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Die Stunde Der Vampire

Die Stunde Der Vampire

Titel: Die Stunde Der Vampire
Autoren: Carrie Vaughn
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Den Leadsänger erkannte ich vom PR-Foto der Band wieder: ein dünner Punk, zweiundzwanzig Jahre alt, der abgeschnittene Jeans, ein zerlumptes, viel zu großes T-Shirt und Springerstiefel trug.
    Ich sprang von meinem Sessel hoch, um ihn abzufangen. »Rudy? Hi.«
    Von unserer Begrüßung hinge ab, wie der Rest des Abends verliefe. War er ein hochnäsiger, egozentrischer Musiker, der sich kaum dazu herabließ, mit Normalsterblichen zu sprechen, oder aber war er ein ganz normaler Typ, der ganz zufällig auch in einer Band sang?
    Er lächelte mich an. »Du bist Kitty? Hi!« Seine freundliche Miene und die lässige Art passten nicht zu seinem Punk-Image. Er sah mehr nach unbekümmertem Surfer als asozialem Rebellen aus. Ich entspannte mich; es würde keine Probleme geben. »Lass mich dir die anderen vorstellen. Da ist Bucky am Schlagzeug, Len an der Gitarre. Und Tim dort drüben spielt Bass.«
    Tim hob sich vom Rest der Band ab. Die anderen Typen sahen aus , als seien sie in einer Band: Len hatte sich Blitze in die Kurzhaarfrisur rasiert, an Buckys Armen schlängelten sich Tätowierungen empor. Tim hingegen trug eine Strickjacke, als habe man ihn mitten aus einer Doo-Wop-Gruppe aus den Fünfzigern in die Zukunft geholt.
    Nach kurzem Überlegen sagte ich: »Das ist also der Kerl, der von einem Dämon besessen ist?«
    Â»Genau!«, sagte Rudy stolz. »Ich weiß nicht, wie es passiert ist, aber so ist es nun einmal.«
    Tim warf uns einen Blick zu, während er seinen Bass in
einen Verstärker einstöpselte. Seine Miene veränderte sich nicht. Er sah wie ein ganz normaler Typ aus.
    Ich bezähmte meine Skepsis. »Rudy, wäre es okay, wenn wir ein paar Takte live auf Sendung reden, während die anderen aufbauen? Danach würde ich euch wahnsinnig gerne spielen hören.«
    Â»Dafür sind wir schließlich hergekommen!«
    Ich führte ihn zu den Mikros. Ganz planmäßig erhielt ich vom Aufnahmeleiter das Zeichen, dass wir gleich mit der Sendung weitermachen könnten. Er zählte mit seinen Fingern rückwärts: vier, drei, zwei …
    Â»Willkommen zurück, meine treuen Hörerinnen und Hörer! Dies ist die Midnight Hour , und ich bin Kitty Norville. Zu Gast habe ich heute Abend die Band Plague of Locusts aus L.A. Sie haben gerade eben ihr drittes Album veröffentlicht, und ihre Single ›Under a Dull Knife‹ stürmt die Charts. Nächste Woche brechen sie zu ihrer ersten landesweiten Tour auf. Später werden wir Musik von ihnen zu hören bekommen, aber jetzt wird erst einmal der Leadsänger der Band, Rudy Jones, ein paar Worte mit uns reden. Willkommen in der Sendung, Rudy. Danke, dass ihr hergekommen seid.«
    Â»Machst du Witze? Das ist ja so cool! Wir sind Riesenfans.«
    Â»Wow, das ist reizend.« Zweifellos hatte ich hier jemanden vor mir, der wusste, wie man das Herz eines Mädchens schneller schlagen ließ. Ich strahlte ihn an. »Meine erste Frage an dich: Der Name der Band, Plague of Locusts, bezieht sich auf ein Ereignis in der Bibel, die Heuschreckenplage im 2. Buch Mose. Ich habe mich gefragt, warum
ihr diesen Namen gewählt habt und was ihr vielleicht damit andeuten wollt.«
    Â»Wir waren bloß der Meinung, dass es cool klingt«, sagte Rudy mit völlig undurchdringlichem Gesicht.
    Ich starrte ihn hoffnungsvoll an. »Ihr wollt also nicht die Welt mit Zerstörung überziehen, und es hat auch nichts mit dem Zorn Gottes oder so zu tun?«
    Er schüttelte den Kopf. »Also, ich schätze mal, eine Heuschreckenplage ist so etwas wie ein Schwarm. Wir sind wie ein Schwarm, verstehst du?« Er dachte angestrengt nach. »Wir wollen, dass unsere Musik ausschwärmt und die Leute überwältigt.«
    Â»Sie auffrisst, bis nichts mehr übrig ist?«
    Â»Yeah!«
    Â»Nun zu eurem Bassisten, Tim Kane. Es gehen Gerüchte um, dass er von einem Dämon besessen ist. Möchtest du mir erzählen, wie das passiert ist?«
    Â»Es war total seltsam. Wir waren in der Garage von Buckys Mom – dort haben wir angefangen, weißt du? Eine waschechte Garagenband. Da waren wir also und haben geübt, bloß dass wir nicht richtig geübt haben, weil wir uns nämlich gestritten haben. Das haben wir anfangs häufig getan. Bucky wollte wissen, warum wir keine Songs von ihm spielen, Len meinte, er solle vorne stehen, wir haben darüber gestritten, wer mehr
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