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Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)

Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)

Titel: Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)
Autoren: Peter Huelsmann
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Situation. Doch dieser Ausweg war eher in Johanns Kopf zu suchen und zu finden, als hier in der herbstlichen Wildnis, wo er Meuchelmörder hinter sich und Landsknechte um sicher herum hatte.
    Er wusste, dass die Abtei nicht weit sein konnte. Das Risiko, dass in der Abtei jemand den wahren jungen Plettenberg kannte, war groß. Das Entdecken seiner Nichtidentität käme einem Todesurteil gleich. Johann überlegte und sponn den Faden weiter. Vor seinem geistigen Auge wob er einen bedrohlichen Mantel aus Furcht und Erinnerung. Er kannte die Gerichtsbüttel. Sie würden ihn nach dem Verbleib des Plettenbergers fragen. Die Wahrheit würde ihm nicht helfen. Johann überlegte schon, ob es besser sei unter der Folter die Geschichte zu erzählen, die sie hören wollten oder aber ob er um seines Seelenheils willen lieber bei der Wahrheit blieb. So oder so, am Ende stand das Todesurteil. Johann konnte sich schon am Galgen zappeln sehen. Er hatte den Tanz der Sterbenden, die angeschwollenen Gesichter von Aufgehängten schon gesehen! Es gruselte ihn.
    „ Papperlapapp.“, murmelte Johann zu sich selbst und beschloss, die dunklen Gedanken zu vertreiben und lieber ein Auge und ein Ohr offen zu halten. Es gab immer einen Ausweg. Aber noch konnte sich Johann keinen vorstellen, so sehr er auch darüber nachdachte.
    In Gedanken versunken bemerkte Johann zunächst nicht, dass die hohen Bäume um ihn herum längst kleineren und zuletzt gar Büschen Platz gemacht hatten. Noch eine Kurve und vor ihm öffnete sich der Wald gänzlich. Johann sah auf und konnte die ersten Häuser sehen.
    Windschiefe, mit Lehm verputzte Fachwerkhäuser schmiegten sich eng aneinander und ließen hier und da den Blick auf emsige Menschen zu. Johann konnte die Gerber riechen, die wie üblich den äußeren Rand der kleinen Stadt bewohnten. Jetzt hörte er die Schmiede, sah die Feuer und den Rauch, der aus den offenen Essen trat. Nur wenige blickten von ihrem Tagewerk auf und waren umso erstaunter beim Anblick des nassen Reiters. Inzwischen war die kleine Reiterschar mitten in die Gassen eingetaucht. Zwischen den Häusern verlor Johann schnell die Orientierung. Hier kam ein Entkommen oder Ausbüchsen nicht mehr in Frage. Er konnte den Wald hinter sich nicht mehr sehen und hatte beinahe ein wenig die Orientierung verloren. Wieder bogen sie nach links, dann nach rechts. Johann bückte sich, um mit seinem Kopf nicht gegen ein von einer Häuserfront herabhängendes Schild zu stoßen. Hier schien ein Bäcker zu wirtschaften. Johann erschnupperte der Duft von frisch gebackenen Fladen. Er nahm einen tiefen Atemzug durch die Nase und sein Magen antwortete mit einem Knurren. Mittlerweile stieg die Straße etwas an. Ein Huf seines Pferdes rutschte auf dem feucht morastigen Untergrund aus, beinahe wäre Johann aus dem Sattel geglitten. Noch eine Kehre und plötzlich lichteten sich die dicht aneinander gebauten Hütten und Häuser. Sie waren auf dem Marktplatz der Werdener angekommen. Auch hier herrschte emsiges Durcheinander, ein Gewirr aus Stimmen und Geräuschen, aus Gerüchen und Gestank drang plötzlich auf Johann ein. Dicht gedrängt um die Stände der Bauern standen die Menschen und kauften und verkauften. Johann sah all die vielen Menschen und musste lächeln. Wenn er sie so betrachtete, sah er ihre Armut, sah ihre teilweise schmutzige oder sogar zerlumpte Kleidung und sah, dass der Krieg auch hier Spuren und Wunden hinterlassen hatte, aber es gab ihm Hoffnung: Wenn die Menschen erst wieder miteinander handelten, dann war Friede in Sicht. Denn durch den Handel kamen Händler in die Dörfer und Städte und mit den Händlern kamen auch Geschichten. Und Geschichten wurden durch Worte gemacht. Und nur mit Worten, dass wusste Johann als Herold nur zu gut, ließen sich Kriege verhindern. Und nur die Geschichten sorgten dafür, dass sich die Worte und die Sprachen der Menschen einander nicht zu voneinander entfernten. Und für einen Moment wurde Johann wieder bewusst, wie anders sein bisheriges Leben im Vergleich zu den meisten seiner Zeitgenossen gewesen war. Längst sprach nicht jeder Mensch mehr das Latein der Kirche. Johann verstand es hingegen zu sprechen, zu lesen und zu schreiben. Die meisten der Bauern, die hier auf dem Markt ihre Waren feilboten, hatten diesen Landstrich noch nie in ihrem Leben – außer vielleicht im Krieg – verlassen. Jetzt lächelte Johann nicht mehr. Er schweifte in seinen Gedanken ab. Wie bedauerlich doch diese, seine Welt war, in der er mit
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