gern zum Hauptmann befördern, wenn er seine Fähigkeiten unter Beweis gestellt hat. Aber wir brechen in weniger als drei Monaten nach Frankreich auf; ich bezweifle, dass die Zeit reicht, um ihn hinreichend auf die Probe zu stellen. Glaubst du, dass er überhaupt mit einem Schwert umgehen kann?« Getragen hatte Wainwright jedenfalls keins, doch das taten die meisten Zivilisten nicht.
    Grey zuckte mit den Achseln.
    »Das kann ich herausfinden. Möchtest du, dass ich Wainwright direkt auf die
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