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Die Steinernen Drachen (German Edition)

Die Steinernen Drachen (German Edition)

Titel: Die Steinernen Drachen (German Edition)
Autoren: Oliver Kern
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konsterniert im Gras hockten.
    „Wir müssen weg“, ermahnte er sie. Ohne auf eine Zustimmung zu warten, begann er unter den Zeltplanen nach etwas brauchbarem für den bevorstehenden Marsch durch den Dschungel zu suchen. Der Capitaine tat es ihm gleich und innerhalb von 15 Minuten hatten sie genügend Trinkwasser und Essensrationen eingesammelt. Zusammen mit zwei Pistolen, einem Kompass und Regenplanen packten sie alles in drei Rucksäcke. Keiner von ihnen sprach dabei ein Wort. Xieng schien niedergeschlagen, als hätte er den Kampf verloren. Selbst Rha, der schwer atmend einen der Rucksäcke überwarf, ließ den Kopf hängen. Frank verstand die Welt nicht mehr. „Wir haben gewonnen“, versuchte er es erneut.
    „Es war nur ein Beben“, antwortete Xieng und der Alte nickte zustimmend.
    „Aber die Drachen waren nahe davor, ihre steinernen Hüllen zu verlassen. Ich konnte die rotglühenden Schuppen durch die Risse im Gestein pulsieren sehen.“
    Xieng lächelte ihn aus müden Augen an. „Sie haben Fieber.“
    „Fieber! Ja, verdammt! Ich habe Fieber. Meine Sinne sind vielleicht getrübt. Doch nicht genug, um Realität und Wahn zu verwechseln. Von mir aus hat ein Erdbeben die Berge erzittern lassen und die Gerölllawinen ausgelöst. Aber da waren auch diese bunten Lichter über den Reisfeldern. Wie erklären Sie das?“
    „Diese Leuchtphänomene sind in Südostasien bekannt. Man hört die Leute oftmals von Mekonglichtern sprechen, aber es gibt sie auch andernorts. Spontane Verbrennung von Sumpfgasen durch Phosphor und bakterielle Aktivitäten. Phosphoreszierende Bakterien. Ich bin kein Biologe, aber es handelt sich hier um eine erklärbare und natürliche Erscheinung.“
    „Erdbeben, Gewitter, Sumpfgasexplosionen, alles gleichzeitig und an ein und demselben Ort? Nein, nein! So einfach kommen Sie mir nicht davon. Haben Sie bereits vergessen, dass Sie es waren, der mir den Mythos der Drachen glaubhaft suggerierte? Sie und der alte Mann haben mir das in den Kopf gepflanzt und jetzt tun Sie so, als wäre es nur eine erfundene Geschichte. Jetzt schieben Sie meine Krankheit vor, um die Wahrheit zu vertuschen. Aber ...“
    „Kein aber“, fiel ihm Rha ins Wort und alles an seiner Haltung machte deutlich, dass jegliche Spiritualität von ihm abgefallen war. „Die Legende bleibt eine Legende. Auch ich musste diese bittere Einsicht erfahren und mit dem heutigen Tag erkennen, dass ich mein Leben lang mit einem Irrglauben leben durfte und als Narr alt geworden bin. 30 Jahre lang predigte die Phate Lao vom fehlgeleiteten Glauben an die alten Götter und ich habe mich mit all meiner Kraft der Doktrin dieser Kommunisten widersetzt. Hegte heimlich meine ketzerische Konfession an die Naga-Schlangen. Von Kind an war ich der festen Überzeugung ein Nachkomme des Schlangenkönigs zu sein, so wie es von Generation zu Generation überliefert wurde. Nagas waren meine Götter, die mich beschützten und mir Gesundheit und Glück verliehen. Daran und an die Drachen des Königs habe ich bis zum heutigen Tag festgehalten. Und wofür das alles? Um am Ende meines Weges erkennen zu müssen, dass die Anhänger Ho Chi Mins Recht haben ... Kein Wort mehr über Drachen, mein junger Freund! Lassen wir diesen verfluchten Ort der Erkenntnis so rasch wie möglich hinter uns und verplempern keine Zeit mehr!“
    „Ich fasse es nicht! Wie erklärt ihr euch dann den immensen Aufwand, den Kham hier betrieben hat? All die Toten und das Leid, das deswegen verursacht wurde? Wang, Wang hat die Drachen gesehen ...“ Hilfesuchend drehte er sich um und spähte in das Tal hinein. Von den Chinesen war nichts mehr zu sehen, so, als hätte es sie nie gegeben. Genau wie die Drachen!
    Ehe er noch mehr von seiner Empörung loswerden konnte, legte ihm Lea ihre Hand auf die Schulter. „Verschwende deine verbliebene Kraft nicht mit Worten, sondern bring deine Tochter von diesem Berg herunter!“
    Sie reichte ihm das Kind und nahm stattdessen einen der Armeerucksäcke auf ihre schmalen Schultern. Die Sonne stand schon tief über den Gipfeln im Westen, als sie das Camp Richtung Süden verließen.
     
     
    Der Flügelschlag der Libelle
    16. Juli 2003
    Sie überquerten den schmalen Pass, über den er vor 36 Stunden mit den Chinesen gekommen war und strebten den Ausläufern des Dschungels entgegen. Frank fand den Platz, an dem er mit Wangs Männern campiert hatte, bevor die Dunkelheit sie einhüllte.
    Der Capitaine machte Feuer im Schutz einer Felsgruppe. Wieder
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