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Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1

Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1

Titel: Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1
Autoren: Myra McEntire
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Leuten – toten Leuten  –, die an den seltsamsten Orten auftauchten und erst verschwanden, wenn ich sie berührte. Doch weder in der Toilette von Burger King noch in der Umkleidekabine von Macy’s konnte ich mich an sie gewöhnen.
    »Ich fass es nicht, dass ich mich von dir habe überreden lassen, hier zu wohnen. Ich hätte wissen müssen, dass ich in so einem alten Kasten niemals sicher sein kann. Und dieser Typ wusste sogar meinen Namen.«
    Das war noch nie passiert.
    »Er wusste deinen Namen?«, fragte Thomas sichtlich beunruhigt.
    Ich nickte und schloss die Augen. Jack hatte auch gesagt, dass er hierhergekommen sei, um mich zu besuchen. Davon brauchte Thomas nichts zu wissen.
    »Ich dachte, es hätte aufgehört, Em.«
    Mein Internat war in Sedona, Arizona. Pioniere waren dort erst ab 1876 aufgetaucht, deshalb fiel es mir nicht besonders schwer, den Unterschied zwischen einem alten Apachenkrieger und, sagen wir, meinem Sportlehrer zu erkennen.
    Ich hatte gedacht, es sei besser geworden, aber jetzt war ich mir nicht mehr so sicher. Sofern ihre Kleidung nicht offensichtlich aus einer anderen Ära stammte, konnte ich nicht immer mit Bestimmtheit sagen, ob Leute zum Hier und Jetzt gehörten oder zu jenem rätselhaften Fenster der Vergangenheit. Mittlerweile war ich zur Expertin für historische Kleidung geworden, nicht weil ich mich für Mode interessierte, sondern weil es hilfreich war, Kleidungsstücke aus zurückliegenden Dekaden zu erkennen. Frauen waren leichter zuzuordnen, doch abgesehen von den riesigen Kragen und himmelblauen Smokings der Siebzigerjahre, umfasste die klassische Herrenmode mehrere Generationen und stellte ein größeres Problem dar.
    Ich mied Themenparks oder Museen, in denen die Angestellten im Stil der jeweiligen Epoche gekleidet waren. Der reinste Albtraum. Auch verkniff ich es mir, ständig Leute zu berühren. Es sei denn, sie trugen zufällig einen Reifrock und versperrten mir den Weg.
    »Es hat aufgehört. Jedenfalls hab ich das geglaubt.«
    Zumindest bis ich meine Medikamente ins Klo geworfen hatte.
    Mein Bruder hatte es ganz schön schwer mit mir. Meine Gefühle im Inneren zu verschließen – sowohl die Trauer um den Tod meiner Eltern als auch die Angst davor, Menschen zu sehen, die gar nicht existierten – hatte meinem Seelenleben nicht gutgetan. Ein Klinikaufenthalt, gefolgt von einem starken Medikamentencocktail, um die »Halluzinationen« zu stoppen, hatte eine Weile geholfen. Aber im letzten Winter, als ich das Dahinvegetieren in einem zombieartigen Nebel satthatte, wagte ich den Sprung ins kalte Wasser und setzte die Psychopharmaka auf eigene Faust ab, ohne jemanden davon in Kenntnis zu setzen.
    Nicht einmal Thomas.
    Nach und nach kehrten die Visionen zurück. Em, das Zombiemädchen war verschwunden, aber Em, das potenziell psychotische Mädchen funktionierte ebenfalls nicht besonders gut. Jetzt befand ich mich wieder in dem Stadium, in dem ich mich fragte, ob die Menschen, mit denen ich mich auf der Straße unterhielt, real waren.
    »Es tut mir leid, Em.«
    Ich blickte zu Thomas auf. »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.«
    »Schließlich hab ich das Gebäude gekauft.« Seine Augenbrauen waren so dicht zusammengezogen, dass es aussah, als würde ihm eine haarige Raupe über die Stirn kriechen.
    »Ja, so weit kommt es noch, dass du dir einen anderen Beruf suchst, um deine kleine Schwester zu verhätscheln.« Ich stieß mich vom Regal ab. »Als hätte ich dein Leben nicht schon genug durcheinandergebracht.«
    »Hör auf, das zu sagen. Zur Restauranteröffnung kommst du aber, oder?«, fragte Thomas mit besorgter Miene. »Bring Lily mit.«
    Da mich meine Schuldgefühle ihm gegenüber eh schon plagten, war es für Thomas ein Leichtes, mich zu überreden.
    »Wir kommen.«
     
    Um weitere Verrücktheiten zu verhindern, ging ich zu Lily, um mich umzuziehen.
    Die meisten Jugendlichen, mit denen ich aufwuchs, mieden mich wie die Pest. Das rührte alles von jenem öffentlichen Zwischenfall, der mich für alle zum Freak abstempelte. Kurz gesagt, ich hatte einen lauten Streit in der Schulcafeteria, bei dem ich einen Jungen anbrüllte, wie unhöflich ich es fand, dass er sich auf meinen Platz gesetzt hatte, als ich kurz aufgestanden war, um mir eine Gabel zu holen. Daraufhin drohte ich, ihm die Gabel in den Arm zu rammen.
    Doch außer mir hatte ihn keiner gesehen.
    Für den Fall, dass der lautstarke Streit mit der Luft nicht ausreichte, um die anderen Cafeteriabesucher zu
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