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Die Spur der verlorenen Kinder

Die Spur der verlorenen Kinder

Titel: Die Spur der verlorenen Kinder
Autoren: T.J. MacGregor
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Sheppard klang sogar sehr gut. Vor zwei Jahren wäre ihr das noch nicht so gegangen. Kurz nach dem Ende der Ermittlungen, die sie zusammengeführt hatten, erbte Sheppard Geld von einer Tante, kündigte seinen Job beim Sheriff’s Department und ging sechs Monate auf Reisen. Als er zurückkehrte, lebte sie auf Tango Key, und ihre Beziehung war unregelmäßig, undefiniert und wurde zudem durch die Entfernung verkompliziert. Er versuchte, sich zu überlegen, was er als Nächstes im Leben machen wollte, und sie versuchte, sich zu überlegen, ob er überhaupt Platz in ihrem Leben hatte. Dann bekam er ein Angebot seines ehemaligen Chefs beim FBI, für das er fünf Jahre lang gearbeitet hatte, bevor er zum Broward County Sheriff’s Department gegangen war. Sheppard ging ein zweites Mal zum FBI, zog nach Tango, und seitdem blühte ihre Beziehung auf.
    »Oh, Nadine sagt, du sollst Annie sagen, das Mädchen, das am Ende der Straße wohnt, hat angerufen«, fuhr Sheppard fort. »Sie wollte wissen, ob Annie Lust hat, bei ihr zu übernachten.«
    »Hey, Annie«, sagte Mira und hielt die Sprechmuschel zu. »Christina hat angerufen und gefragt, ob du bei ihr übernachten willst.«
    Falls sie gehofft hatte, die Nachricht würde Annie freuen – falsch geraten. Ihre Tochter zuckte mit den Achseln – mir egal –, was ihre aktuelle Beziehungslage präzise wiedergab.
    »Christina ist eine Nervensäge, Mom.«
    »Das heißt wohl Nein.«
    »Ich rufe sie an, wenn wir zu Hause sind. Komm jetzt, stell dich ein bisschen nach links.«
    »Ich muss aufhören. Georgia O’Keefe macht ein Foto von mir. Wir sehen uns bald«, sagte Mira zu Sheppard.
    »Hey, sag Annie, sie hat drei Katzen, die sie lieben«, sagte er.
    »Ich glaube nicht, dass das ein großer Trost ist, aber ich sage es ihr. Wir sehen uns bald.«
    Sie legte auf, und Annie sagte: »Okay, Hand auf die Hüfte.«
    Mira legte die Hand auf die Hüfte, und Annie machte zwei Aufnahmen.
    »Was gibt’s zum Abendessen?«
    »Shrimps-Auflauf.«
    Annie zog die Nase kraus. »Ich hasse Shrimps, Mom.«
    »Du kannst Salat und kaltes Hühnchen haben.«
    Annie war wählerisch. Sie hasste Shrimps, liebte jedoch Fisch. Sie hatte noch nie einen Hamburger gegessen oder Limonade getrunken, konsumierte aber Danone-Kaffeejoghurt mit der Begeisterung einer echten Koffeinabhängigen.
    »Hey, Mom?«, fragte Annie und ließ die Kamera sinken. »Da kommt ein Mann an den Strand.«
    Mira sah sich um, sie hob eine Hand über die Augen, um sie vor der untergehenden Sonne zu schützen. Der Mann zog ein kleines Boot auf den Sand und schien damit seine liebe Not zu haben. Sie konnte sehen, dass einer seiner Arme in einem Gips steckte. Er beugte sich über den Außenbordmotor und schlug mit etwas darauf, das Scheppern hallte bis zu ihnen herüber. »Wenn er Hilfe braucht, wird er schon fragen. Komm, packen wir unsere Sachen, Schatz. Wir müssen los.«
    Sie fing an, ihre Habseligkeiten ins Boot zu laden. Die Sonne flimmerte und begann, im Golf zu versinken, das Licht loderte auf der Wasseroberfläche. Eine leichte Brise war aufgekommen, und in der Luft lag der Duft von Salz und Sand, eine Wüste aus Wasser. Dicht am Ufer huschte ein Fischschwarm vorbei, eine glitzernde silbrige Masse, die schnell wieder verschwand. Mira fiel auf, dass das Scheppern aufgehört hatte, und sie schaute wieder den Strand entlang. Der Mann trottete über den Sand und winkte ihr zu.
    »Hey, hallo«, rief er. »Mein Motor hat schlappgemacht. Können Sie mir helfen?«
    Mira winkte zurück. Sie wollte nicht länger hierbleiben, konnte aber auch jemanden, der gestrandet war, ihre Hilfe nicht verweigern. »Mal sehen, was er braucht.« Sie entfernte sich von ihrem Boot, um sich auf halbem Weg mit dem Mann zu treffen.
    Das unangenehme Gefühl von vorhin, knapp unter ihrem Brustbein, kehrte jetzt zurück. Sie presste zwei Finger darauf und rieb sanft. Das war bestimmt kein Sodbrennen. Dieses Gefühl, dachte sie, bezog sich auf ihre Angst, im Dunkeln noch auf dem Wasser zu sein, was jetzt immer wahrscheinlicher wurde.
    »Tut mir wirklich leid, Sie zu stören«, sagte der Mann und deutete mit seinem Gipsarm auf sein Boot. Ein Unterarmgips. »Der verdammte Motor ist mir vierhundert Meter vor dem Ufer verreckt, und ich habe weder Werkzeug noch ein Handy.«
    »Ich habe ein paar Werkzeuge. Sie können sie gerne benutzen.«
    »Vielen Dank. Die Vorstellung, fünfundzwanzig Kilometer nach Hause rudern zu müssen, und dann auch noch im Dunkeln, begeistert mich
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