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Die Spucke des Teufels

Die Spucke des Teufels

Titel: Die Spucke des Teufels
Autoren: Ella Theiss
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nix davon gegessen, nix! Ich sowieso
nicht, kein Rechtgläubiger. Kein Einheimischer. Auch der Jost nicht, das
Fränzken nicht und mein Hannken nicht! Mein Hannken …«, Lisbeth schluchzt, dass
sich die Wände zu neigen scheinen.

    Willem ist ohne Erbarmen. »Wie bist du bloß auf den Einfall
gekommen?«

    »Weil ich Fleisch brauchte. Die Preußen wollten Fleisch
essen, aber nicht immer dafür bezahlen. Da hab ich erst die Rippen vom
Ochsenwirt genommen, dann den Schinken, dann das Beinfleisch – beim Leutnant
war’s dann egal.«

    »Aber den Ochsenwirt haben wir doch beerdigt! Ich war
dabei!«

    »Da war nur ein altes Ochsengeschirr im Sarg. Das hab ich
in Decken gewickelt, damit’s nicht scheppert. Konnt ihn doch nicht beerdigen
lassen, ohne die heiligen Sakramente! Er wäre ewig wiedergekommen als Geist! So
hab ich sein Herz mit einem Eichenholz gespalten, seine Galoschen ins Moor
geworfen und seine Leich in das Kellerloch getragen, in das er mich immer
gesteckt hat. Doch zuvor haben die Katzen sein Blut geleckt. Jetzt ist ein bisschen
von seiner Seele in den Katzen.«

    »Und die Reste vom Ochsenwirt? Und vom Leutnant? Das, was
von ihnen übrig ist?«

    »Alles im Kellerloch! Und bald werden sie’s finden. Der
Kreutzer will das Wirtshaus und kriegt es auch, weil ich sterben werd.
Irgendwann finden sie bestimmt die Knochen. Aber das ist mir egal. Seit mir die
Dorfoberen mein Hannken genommen haben, ist mir alles egal!«

    Willems Herz schmerzt nicht mehr, es rast wie nach einem
langen Lauf. Kann es sein, dass Liebe, die man viele Jahre für einen anderen
empfunden hat, innerhalb weniger Minuten abstirbt? Durch Abscheu? Durch
Entsetzen? Ja, davon schwindet die Liebe wie ein Feuer unter einem Regenguss.
Aber ein Glimmen bleibt vorerst.

    »Du stirbst nicht! Aber musst fliehen«, sagt Willem und
tritt von Lisbeths Bettstatt zurück. »Egal, ob der Kreutzer überlebt oder
nicht, sein Neffe ist wohlauf. Und wenn sie dich verdächtigen, giftige Suppe
ausgeteilt zu haben, werden sie das Wirtshaus um- und umkrempeln. Ich bring
dich in Sicherheit. Ich weiß auch schon, wie.«

27     von Wolzogen

     
    »Der Müller also! Dieser
Pimpf! Dieser Krüppel!«
Major Kreutzer stiefelt im Kreis durch die Amtsstube. »Und noch
dazu ein
Aufrührer, der dem Bischof den Zehnten verweigert!« Seine
Stimme kippt ins
Larmoyante. Mit einem aufrührerischen Krüppel habe sie sich
eingelassen!
Während er … – viele Wochen lang … – in
schwieriger Mission … – des Königs … –
bei Wind und Wetter …

    Regentropfen prasseln gegen die Fensterscheiben.

    Von Wolzogen müht sich um Contenance, gibt zu bedenken,
dass die Anschuldigungen dieses Denunzianten ja nicht der Wahrheit entsprechen
müssen. Er schlägt vor, die Angelegenheit zunächst in Ruhe zu prüfen, Lisbeth
zu befragen, sobald ihr Wohlbefinden wiederhergestellt sei. Immerhin sei es
denkbar, dass jener näselnde Mensch selbst an Lisbeth Interesse hege, aber eine
Abfuhr erhalten hat und nun auf Rache sinnt …

    »Dann hat sie dem auch schöne Augen gemacht, die Hure,
die!«, jault der Kreutzer dazwischen und schlägt die Hände vor seinem feisten
Gesicht zusammen.

    Von Wolzogen schweigt. Nie hätte er gedacht, dass ein Raubein
wie der Kreutzer in seiner Mannesehre derart verletzlich wäre. Dennoch regt
sich keinerlei Mitleid in von Wolzogens Brust, eher schon die Sorge, dass aus
dem geplanten Verlöbnis der schönen Ochsenwirtin mit dem Kreutzer nichts wird,
ergo auch nichts aus dessen Scheidung von Tante Sybille von Wolzogen, worüber
doch seine ganze geliebte Familie über die Maßen erleichtert wäre!

    »Die Hure, die!«, jault der Kreutzer zum wiederholten
Male. Draußen grummelt der Donner.

    »Immerhin hat sie erst vorige Woche in ein Verlöbnis eingewilligt«,
wirft von Wolzogen ein. »Also werden die Gerüchte über sie und den Müller wohl
nicht zutreffen.«

    »Wenn nur ein Hauch davon wahr ist, werde ich Satisfaktion
fordern!« Die ohnehin etwas schmalen Lippen des Majors verjüngen sich zu einer
waagerechten Linie.

    »Ein Duell mit einem Müller ist keine respektable Lösung«,
von Wolzogen gibt sich erschrocken, »noch dazu mit einem versehrten Menschen,
der wohl Zeit seines Lebens keine Pistole in der Hand hatte.«

    »Ich lasse den Kerl wieder einsperren«, beschließt der
Kreutzer. »Liegt ja genug gegen ihn vor.«

    Von Wolzogen wiegt den Kopf, denkt nach. Ein inprisonierter
Müller wäre der Verlobung nicht länger im Weg. Lisbeth würde
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