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Die Smaragdreihe 03 - Die Sieben unterirdischen Könige

Die Smaragdreihe 03 - Die Sieben unterirdischen Könige

Titel: Die Smaragdreihe 03 - Die Sieben unterirdischen Könige
Autoren: Alexander Wolkow
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Diener, Soldaten und Spitzel. Diener des Königs Ukonda, Asfejos Nachfolger, trugen die Eingeschlafenen lachend in eine Kammer und legten sie auf Brettergestelle, wo sie mit Mottenpulver bestreut wurden. Damit die Mäuse, von denen es im Lande wimmelte, die Schlafenden nicht benagten, wurden auch zwei gezähmte Eulen (im unterirdischen Land gab es keine Katzen) in die Kammer gebracht.

    Mit jedem Monat wuchs die Zahl der Schlafenden. Das Volk aber atmete erleichtert auf. Es brauchte jetzt weniger Lebensmittel an den Königspalast abzuführen und hatte darum selbst mehr zu essen.
    Wie genial die Idee Bellinos war, begriffen die Menschen aber erst nach einem halben Jahr, als von den sieben Türmen des Regenbogenpalastes sechs verlassen dastanden. Nur noch in einem wurde gezecht, schmetterte die Musik und hallten die Trinksprüche. Das war natürlich viel leichter zu ertragen als früher, da alle sieben königlichen Höfe sich gleichzeitig den Lustbarkeiten hingaben.
    Der Hüter der Zeit, Bellino, genoß allgemeine Verehrung. Die Leute verbeugten sich tief, wenn sie ihm begegneten, bis er, von Natur aus sehr bescheiden, ihnen diese Ehrenbezeigungen verbot. Bellino trank nicht von dem Schlafwasser, denn ihm oblag es ja, die Reihenfolge des Königwechsels zu überwachen. Er versah sein Amt so gut, daß das Volk folgenden Entschluß verabschiedete:
    »Wir brauchen jetzt nicht mehr sieben Hüter der Zeit, denn sie stiften nur Verwirrung. Bellino allein soll Hüter der Zeit sein und sich, nach eigenem Ermessen seine Gehilfen auswählen. Wenn die Zeit kommt, da er in den Ruhestand tritt, wird das Volk unter den würdigsten und angesehensten Bürgern des unterirdischen Landes seinen Nachfolger wählen.«
    Furchtbar anstrengend waren für den Hüter der Zeit und seine Gehilfen die Tage nach dem Erwachen der Eingeschläferten. In drei Tagen mußte man sie das Gehen und Sprechen lehren und ihr Gedächtnis wiederherstellen.
    Für die Erwachten brach dann ein Monat an, in dem sie überhaupt nicht zu Bett gingen. In einem halben Jahr sammelten sie nämlich so viel Kraft, daß sie des täglichen Schlafs nicht bedurften und sich den ganzen Monat ausschließlich den Belustigungen hingaben. Nach dem Festgelage gingen sie auf Sechsfüßerjagd, dann folgten ausgedehnte Angelpartien, Reisen auf geflügelten Echsen und wieder Festgelage…
    Der König hatte keine Zeit, das Land zu regieren und Gesetze herauszugeben. So kam es, daß die ganze Last des Regierens und alle Staatssorgen auf den Schultern des Hüters der Zeit ruhten, während den Königen nur die Ehren und Titel verblieben.
    Schon Bellino hatte für die Erhaltung der Quelle gesorgt, die den Namen Heilige Quelle erhielt. Später wurde auch die Höhle heilig genannt. Das Wasserbecken wurde in einem schönen runden Turm aus verschiedenfarbigen Backsteinen eingefaßt, vor dessen Eingang immer eine Wache stand.
    Das Schlafwasser wurde zum Staatseigentum erklärt, wer davon trinken wollte, mußte sich beim Hüter der Zeit und den zwei Doktoren, den Nachfahren Borils und Robils, die Erlaubnis dazu einholen. Solche Fälle kamen vor, wenn es in einer Familie Zwistigkeiten gab. Mann und Frau wurden dann für ein paar Monate eingeschläfert, und wenn sie dann wieder aufwachten, hatten sie den Zwist vergessen.
    Jahrhundert um Jahrhundert verging in dem Reich, das von der oberen Welt durch eine mächtige Erdschicht getrennt und mit ihr nur durch einen Ausgang verbunden war, vor dem der Tauschhandel zwischen den Erzgräbern und den Einwohnern des Blauen Landes stattfand.
    In den verflossenen Jahrhunderten hatte sich der Charakter der unterirdischen Bewohner sehr verändert. Sie waren mißtrauisch geworden und fürchteten die Tücke der oberen Menschen. Wachen mit Pfeil und Bogen flogen ständig auf Drachen in der Höhle umher und hielten nach Feinden Ausschau.
    Im unterirdischen Land hatten sich unterdessen viele Geschlechter abgelöst, nur im Regenbogenpalast schien das Leben stillzustehen: In den 700 Jahren, die seit der ersten Einschläferung vergangen waren, hatten nur zwei Wechsel der sieben Könige, ihrer Höflinge und Diener stattgefunden.
    Der Verstand dieser Leute änderte sich überhaupt nicht, denn jedesmal, wenn sie nach einer Schlafperiode aufwachten, hatten sie alles vergessen, was sie früher wußten, und man mußte sie in allem neu unterweisen. Wieviel aber kann schon ein Mensch erlernen, wenn die ganze Lehrzeit nur drei, vier Tage dauert?
    Das Volk begann sich Gedanken
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