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Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)

Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)

Titel: Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)
Autoren: Jean Johnson
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wollte. Sogar Koranen flüchtete einen Augenblick später, sowie sein Werk vollbracht war. Saber blieb allein mit Morganen und der immer noch regungslos daliegenden Frau in dem mit Stein ausgekleideten Raum zurück.
    Er verspürte nicht den geringsten Drang, sie genauer in Augenschein zu nehmen, zwang sich aber dazu. Als Ältester betrachtete er es als seine Pflicht, über alle Gefahren, die seiner Familie drohten, auf dem Laufenden zu sein und Maßnahmen zu ergreifen, sie abzuwehren. Und obgleich das Risiko hoch war, musste Saber genau wissen, mit welchen Bedrohungen er und seine Brüder zu rechnen hatten. So hatte er es gehalten, seit sie vor drei Jahren nach Nightfall verbannt worden waren, als Morganens magische Kräfte zu voller Macht ausgereift waren und der Rat der Magier von Katan den Fluch der Acht zu ihren Ungunsten ausgelegt hatte.
    Widerstrebend und voller Argwohn heftete Saber den Blick auf die Gestalt am Boden, auf die ihm jetzt niemand mehr die Sicht versperrte. Die Frau atmete so abgehackt und unregelmäßig, als sei sie in einem Albtraum gefangen. An zahlreichen Stellen war ihre Haut leicht gerötet – das Resultat von Koranens Heilungsbemühungen. Eine Hand hatte sie neben ihrem Kopf zur Faust geballt, und ihr rotblondes Haar war an den Spitzen angesengt.
    Bekleidet war sie mit einer weiten, hellblau und weiß gestreiften Hose und einer Art dazu passender, geknöpfter Tunika, die sie vom Hals bis zu den Handgelenken bedeckte.
Auch diese war versengt und rußgeschwärzt. Hier und da gab sie ein Stück Haut frei, hauptsächlich rötliche Flecken, die innerhalb von einer oder zwei Wochen verblassen würden. Wie es aussah, hatte Koranen gute Arbeit geleistet. Bislang wurden keine anstößigen Körperteile entblößt, aber sie warf sich immer wieder unruhig hin und her, sodass das große Loch in dem gestreiften Stoff, das über ihrem Brustkorb klaffte, bei jeder Bewegung mehr zu verrutschen drohte.
    Gegen seinen Willen trat Saber einen Schritt näher an sie heran. Er registrierte, dass sich ihre Brauen wieder und wieder zusammenzogen und die roten Lippen sich zusammenpressten, und sah, wie ihre Finger weiß anliefen, als sich ihre Muskeln verkrampften und wieder lockerten. Sie war schlank, wies keine nennenswerten Rundungen auf … und sie war schön, trotz der bereits verblassenden Brandwunden, des Rußes und der eigenartigen Gewänder, die sie trug.
    Sorgsam darauf achtend, dass weder seine Miene noch seine Haltung seine tiefe innere Befriedigung verrieten, beobachtete Morganen seinen Bruder. Jeden Augenblick konnte der zeitlich begrenzte Schlafzauber, den er über die hysterische Frau verhängt hatte – ihre Schreie hatten seine Brüder und zu guter Letzt auch noch den Ältesten herbeigelockt -, seine Wirkung verlieren. Gleich würde sie aufwachen und das Rad des ihnen vorbestimmten Schicksals in Gang setzen.
    Tiefe Furchen erschienen auf ihrer Stirn, ihre Zähne gruben sich in ihre Unterlippe.
    Saber konnte nicht länger an sich halten. »Leidet sie große Schmerzen?«, murmelte er, während die Frau sich wimmernd auf dem Boden wand.
    »Sie hat böse Verbrennungen davongetragen«, erwiderte Morganen ebenso leise. »Ihr Haus ist in Flammen aufgegangen; sie war in ihrem Schlafzimmer vom Feuer eingeschlossen,
weil sie zu spät wach geworden ist, um sich in Sicherheit zu bringen. Ein Teil des Daches ist eingestürzt, das hat sie geweckt, nehme ich an. Ich glaube nicht, dass sie sich etwas gebrochen hat, aber Koranen hat nur ihre Brandwunden geheilt, sie aber nicht auf andere Verletzungen hin untersucht. Leider konnte er auch ihre Erinnerungen nicht auslöschen. Aber er hat seine Sache gut gemacht. Sein Geschick im Umgang mit Verbrennungen ist wirklich etwas, wofür wir unseren Schöpfern danken können.«
    »Warum ist sie immer noch bewusstlos?«, erkundigte sich Saber nahezu unhörbar, dabei blickte er zu seinem Bruder auf. Er hatte sich neben der Frau niedergekauert und musterte sie besorgt.
    Morganens Gesicht verriet nicht, was in ihm vorging. Drei Jahre ohne Frau, und schon schien sich sein unzugänglicher neunundzwanzigjähriger Bruder noch stärker zu der Fremden hingezogen zu fühlen als seine Geschwister. Morganen hatte die Frau einer langen, gründlichen Prüfung unterzogen, um sicherzugehen, dass sie perfekt zu Saber passte. »Ich glaube, sie durchlebt die furchtbaren Ereignisse noch einmal im Traum. Vergiss nicht, dass sie nur knapp dem Tod entronnen ist. Jemand, der so einen Schock
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