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Die Stadt und die Stadt

Die Stadt und die Stadt

Titel: Die Stadt und die Stadt
Autoren: China Miéville
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nachschauen, ob die Frau noch lebt, sagen sie.«
    »Ihre Namen?«
    »Shushkil und Briamiv.«
    »Und das sind die glücklichen Finder?« Ich deutete mit dem Kopf auf die Jugendlichen bei der Mauer. Es waren zwei Mädchen und zwei Jungs. Um die sechzehn, siebzehn Jahre alt, verfroren, hängende Köpfe.
    »Ja. Kauer.«
    »Auf der Suche nach frühmorgendlicher Erfrischung?«
    »Echte Hingabe, nicht? Vielleicht bewerben sie sich für den Titel Junkies des Monats oder so ähnlich. Kurz vor sieben waren sie hier. Die Skateranlage scheint nach einem festen Terminplan organisiert zu sein. Sie wurde erst vor ein paar Jahren gebaut, war nicht der große Hit, aber die Leute in der Gegend haben die Termine verinnerlicht. Mitternacht bis neun Uhr reserviert für Kauer, neun bis elf, die regionale Gang plant das Tagesgeschäft, von elf bis Mitternacht, Skateboards und Rollerblades.«
    »Hatten sie was bei sich?«
    »Einer der Jungs ein kleines Messer, ein besserer Kartoffelschäler, könnte keiner Maus was damit zuleide tun. Und jeder hatte was für die Backe.« Corwi zuckte die Achseln. »Sie hatten den Stoff nicht in der Tasche, wir haben ihn am Fuß der Mauer gefunden. Aber« - Achselzucken - »außer ihnen war keiner hier.«
    Sie winkte einen von unseren Kollegen heran und öffnete den Beutel, den er ihr reichte. Kleine Bündel von Blättern, die mit einer klebrigen Substanz überzogen waren. Felid heißt es auf der Straße - eine robuste Abart von Catha edulis, verschnitten mit Tabak und Koffein und Stärkerem, und mit Schnipseln von Glasfasern oder Ähnlichem durchsetzt. Letztere haben den Zweck, beim Kauen das Zahnfleisch und den Gaumen aufzuscheuern, damit die Droge ins Blut gelangt. Der Name ist ein dreisprachiges Wortspiel: Kath heißt die Pflanze dort, wo sie wächst, und das Tier, das im Englischen »cat« heißt, heißt in unserer Sprache »Felid«. Ich roch an den Blättern. Eine ziemlich gute Qualität. Ich ging zu den vier Teenagern hinüber, die in ihren voluminösen Jacken bibberten.
    »Sup, policeman?«, fragte einer der halbwüchsigen Knaben in einer Nachahmung englischen Hip-Hop-Slangs mit unüberhörbarem Besź-Akzent. Er hob den Kopf und begegnete meinem Blick. Er war blass. Auch seine Kumpel sahen nicht gut aus. Obwohl man von dort, wo sie saßen, die Leiche nicht sehen konnte, schauten sie krampfhaft in eine andere Richtung.
    Sie mussten sich darüber im Klaren gewesen sein, dass wir das Felid finden und messerscharf folgern würden, dass es zu ihnen gehörte. Sie hätten sich aus dem Staub machen können, ohne den Leichenfund zu melden.
    »Ich bin Inspektor Borlú«, sagte ich. »Mordkommission.«
    Ich sagte nicht: Ich bin Tyador. Schwierig, für diese Altersgruppe den richtigen Ton zu treffen - zu alt für Vornamen, Euphemismen und Spielzeug, noch nicht alt genug für ein reguläres Verhör, wo alle wissen, wie der Hase läuft. »Wie heißt du?« Der Junge zögerte, überlegte garantiert, ob er mir den Szenenamen anbieten sollte, mit dem er sich schmückte, entschied sich dagegen.
    »Vilyem Barichi.«
    »Ihr habt die Tote gefunden?« Er nickte, seine Kumpel, männlich wie weiblich, folgten der Reihe nach seinem Beispiel. »Erzähl's mir.«
    »Wir kommen her, um ...« Vilyem wartete, aber ich sprach ihn nicht auf die Drogen an. Er schlug die Augen nieder. »Wir sehen diese Matratze und das, was drunter liegt, und heben sie hoch. Da waren ein paar ...«
    Seine Freunde blickten auf, als Vilyem stockte, offenbar von einer abergläubischen Furcht am Weitersprechen gehindert.
    »Wölfe?«, fragte ich. Die vier tauschten Blicke.
    »Ja, Mann. Ein paar räudige Viecher haben da rumgeschnüffelt und ...«
    »Da haben wir gedacht, dass ...«
    »Wie lange vorher wart ihr schon hier?«, warf ich ein.
    Vilyem hob die Schultern, ließ sie fallen. »Keine Ahnung. Paar Stunden?«
    »Habt ihr sonst noch jemanden gesehen?«
    »Ein paar Typen. Da hinten. Ist 'ne Weile her.«
    »Dealer?« Vierfaches Schulterzucken.
    »Und ein Lieferwagen ist quer über die Wiese gefahren, nach da hinten, und etwas später wieder zurück. Gesprochen haben wir mit keinem.«
    »Wann war das mit dem Lieferwagen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Es war noch dunkel.« Von einem der Mädchen.
    »Okay. Vilyem, ihr alle, wir spendieren euch ein Frühstück, was zu trinken, wenn ihr wollt.« Ich wandte mich an ihre Bewacher. »Haben wir mit den Eltern gesprochen?«
    »Sind im Anmarsch, Inspektor. Nur ihre ...«, er zeigte auf eins der Mädchen, »... können
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