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Die Sünde aber gebiert den Tod

Die Sünde aber gebiert den Tod

Titel: Die Sünde aber gebiert den Tod
Autoren: Andrea Schacht
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Kämmerchen für Euch allein«, bot ihr Almut lächelnd an.
    »Aber nur fromme Frauen drum herum!«, murmelte die Köchin leise. »Besser wir lassen es, wie es ist.«
    Elsa, die vor Almut aus dem Gasthaus trat, wiegte missbilligend den Kopf.
    »Was für eine kleine Kratzbürste. Hoffentlich versalzt sie uns nicht die Suppe!«
    »Dann kann sie wieder gehen, und es gibt weiter Grütze!«

5. Kapitel
    B is auf das ewige Licht, das seinen Schein sanft über den Altar ergoss, war es zu dieser Stunde dunkel in der Klosterkirche von Groß Sankt Martin. Die Mönche hatten ihr Stundengebet zur Vesper gehalten und befanden sich nun im Refektorium oder im Wärmeraum. Die einsame Gestalt, die auf den harten Steinfliesen vor dem Altar kniete, wähnte sich völlig allein. Tief in sein Gebet versunken, bemerkte der Mann den hochgewachsenen Mönch in schwarzem Habit nicht, der sich von hinten leise näherte. Doch mochte der fromme Bruder noch so rücksichtsvoll auftreten, um die innere Einkehr des Betenden nicht zu stören, gab doch der Stoff seiner Kutte ein feines Wispern von sich, und urplötzlich war der Kniende aufgesprungen. Ein spitzes Stilett blitzte im Lichtschein der Kerze auf.
    Genauso schnell, wie es gezogen worden war, wurde es ihm aus der Hand geschlagen. Es rutschte mit einem Klirren über den steinernen Boden aus seiner Reichweite.
    Fassungslos blickte der Ritter auf seine leere Hand.
    »Nun, ich dachte, man habe Euch darauf hingewiesen, dass das Tragen von Waffen im Kloster untersagt ist!«, hörte er eine dunkle Stimme mahnen. Sie klang nicht vorwurfsvoll, sondern leicht belustigt.
    »Doch, das hat man getan«, erwiderte der Kämpe. »Aber man unterließ es, mich darauf hinzuweisen, wieüberaus kampferfahren die hier lebenden heiligen Männer sind.«
    »Oh, nicht alle, mein Freund, nicht alle. Wir leben an einem Ort des Friedens miteinander, wie Ihr sehr wohl wisst. Wovor fürchtet Ihr Euch noch vor dem Altar unserer Kirche, dass Ihr selbst beim Gebet das Messer griffbereit halten müsst? Den Teufel selbst?«
    »Den Leibhaftigen nicht, aber möglicherweise seinen menschlichen Bruder.«
    Nachdenklich betrachtete der Mönch unter seinen tiefschwarzen Brauen, die sich dämonisch über den Lidern krümmten, den Ritter, der nun in aufrechter Haltung vor ihm stand. Kein Wort fiel zwischen ihnen, bis er schließlich fragte: »Habt Ihr Euer Gebet beendet?«
    »Nicht auf die rechte Weise, aber doch – ja. Ich hoffe, Ihr verzeiht mir.«
    »Es ist nicht meine Verzeihung, die Ihr erbitten müsst, Herr Gero von Bachem.«
    Der Mönch hatte das Stilett aufgehoben und hielt es, an der Spitze der Klinge gefasst, so aufrecht hin, dass es wie ein Kreuz wirkte.
    »Wohl wahr, Bruder. Ich werde nicht versäumen, es an rechter Stelle zu tun.«
    »Nehmt dieses Messer und lasst es nicht mehr sehen!«
    Der Ritter nahm die Waffe leicht befremdet an sich und ließ sie in einer Scheide unter seinem linken Ärmel verschwinden.
    »Kommt mit mir ins Gästehaus, wir wollen bei einem Schluck Wein ein wenig reden!«, forderte ihn der Ordensmann dann auf.
    Das Gästehaus des Klosters war bemerkenswert leer, die Lage in der Stadt zog nicht gerade Besucherscharenan. Lediglich zwei reisende Scholaren saßen disputierend am Feuer, und die beiden Männer wandten sich dem langen Tisch zu, an dem normalerweise die Mahlzeiten eingenommen wurden. Doch bevor sie sich setzten, nahm der Mönch ein Brett von einem Bord und stellte es mitsamt den zugehörigen Figuren zwischen sich und den Ritter.
    »Schwarz oder weiß, Herr Gero?«
    Ohne zu zögern nahm der Aufgeforderte die schwarzen Schachfiguren und stellte sie mit kundiger Gewandtheit auf.
    Ein dicklicher Novize, jung noch, vielleicht erst dreizehn oder vierzehn Jahre alt, trat zu ihnen und fragte: »Wünscht Ihr und Euer Gast etwas zu trinken, Pater Ivo?«
    »Das wünschen wir in der Tat, Lodewig, mein Junge. Hol uns Becher und einen Krug Würzwein, heiß, wenn möglich, denn unser Gast hat lange in der kalten Kirche gebetet.«
    Dann herrschte eine geraume Zeit einträchtiges, konzentriertes Schweigen zwischen den Männern, während sich die weißen und schwarzen Heere auf dem Brett zwischen ihnen bekämpften. Schließlich stellte Pater Ivo fest: »Ihr habt Euch hier eingefunden, um eine Buße zu leisten.«
    »Die nur mich etwas angeht.«
    »Selbstverständlich. Nur Euch und Euren Beichtvater.« Vorsichtig setzte Pater Ivo seinen Springer auf ein Feld und rückte in die Nähe der Dame seines Gegenspielers.
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