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Die steinerne Pest

Die steinerne Pest

Titel: Die steinerne Pest
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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eisigem Wasser, und die Luft, die aus den beiden Flaschen
auf seinem Rücken strömte, schien immer dünner zu
werden. Sein Herz hämmerte, und es fiel ihm immer
schwerer, zu atmen. Er öffnete die Tür gerade weit genug,
um sich hindurchzuquetschen, taumelte in die
Tauchkammer und zog die Stahltür in verzweifelter Hast
hinter sich zu. Seine Faust krachte auf den großen Schalter
neben der Tür, der die Pumpen aktivierte, mit denen das
Wasser aus der Tauchkammer hinausgepumpt wurde.
Im selben Moment zerplatzte seine Helmscheibe. Mikes
Augen weiteten sich ungläubig, als er den gezackten Riß
sah, der sich plötzlich quer über die angeblich so gut wie
unzerbrechliche Scheibe zog. Er griff mit verzweifelter
Kraft zu, tastete blind nach den Fangarmen des Tieres und
versuchte seine tödliche Umklammerung zu lösen.
Ein zweiter Riß erschien in seiner Helmscheibe, und ein
dünner Sprühnebel aus eiskaltem Wasser benetzte sein
Gesicht. Mike konnte zwar spüren, wie der Wasserspiegel
in der Tauchkammer ganz allmählich sank, aber es
geschah mit quälender Langsamkeit. Er hörte auf, an den
Armen des Kraken zu zerren, sondern schlug statt dessen
mit beiden Fäusten auf das Tier ein. Es war, als schlüge er
auf einen Gummiball, den jemand über seinen Helm
gestreift hatte, aber die erhoffte Wirkung blieb aus. Der
Krake verdoppelte seine Anstrengungen nur noch.
Mikes Helmscheibe platzte endgültig auseinander. Ein
Regen scharfkantiger Glasscherben überschüttete sein
Gesicht, gefolgt von einem weiteren, eiskalten Wasserguß.
Der einzige Grund, aus dem sich sein Anzug nicht sofort
mit Wasser füllte, war der Krake, dessen Körper die
zerborstene Helmscheibe fast vollkommen bedeckte.
Anstelle eines tödlichen Wasserschwalls drang ein Gewirr saugnapfbedeckter Fangarme in seinen Helm ein, und
plötzlich sah er direkt in die Augen des Kraken, die ihn
mit einem solchen Ausdruck von Zorn anblickten, daß er
aufgeschrien hätte, hätte er es gekonnt. So blieb ihm nur,
verzweifelt den Kopf nach hinten zu werfen, so gut es in
dem engen Helm möglich war, um dem schnappenden
Papageienschnabel des Kraken auszuweichen, der
versuchte, ihm ins Gesicht zu beißen. Das Wasser war
mittlerweile fast vollkommen aus der Tauchkammer
gewichen, aber diese Rettung kam vielleicht zu spät. Mike
hatte keine Kraft mehr, sich zu wehren. Der Krake würde
ihn ersticken. Langsam sank Mike in die Knie. Alles
begann sich um ihn zu drehen. Noch ein paar Sekunden,
und er würde das Bewußtsein verlieren.
Im buchstäblich allerletzten Moment wurde der Krake
von seinem Helm heruntergerissen. Mike rang keuchend
nach Luft, griff nach oben und löste mit zitternden Fingern
die Verschlüsse seines Helmes. Kühle, unendlich süße
Luft füllte seine Lungen. Ein paar Sekunden lang saß er
einfach da und genoß das Gefühl, wieder atmen zu
können. Erst dann öffnete er die Augen und sah sich nach
seinem Lebensretter um. Er hatte erwartet, Singh oder
vielleicht auch Trautman zu erblicken, aber er war allein
in der Tauchkammer, jedenfalls auf den ersten Blick.
Neben ihm spritzte das Wasser hoch. Zuerst erkannte er
nichts außer einem Gewirr peitschender, sich windender
Arme und schwarzem Fell.
Mike sank keuchend in sich zusammen. Ihm wurde
schwarz vor den Augen, während Astaroth neben ihm den
Kraken in Stücke riß.
»Ein Krake?« Bens Tonfall machte deutlich, daß es ihm
schwerfiel, Mikes Worten Glauben zu schenken. »Bist du
sicher?«
»Natürlich bin ich sicher«, antwortete Mike giftig. »Das
Vieh hätte mir fast die Nase abgebissen. Wäre Astaroth
nicht aufgetaucht, dann hätte mich dieses Biest vielleicht
umgebracht!«
»Schluß!« sagte Trautman scharf. Ben funkelte Mike
wütend an, aber er war klug genug, den Mund zu halten,
und auch Mike zog es vor, den Rest dessen, was er sagen
wollte, hinunterzuschlucken. »Immerhin bin ich nicht so
blöd, daß mich die Fische beißen«, grollte Ben.
Trautman warf Ben und Mike noch einen warnenden
Blick zu, ehe er sich umwandte und zum Tisch ging, auf
dem Mike den demolierten Taucherhelm abgelegt hatte.
»Unglaublich«, murmelte er, während er den
Helm
hochnahm und ein paarmal in den Händen hin und her
drehte. »Wenn ich es nicht mit eigenen Augen sehen
würde, ich würde es nicht glauben. «
»Kraken greifen keine Menschen an«, sagte Chris überzeugt. Er meldete sich zwar selten zu Wort, aber wenn er
etwas sagte, dann hatte es meistens Hand und Fuß. »Nicht
einmal die ganz großen. Und solche
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