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Die Strasse der Oelsardinen

Titel: Die Strasse der Oelsardinen
Autoren: John Steinbeck
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unauffällig jeden seiner Schritte verfolgt. Es stand also eine Überraschungsparty bevor.
Er war bereit, sich überraschen zu lassen und sich bis dahin so zu verhalten wie an irgendeinem beliebigen Tag.
Er ging demzufolge hinüber zu Lee Chong und kaufte zwei Liter Bier. Eine gewisse Erregtheit, fernöstlich gedämpft, erfüllte den Laden. Aha! dachte Doc, die kommen also auch, begab sich ins Laboratorium zurück, trank das erste Glas Bier gegen den Durst und das zweite zum puren Vergnügen. Platz und Straße lagen noch immer verlassen.
Mack und die Jungens saßen im Palace. Die Tür war geschlossen. Schon seit Mittag dampfte und brodelte auf dem blinkenden Ofen der Wasserkessel, denn die fünf wollten der Reihe nach baden. Zum Schluß erhielt auch Darling ihr Bad und obendrein ein rotes Band um den Hals.
»Wann wollen wir zu ihm hinüber?« erkundigte sich Hazel.
»Nicht vor acht«, ordnete Mack an, »wir könnten aber vorher ruhig eine kleine Herzstärkung zu uns nehmen; dagegen wäre nichts einzuwenden.«
»Soll ich nicht auch für Doc ein Fläschchen abfüllen und ihm bringen?« fragte Hughie, aber Mack fand das überflüssig. »Er hat sich eben bei Lee Bier geholt.«
»Ob er etwas ahnt?« fragte Jones.
»Ausgeschlossen!« rief Mack.
In der Ecke im Käfig entstand zwischen zwei Katern ein Streit, den die übrigen mit Katzenbuckeln, Gemaunz und Gejaule begleiteten. Es waren ihrer nur einundzwanzig. Mehr Liebhaber hatte die läufige Katze nicht anzuziehen vermocht.
»Wie wir bloß das ganze Viehzeug hinüberschaffen?« überlegte Hazel. »Den Mordskäfig bringt man doch nicht durch die Tür!«
»Er soll nicht hinüber«, bestimmte Mack, »denkt an die Frösche! Wir werden es Doc nur sagen; dann soll er sie sich selber abholen!« Er stand auf und öffnete einen von Eddies Krügen. »Nehmen wir einen zur Stärkung; das wärmt!«
Kurz nach halb sechs schlappte der alte Chinese vom Hügel herab am Palace vorbei, kreuzte die Straße und verschwand zwischen Hediondo Ltd. und Western Laboratory.
Doras Mädchen machten sich ausgangsbereit. Die »Bordwache« war bereits mittels Strohhalmen ausgelost. Ablösung sollte jede Stunde erfolgen.
Dora sah einfach pompös aus. Ihre frisch gefärbten orangenen Haare türmten sich in unzähligen Locken auf ihrem Haupte. Sie trug ihren Ehering, am Busen eine großmächtige Brillantbrosche und war in ein Weißseidenes mit schwarzem Bambusmuster gehüllt. In den Schlafzimmern ging es ganz anders zu als gewöhnlich. Während die »Bordwache« in die üblichen langen Abendkleider gehüllt war, trugen die Dienstfreien kurze bedruckte Kostüme, die ihnen reizend standen. Die Steppdecke lag fix und fertig in einem Pappkarton in der Bar. Nur der Nachtwächter war übler Laune, denn er sollte laut höherer Anweisung nicht auf das Fest. Das Haus durfte nicht ohne Aufsicht bleiben.
Trotz des Verbots hatte jedes Mädchen ein Fläschchen bei sich und lauerte auf die erste Möglichkeit, um sich für die Party zu stärken.
Dora rauschte in ihr Privatbüro und verschloß hinter sich die Tür. Hierauf schloß sie den Rollverschluß ihres Sekretärs auf, entnahm der obersten Lade ein Glas und die Whiskyflasche und goß sich ein. Mit leisem Geklingel stieß die Flasche ans Whiskyglas.
Ein Mädchen, das Ohr am Schlüsselloch, hörte das Klingen und gab den anderen ein Zeichen. Jetzt konnte sie nicht mehr riechen, ob eine getrunken hatte.
Die Mädchen stürzten sich in ihre Kammern und sogen an ihren Whiskyfläschchen.
Dämmerung senkte sich über Cannery Row, die graue Frist zwischen dem Licht des Tages und dem der Laternen. Phyllis Mae spähte zwischen den Vorhängen des Empfangszimmers nach ihrem Gegenüber.
»Siehst du ihn?« fragte Doris.
»Ja. Er hat schon Licht. Ich glaub', er liest. Nein, was der alles zusammenliest! So muß er sich doch die Augen verderben. - Eben trinkt er!«
»Na also! Da können wir ja auch noch einen kippen.«
Phyllis Maes Bein war zwar noch etwas steif, aber im übrigen war Phyllis so gut wie neu und fühlte sich so stark wie der gesamte Stadtrat von Monterey. »Komisch! Jetzt sitzt er da drüben und hat keine Ahnung, was ihm heut noch beschert wird!«
»Schade, daß er niemals zu uns herüberkommt«, sagte Doris betrübt.
»Es gibt viele, die wollen nichts zahlen«, belehrte Phyllis, »sie denken, sie kommen bei feinen Damen billiger weg, aber das bilden sie sich bloß ein.«
»Wenn er sie liebt...?«
»Liebt, wen?«
»Die Weiber, die ihn besuchen kommen.«
»Möglich. Ich
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